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Experte zur Überschwemmungsgefahr: «Im besten Fall bahnt sich das Wasser langsam einen Weg»

Erst der Bergsturz, dann das Wasser: Das Lötschental ist wegen möglicher Überschwemmungen in Alarmbereitschaft. Fachmann Christoph Hegg sagt, welche Gefahren derzeit bestehen – und wie das Wunschszenario aussieht.
Air-Zermatt-Helikopter bei Erkundungsflug.
Jean-Christophe Bott / KEYSTONE
Im Umkreis von Blatten werden Tiere evakuiert.
Jean-Christophe Bott / EPA
Blick auf die Schuttmassen und den See, der sich infolge des Staus bildet.
Jean-Christophe Bott / KEYSTONE
Blick auf die Schuttmassen und den See, der sich infolge des Staus bildet.
Jean-Christophe Bott / KEYSTONE
Die Armee ist angerückt und bereitet sich auf einen Einsatz vor.
Alessandro Della Valle / EPA
Man rettet, was man retten kann. Auch Autos werden per Helikopter aus Blatten geflogen.
Jean-Christophe Bott / KEYSTONE
Die Armee ist angerückt und bereitet sich auf einen Einsatz vor.
Jean-Christophe Bott / KEYSTONE
Die Armee ist angerückt und bereitet sich auf einen Einsatz vor.
Alessandro Della Valle / KEYSTONE
Die gestaute Lonza überflutet den vom Abbruch unversehrten Teil von Blatten.
Bild: Jean-Christophe Bott / Keystone
Der gewaltige Schutthaufen über Blatten.
Alain Amherd / Walliser Bote
Der Blick von der Weritzalp auf der gegenüberliegenden Talseite auf die Abbruchstelle.
Alain Amherd / Walliser Bote
Die gestaute Lonza überflutet den vom Abbruch unversehrten Teil von Blatten.
Kanton Wallis / ZVG
Der Blick von der Weritzalp auf der gegenüberliegenden Talseite auf die Abbruchstelle.
Alain Amherd / Walliser Bote
Der Blick von der Weritzalp auf der gegenüberliegenden Talseite auf die Abbruchstelle.
Alain Amherd / Walliser Bote
Der Blick von der Weritzalp auf der gegenüberliegenden Talseite auf die Abbruchstelle.
Alain Amherd / Walliser Bote
Der Blick von der Weritzalp auf der gegenüberliegenden Talseite auf die Abbruchstelle.
Alain Amherd / Walliser Bote
Der Tag danach: Wenige Häuser stehen noch. 90 Prozent der Gebäude von Blatten liegen unter dem 2 Kilometer langen, bis 200 Meter breiten und bis 50 Meter hohen Geröll und Schutthaufen, der zudem noch die Lonza staut.
Jean-Christophe Bott / AP
Der Tag danach: Wenige Häuser stehen noch. 90 Prozent der Gebäude von Blatten liegen unter dem 2 Kilometer langen, bis 200 Meter breiten und bis 50 Meter hohen Geröll und Schutthaufen, der zudem noch die Lonza staut.
Jean-Christophe Bott / AP
Der Tag danach: Wenige Häuser stehen noch. 90 Prozent der Gebäude von Blatten liegen unter dem 2 Kilometer langen, bis 200 Meter breiten und bis 50 Meter hohen Geröll und Schutthaufen, der zudem noch die Lonza staut.
Jean-Christophe Bott / KEYSTONE
Der Tag danach: Wenige Häuser stehen noch. 90 Prozent der Gebäude von Blatten liegen unter dem 2 Kilometer langen, bis 200 Meter breiten und bis 50 Meter hohen Geröll und Schutthaufen, der zudem noch die Lonza staut.
Jean-Christophe Bott / KEYSTONE
Im Dorf liegt viel Schutt.
Bild: Walliser Bote
Der Gletscherabbruch hat offensichtlich Teile des Dorfs verschüttet.
Bild: Walliser Bote

Alain Amherd/Walliser Bote
Die Bundesräte Martin Pfister und Albert Rösti sprachen der Bevölkerung im Wallis Mut zu und versprachen Hilfe.
Keystone
Vom Unglück gezeichnete Staatsräte Franziska Biner und Stéphane Ganzer.
Keystone
Die Höhe des Schuttkegels, der sich über Blatten gelegt hat, wird auf bis zu 50 Meter geschätzt.
SRF

Alain ZVG/Walliser Bote
Der Gletscherabbruch donnert ins Tal und reisst alles mit.
Alain Amherd/Walliser Bote
Die Lawine macht sich im Lötschental breit.
Alain Amherd/Walliser Bote
Die Lawine hat das Dorf Blatten verschüttet.
Jean-Christophe Bott / KEYSTONE
Die Lawine hat das Dorf Blatten verschüttet.
Jean-Christophe Bott / KEYSTONE
Die Lawine hat das Dorf Blatten verschüttet.
Jean-Christophe Bott / KEYSTONE
Das Dorf Blatten nach der Evakuierung am 23. Mai. Am Mittwoch, 28. Mai, wurde es verschüttet.
Keystone
Eine grosse Lawine aus Eis, Fels und Schnee erreicht die Talsohle.
Jean-Christophe Bott / KEYSTONE
Eine grosse Lawine aus Eis, Fels und Schnee erreicht die Talsohle.
Jean-Christophe Bott / AP
Eine grosse Lawine aus Eis, Fels und Schnee erreicht die Talsohle.
Jean-Christophe Bott / KEYSTONE
Eine grosse Lawine aus Eis, Fels und Schnee erreicht die Talsohle.
Jean-Christophe Bott / EPA
Der Birch-Gletscher brach immer wieder in den letzten Tagen. Am Mittwoch Nachmittag kommt es zum grossen Abbruch.
Jean-Christophe Bott / KEYSTONE

Herr Hegg, der Pegel im Stausee, der sich hinter den Geröllmassen in Blatten gebildet hat, steigt. Wie beurteilen Sie die Gefahr von weiteren Überschwemmungen Stand heute Morgen?

Christoph Hegg:Die Situation ist grundsätzlich unverändert. Aus der Ferne ist es schwierig abzuschätzen, wie schnell das Wasser steigt – und vor allem auch, wie die Topografie der abgestürzten Masse ist. Irgendwann ist der See voll und das Wasser wird über den Schuttberg fliessen.

Zur Person

Christoph Hegg ist stellvertretender Direktor der Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL). Der studierte Geograf ist Mitglied der Nationalen Plattform Naturgefahren – ein Gremium, das unter anderem den Bundesrat berät sowie für Austausch zum Thema zwischen Behörden, Wissenschaft, Versicherungen und Privatwirtschaft sorgt.

Was ist das schlimmstmögliche Szenario?

Wenn es zu einem Dammbruch kommt. Möglich wäre, dass der Damm durch den steigenden Wasserdruck wegbricht oder er sehr schnell erodiert. Dann könnte sich eine Flutwelle bilden, die durch das Tal rollt.

Wie realistisch ist das?

Von den Fachpersonen vor Ort wird das derzeit als nicht sehr wahrscheinlich eingestuft. Das Risiko hängt davon ab, wie der Damm genau aussieht, der sich durch den Bergsturz gebildet hat. Dies lässt sich von aussen nur sehr schwer beurteilen. Ist er hoch und schmal, ist die Gefahr höher, dass er bricht. Handelt es sich hingegen um einen flachen Hügel, ist es unwahrscheinlicher. Zudem kommt es auf die Eigenschaften des Materials an, das heruntergekommen ist.

Wie muss man sich diese Gesteinsmasse vorstellen, die das Dorf unter sich begraben hat?

Sie ist nach Aussagen der lokalen Verantwortlichen instabil, weshalb es derzeit ja auch nicht möglich ist, darauf zu arbeiten. Zwischen den Steinen – grosse Brocken, aber auch sehr viel feines Material – befindet sich Eis, das kontinuierlich schmilzt. Mit der Zeit bilden sich Löcher im Material, was zu kleineren Einbrüchen führen kann.

Verschärfen die aktuell hohen Temperaturen die Situation?

Nein, ich würde nicht sagen, dass das ein zusätzliches Risiko darstellt. Das Eis schmilzt sowieso früher oder später. Die Temperaturen sorgen nun einfach dafür, dass es schneller geht. Und auch die Lonza führt deswegen mehr Schmelzwasser.

Und was ist das Beste, was passieren könnte?

Zu hoffen ist, dass sich das Wasser relativ langsam einen Weg durch den Schuttkegel bahnt und ein neues Gerinne entsteht. Der Bach wird dabei ganz viel Material transportieren, das sich dann an einem neuen Ort ablagert.

Was können die Behörden nun tun?

Man kann nicht viel mehr machen, als gefährdete Gebiete flussabwärts zu evakuieren. Theoretisch wäre es zwar möglich, Wasser abzupumpen. Doch dafür müsste man Leitungen über das Material legen können – was derzeit zu gefährlich ist. Ausserdem könnte man ein neues Gerinne graben. Aber auf einer Länge von 2 Kilometern ist das vollkommen unrealistisch. Das dauert zu lange.

Hätte man eine solche Situation – eine drohende Überschwemmung nach dem Bergsturz – irgendwie verhindern können?

Natürlich kann man mit baulichen Massnahmen das Hochwasserrisiko minimieren. Doch eine Überschwemmung, wie wir sie nun sehen, hätte nicht verhindert werden können. Beziehungsweise: Das wäre so teuer gewesen, dass es nicht verhältnismässig gewesen wäre. In der Realität blieb den Behörden nichts anderes übrig, als abzuwarten und sich auf verschiedene mögliche Szenarien vorzubereiten – und darauf aufbauend jeweils bestmöglich zu reagieren. Dies klappt ja bisher von aussen gesehen sehr gut.