
Der King lebt – im Wallis, in Zofingen und in Oftringen
«It’s now or never»: Elvis lebt. Zumindest auf der Bühne – und zwar nicht als glitzernder Doppelgänger im weissen Paillettenanzug mit Hüftschwung – sondern als vielschichtige Figur, die mit ihrem eigenen Mythos bricht. In der Musiktheaterproduktion «Elvis lebt!», geht Schauspieler und Musiker Diego Valsecchi einer Frage nach, die so alt ist wie die Legende selbst: Was bleibt vom King of Rock’n’Roll, wenn man ihm das Kostüm vom Leib reisst? Gibt es etwas an Elvis, das in uns allen steckt?
Valsecchi will in dieser schmissigen Produktion Mensch jenseits der Klischees sein. «Elvis hat mich fasziniert, seitdem mir sein verschwitztes Gesicht von einem Albumcover im Besitz meiner Mutter entgegen leuchtete», erzählt der klassisch ausgebildete Schauspieler im breitesten Walliserdialekt. «Uns war von Anfang an klar: Wir wollen nicht mehr vom Gleichen, also keinen Tribute-Abend. Eine weitere Kopie der über 35’000 Elvis-Imitatoren wollte ich nicht auf die Bühne stellen.»
Unsere Art, Elvis wahrzunehmen – im Spiegel der Kunst
Ihm – und seinen zwei Schauspielkollegen Angela Hunkeler und Lucca Kleinmann sowie der vierköpfigen Band – ist es ernst. Statt die aus 800 überlieferten Songs destillierten Stücke brav mit bekannten Lebensstationen zu verweben, konterkarieren sie «Elvis lebt» mit augenzwinkernden Episoden aus ihrer Walliser Undercover-Existenz.
In diesem fiktionalen Überbau ist alles möglich: Elvis unterrichtet am heutigen Sepp-Blatter-Schulhaus in Visp Blockflöte, während er gleichzeitig undercover mit Ronald Reagan und Michail Gorbatschow diniert – und ihnen den Floh vom Ende des Kalten Krieges ins Ohr setzt. «Dass das wirklich passiert ist, können wir sogar mit Fotoprojektionen beweisen», sagt Valsecchi lachend. KI sei Dank.
Diese schelmische Geschichtsklitterung irgendwo zwischen Forrest Gump und Rock’n’Roll-Katechismus liefert nicht nur flammende Knalleffekte, sondern hält dem Publikum auch den Spiegel vor: Der King war nie weg. Wir haben bloss verlernt, ihn hinter der Legendenverblendung als den Menschen zu sehen, der er schon immer war.
Von gospelndem Schmelz bis zur rauen Rock’n’Roll-Röhre
Zwischen Glitzer und Gletscher wird so auch die Walliser Idylle zur heimlichen Hauptdarstellerin, die Valsecchi mit liebevollem Spott versieht. Elvis verliebt sich hier auf einem Bauernhof in die Tierärztin Priska und muss sich ganz schön abstrampeln.

Bild: Yoshiko Kusano
Während die Show auf eine farbenprächtige Lichtregie und verspielte Kostüme setzt, bleibt das Bühnenbild bewusst schlicht – ein Resonanzraum für Musik, Fantasie und Projektionen. «Man darf bekannte Hits erwarten», verspricht Valsecchi. «Doch haben wir auch vergessene Perlen ausgegraben, inspiriert von einer Instagram-Umfrage unter Elvis-Fans.» Alle Songs sind neu arrangiert, nie einfach nur kopiert.
Zudem: Statt das dunkle Timbre des späten Elvis zu imitieren, feiert Valsecchi dessen grosse stimmliche Bandbreite – von gospelndem Schmelz bis zur rauen Rock’n’Roll-Röhre
Bewusste Koketterie mit der Imitation
Besonders stolz ist der 42-Jährige, der nur zwei Monate älter ist als Elvis bei dessen Tod 1977, auf ein rund achtminütiges Medley. «Das ist ebenso originell und überraschend – funktioniert musikalisch wie auch dramaturgisch perfekt.»
Die ersten Musicalauftritte im Theater am Hechtplatz in Zürich stiessen auf Begeisterung. «Mir hat jemand gesagt, du nimmst den Elvis so sehr zu dir, dass du mehr Elvis bist als andere, die ihn bloss imitieren», erzählt Valsecchi. «Das erfüllt mich mit Stolz. Denn schliesslich versuche ich vor allem den Elvis in mir zu finden. Mit der Imitation kokettiere ich nur, um Witz reinzubringen – und den Unterschied deutlich zu machen.»
Nun freut er sich auf die Auftritte in Zofingen und Oftringen: «Mit Elvis lebt kommen Musicalfans ebenso auf ihre Kosten wie auch Rock’n’Roll- und Comedy-Fans, die Hintersinn und Musik lieben.»




