
Noch ist nicht alles Gold, was glänzt: Der FC Aarau hat trotz perfektem Saisonstart noch Defizite
Mit drei Siegen hat der FC Aarau den perfekten Saisonstart hingelegt. So gut zumindest wie seit 17 Jahren nicht mehr. Doch bei der Rekordjagd gibt es vor dem Auswärtsspiel von heute gegen Nyon (19.30 Uhr/AZ-Liveticker) noch Luft nach oben. In der Saison 1964/65, damals ebenfalls in der zweithöchsten Spielklasse, gewann der FCA zu Beginn fünfmal. Und geht man mehr als 90 Jahre zurück, in die Saison 1934/35, findet man sogar eine Startserie von gleich neun Siegen.
Luft nach oben hat der FCA trotz Punktemaximum und Leaderposition auch auf dem Rasen. Denn längst ist nicht alles Gold, was glänzt. Das gilt nicht nur für den erst in der Nachspielzeit gesicherten Sieg im Cup gegen den Erstligisten Wohlen vom letzten Samstag, sondern auch für die Leistungen in der Challenge League.
Gerade beim mühsam erarbeiteten 1:0-Heimsieg letzte Woche gegen Bellinzona wurde der tief stehende Gegner nur dank eines Penaltytreffers bezwungen. Die Umstellung auf ein 3-4-1-2-System hat die Mannschaft defensiv stabilisiert (erst ein Gegentor), doch nach vorne fehlen Ideen und Kreativität, um kompakte Abwehrreihen auszuspielen.
Wenig kreativ, dafür umso effizienter
Immerhin überzeugt das Team mit Effizienz. Gemäss dem Wert der erwarteten Tore («Expected Goals») hätte Aarau gegen Wil (3:1), Xamax (2:0) und Bellinzona (1:0) statt der erzielten sechs Treffer eigentlich nur deren drei schiessen sollen.
Trotzdem: Ein Spieler wie Nikola Gjorgjev, der mit Dribblings Räume aufriss, wurde nicht ersetzt. Das Spiel über die Seiten läuft über gelernte Aussenverteidiger wie Linus Obexer und Ryan Kessler, teilweise über Silvan Schwegler, eigentlich ein defensiver Mittelfeldspieler, bald vielleicht wieder über den zuletzt verletzten Marcin Dickenmann, auch er ein Aussenverteidiger.
In den Couloirs auf (offensivere) Flügel zu setzen, ist für Trainer Brunello Iacopetta aber kein Thema. «Vielmehr müssen wir versuchen, die Aussenverteidiger etwas umzupolen, an ihrem Offensivspiel zu arbeiten. Fortschritte in diesem Bereich sehe ich schon jetzt», so Iacopetta.
Auch Regisseur Valon Fazliu hat mit dem neuen System noch seine Mühe. Er hat zwar einen ähnlichen Aktionsradius wie letzte Saison, doch das Spiel hinter einem Zweimannsturm ist anders als mit zwei Flügeln an seiner Seite. Iacopetta: «Auch für ihn gilt: Er muss da reinkommen und lernen, dass im neuen System die Räume anders bespielt werden als bisher.»
Reintegration von Bahloul «ist tabu»
Iacopetta will dem neuen System und dem vorhandenen Personal Zeit geben, sich in die richtige Richtung zu entwickeln. Energisch verneint er auch, dass eine Wiedereingliederung von Sofian Bahloul ein Gedanke sein könnte, obwohl der vielseitige Franzose, der dem Trainingsbetrieb seit Beginn der Vorbereitung fernbleibt, mit seiner Spielart womöglich Teil der Lösung sein könnte. «Nein, das ist tabu, keine Chance», so Iacopetta.
Bahloul abzuschreiben, heisst indes nicht, auch sonst auf neues Personal zu verzichten. Iacopetta bestätigt, dass die Offensive die Abteilung ist, für die sich die Aarauer nach wie vor nach einer Verstärkung umsehen. Noch hat der FC Aarau drei Wochen Zeit, das richtige Puzzleteil zu finden. Solange diese Suche andauert, gilt es, die Entwicklung mit den aktuellen Spielern voranzutreiben. So wie der FCA auch die Jagd nach dem Startrekord in den nächsten Wochen fortsetzen will.