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Chaoten üben ein bisschen Selbstkritik: «Demo war ein strategischer Fail»

Im Nachgang zu der Demonstration in Bern diskutieren einige Teilnehmer über strategische Fehler beim Strassenkampf. Und ärgern sich über sich selbst.

Es gibt sie doch: die Selbstkritik bei den Teilnehmern der Demonstration vom Samstag in Bern. «Ein strategischer Fail» sei die Demo gewesen, heisst es auf einer einschlägigen linksextremen Website. Damit sind aber nicht die Sachbeschädigungen und die Schlachten mit der Polizei gemeint. Stattdessen verlieren sie sich in Manöverkritik und diskutieren über taktische Fehler beim Strassenkampf.

Sowieso habe sich schon früh erwiesen, dass die Demonstranten «total dem Plan der Bullen gefolgt sind». Auch sei es misslungen «unsere zahlenmässige Überlegenheit» einzusetzen. Es habe gar «einiges an Friendlyfire auf die eigenen Leute» gegeben. Dass eine «Orga» (Organisation) gefehlt habe, wird an mehreren Stellen bemängelt. Auch deswegen sei bald einmal «überall Chaos ausgebrochen».

In dieser allgemeinen Planlosigkeit habe man sich auch von «den Cops» verleiten lassen, in die «enge Gasse» zu gehen, wo der harte Kern schliesslich eingekesselt wurde. Gerade am Anfang hätten die Eingekesselten noch entwischen können, doch es «war kaum Solidarität zu spüren» und die Polizei konnte mehr Personal beiziehen und «der Kessel war aufgestellt», heisst es bilanzierend.

Verloren in «endlosen Diskussionen»

Spätestens hier brach dann Anarchie aus: «Die Demostruktur hatte sich hier komplett aufgelöst.» Beim Kampf gegen den Polizeikessel hätten die Demonstranten «total planlos» agiert. Das manifestieren die Schreibenden unter anderem daran, dass «die Barrikaden am Café ohne Probleme etwas weiter hinten brennen können» hätten. So hätten sie keinen taktischen Nutzen gehabt und stattdessen wurde «fast das Gebäude abgefackelt».

Statt Entschlossenheit gab es «endlose Diskussionen». Ein Teil der Demonstranten wollte die Eingekesselten «nicht alleine lassen», während der andere Teil «aufgrund der eigenen Kesselgefahr» weiterziehen wollte. Trotz «sehr grossem Durchhaltevermögen» habe sich Demo schliesslich «Stück für Stück aufgelöst.» Der Weg zurück zur Reitschule, wo sich die Demonstranten nach der Demo sammelten, sei aber «der reinste Alptraum» gewesen.

Damit nicht genug der Eigenfehler. Auch «die ganze Antirepstruktur war schlecht aufgestellt». Oft werden an solchen Demonstrationen Telefonnummern rumgereicht, bei denen sich Inhaftierte melden können und Beratung und Hilfe bekommen. Diese Hotline war aber «total überfordert». Und auch als die ersten Leute aus dem Polizeigewahrsam entlassen wurden, gab es «nicht einmal Support vor Ort».

Hoffnung auf Reflexion

Jetzt ruht die Hoffnung der Schreibenden darauf, «dass wir wenigstens bei der Deckung der Bussen auf die Orga zählen können». Und «dass der Tag hoffentlich reflektiert wird.»

Das gilt nur für den organisatorischen Teil. Die (Un-)Sinnhaftigkeit der Zerstörung bleibt unreflektiert. In einem anderen Text auf der Seite heisst es: «Entschlossen und vereint, können wir die Staatsmacht verletzen und die abscheuliche herrschende Ruhe zum Bröckeln bringen.» Die «lodernde Wut» über die Situation in Palästina habe die Strassen Bern «geflutet». Und weiter: «Eure Propagandapapiere, Wasserwerfer und Schlagstöcke werden uns nicht bändigen.»