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«Ohne Disziplin passieren Unfälle»: Nach tödlichem Schiessunfall fordert Sicherheitsexperte Veränderungen

Wie konnte es passieren, dass sich in einem Fahrzeug der Schweizer Armee eine geladene Waffe befand, aus der sich ein Schuss löste? Nach dem schrecklichen Unfall in Bremgarten ordnen Experten ein.

Nachdem am Dienstag in Bremgarten ein Rekrut durch einen Schuss aus einem Sturmgewehr gestorben ist, fragen sich viele, wie eine geladene Waffe in ein Militärfahrzeug gelangen konnte. Denn es gibt im Schweizer Militär genaue Vorschriften und Regelungen, wie mit einer Waffe umgegangen werden muss. Diese haben zum Ziel, einen Vorfall wie er in Bremgarten passiert ist, zu verhindern – doch offenbar haben diese Sicherheitsmechanismen nicht restlos funktioniert.

Stefan Giezendanner, SVP-Grossrat und Oberstleutnant im Generalstab, äusserte sich gegenüber Tele M1. Nach dem Schiessvorgang und der Entladekontrolle werde auch jeder Soldat speziell kontrolliert. «Dabei wird nicht nur das Zubehör gezeigt, sondern insbesondere das leere Magazin und das leere Sturmgewehr, der Lauf wird kontrolliert», erläutert Giezendanner. Somit könne man beinahe zu 100 Prozent sicherstellen, dass keine Munition mehr beim Soldaten sei.

Experte fordert mehr Disziplin

Als Sicherheitsexperte Marc Baumann, Gründer von «Plan B Training» und ehemaliger Fachberufsunteroffizier in der Schweizer Armee, von dem Vorfall hörte, war seine Betroffenheit gross. «Mein Beileid und Anteilnahme gehört der Familie und allen Beteiligten, die vor Ort waren», sagt er im Gespräch mit Tele M1.

Aus seiner Sicht ist das ein Unfall, der aufgrund menschlicher Faktoren durchaus passieren kann. Ihm zufolge müssen von den Übungsleitern bis zu den Soldaten alle ihre Verantwortung wahrnehmen. Die einzelnen Elemente der militärischen Grundausbildung an der Waffe müssen laut dem Sicherheitsexperten zu jedem Zeitpunkt konsequent umgesetzt werden. «Dazu gehört auch Disziplin. Wenn man die nicht hat, dann können solche Unfälle passieren», sagt er weiter. Die Ausbildung an der Waffe gehört zu der technisch anspruchsvollsten und verlangt viel Aufmerksamkeit.

Während des Dienstes tragen die Armeeangehörigen die Waffe so gut wie immer mit sich. Baumann zufolge hat jeder das Wissen dazu, wie man eine persönliche Sicherheitskontrolle umsetzt, um solche Szenen wie in Bremgarten zu vermeiden. Oftmals sieht das aber anders aus: «Das Schiessen ist fertig, die Verantwortung ist abgegeben, da das Entladen gemacht ist und alles ist gut», sagt Baumann. So darf das eigentlich nicht ablaufen, wie er weiter berichtet.

Mehr Bewusstsein im Umgang mit Waffen

Obwohl Baumann der Meinung ist, dass vieles im Militär richtig laufe, siehe er doch Änderungsbedarf. «Aus meiner Erfahrung wird zu wenig Fokus darauf gelegt, dass man auch wirklich explizit Übungsleiter im Schiessen ist, und nicht entweder Zug- oder Gruppenführer», so der Sicherheitsexperte. Die Übungsleiterausbildung der Milizkader müsse daher in die Pflicht genommen werden und von Berufspersonal konsequent umgesetzt werden, betont er.

Darüber hinaus will er an die Verantwortung des Einzelnen appellieren, was es bedeutet, eine Waffe bei sich zu tragen. «Auch wenn die Entladekontrolle durchgeführt wurde, ‹eine Waffe ist immer als geladen zu betrachten›. Das gilt, bis die Waffe zu Hause deponiert ist. Selbst dann muss einem immer noch bewusst sein, dass man die Verantwortung hat. Das hört nicht auf, bis man die Waffe abgibt», sagt Baumann.

Was genau am Dienstagmorgen auf dem Militärgelände der Kaserne Bremgarten passiert ist, ist ein Fall für die Militärjustiz. Ob sich der Schuss aus der eigenen Waffe oder der eines Kameraden gelöst hatte, muss jetzt abgeklärt werden.(ArgoviaToday / kob)