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Bei der vierten Ausgabe des Horrorfilm-Festivals werden Aussenseiter gefeiert: «Die Welt scheint noch immer ein anderes Bild zu zeichnen»

Das Brugggore Filmfestival geht im April 2024 in die nächste Runde. Leiter Michel Frutig erklärt, weshalb sie sich dazu entschieden haben, das Anderssein zu zelebrieren und was die Farbe Orange damit zu tun hat. 

Das grosse Gruseln wird 2024 in Form der vierten Durchführung des Brugggore Filmfestival nach Brugg zurückkehren. Vom 24. bis zum 27. April werden in den Kinos Excelsior und Odeon über 40 internationale Langspielfilme gezeigt. Horrorfilme nehmen gemäss Festivalleiter ­­­­Michel Frutig weiterhin einen wichtigen Platz im Programm ein.

Doch wie das Festival-Motto «fantastic horror and beyond» bereits erahnen lässt, sind auch andere Genres vertreten. Auch diesmal wird der «Eye of the Beholder»-Award vom Publikum vergeben: Die Regie des Gewinnerfilms erhält 5000 Franken. Finanziell unterstützt wird der ganze Anlass etwa durch die Stadt Brugg und aus dem Swisslos-Fonds mit 12’000 Franken.

Bei der Farbwahl liessen sich die Veranstaltenden vom Filmplakat «The Bride of Frankenstein» inspirieren. «Die orange Farbe ist der Haarpracht von Frankensteins Braut entliehen», heisst es in einer Medienmitteilung. Der Klassiker gelte als Ikone der LGBTQIA+-Bewegung: Regie führte der erste offen homosexuelle Regisseur Hollywoods James Whale, der die tragende Rolle des Dr. Pretorius gezielt queer angelegt habe.

Sie haben entschieden, Position zu beziehen

Vor allem aber werde Frankensteins Braut stellvertretend für den Kampf der queeren Community verstanden. Sie widersetzt sich den Erwartungen ihres Schöpfers und stellt sich so symbolisch gegen die vorherrschenden Machtverhältnisse. «Der Film hat Menschen, die nicht der Norm entsprechen, bereits 1935 das Gefühl gegeben, gesehen zu werden», erklären die Organisatoren.

Frankensteins Braut gilt laut den Veranstaltenden als Ikone der LGBTQIA+-Bewegung.
Bild: zvg

Unter dem Motto «Celebrating the Underdog» wird im Season-Special das Aussenseitertum und Anderssein gefeiert. Gemäss Frutig repräsentieren diese Menschen einen wichtigen Teil der Festivalbesuchenden. Für das Komitee des Festivals sei schon immer klar gewesen, dass alle willkommen sind. «Eigentlich sollte das eine Selbstverständlichkeit sein, doch scheint die Welt noch immer ein anderes Bild zu zeichnen.»

Das Brugggore beziehe Position und gebe sich aktiv als Ort der Toleranz erkennbar. Hierzu wurde ein neues Leitbild definiert und dem Thema das Season-Special gewidmet. In der Filmauswahl und Kommunikation spiele Inklusion eine wichtige Rolle. Für die Auswahl der Specials wurden drei Kriterien festgelegt:

Eine Person oder Personengruppe, die gegenüber anderen in einer benachteiligten Position ist.

Die Figuren kämpfen und wehren sich in aussichtslosen Situationen gegen ihre übermächtige Gegenseite.

Sie bieten dem Publikum neben einem möglichen Identifikationsangebot auch ein besonderes Beziehungsverhältnis.

Es wurde eine Krisensitzung abgehalten

Der Horrorfilm sei eines der weltweit beliebtesten und erfolgreichsten Genres, und entsprechend hoch sei die Zahl an Neuerscheinungen, meint Frutig. «Filme zu finden, ist nicht sonderlich schwierig – qualitativ hochwertige allerdings schon.» Über die Plattform Freeway erhält das Komitee direkte Einsendungen. Von Dezember bis Februar akquiriert das Team zudem während hunderten Stunden neue Filme.

James Whale, der erste offen homosexuelle Regisseur Hollywoods, führte bei dem im Jahr 1935 erschienenen Film Regie.
Bild: zvg

Nach der letzten Durchführung mussten die Veranstaltenden eine Krisensitzung abhalten, weil das Brugggore einen enormen, unbezahlten Einsatz von ihnen forderte. Für das kommende Jahr wurde die Organisation laut Frutig vergrössert.

Das Komitee treffe sich neu alle 14 Tage zu einer Sitzung, bei der die Aufgaben verteilt und Resultate überprüft werden. «Trotzdem bleibt zu sagen, dass noch immer alle unentgeltlich mitarbeiten und die Ressourcen beschränkt sind.» Das Ziel für die Zukunft sei es, Teilzeitstellen zu schaffen, die sich das ganze Jahr über um das Festival kümmern.