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Der kleinste Wasservogel ist ein Indikator für saubere Gewässer

Mit der Wahl zum Vogel des Jahres 2024 rückt der Zwergtaucher medial ins Rampenlicht. Beat Rüegger, Co-Präsident des Naturschutzvereins Rothrist, weiss, wo der kleine Wasservogel in der Region vorkommt.

Die Würfel sind gefallen. BirdLife Schweiz hat den Zwergtaucher zum Vogel des Jahres 2024 gekürt. Er löst damit den Sumpfrohrsänger ab, dem diese Auszeichnung im noch laufenden Jahr zufiel. Für beide Vogelarten hat der Naturschutzverein Rothrist (NVR), der dieses Jahr sein 40-jähriges Bestehen feiert, viel getan. Ist es nicht zuletzt dem Engagement des Vereins zu verdanken, dass der Sumpfrohrsänger als Brutvogel in die Region zurückgekehrt ist, so hat der NVR auch für den Zwergtaucher immer wieder ökologische Infrastrukturen geschaffen, die ihm zugutekamen und -kommen.

Bevorzugt naturnahe Gewässer mit Ufervegetation

Der Zwergtaucher ist in der Schweiz ganzjährig anzutreffen. Besonders im Winter, wenn sich zu den einheimischen Brutvögeln auch Zwergtaucher aus dem Norden gesellen, kann man den kleinen Wasservogel relativ leicht beobachten. Etwa an der Aare, wie Beat Rüegger ausführt. Ganz im Gegensatz zur Brutzeit, die von April bis Juni dauert. Dann ziehen sich die brütenden Zwergtaucher-Paare in geschützte Gefilde zurück. Etwa in Schilfgürtel oder Röhricht-Vegetation – das sind Pflanzengesellschaften aus grossen, schilfartigen Pflanzen im Flachwasser- oder Uferrandbereich von Gewässern. Dort verrät er sich aber durch sein auffälliges Trillern, das prinzipiell das ganze Jahr über zu hören ist, besonders aber von April bis Juni zur Balz und Revierverteidigung eingesetzt wird.

Der Zwergtaucher bevorzugt denn auch naturnahe Gewässer mit einer ausgeprägten Ufervegetation als Rückzugs- und Brutort. Unter Wasser ist eine gute Krautschicht mit schlammigem Untergrund wichtig. Das Wasser sollte nicht zu tief, aber recht klar sein, damit er seine Beute, hauptsächlich Insekten und deren Larven, finden und erbeuten kann. Im Winter weicht er auf kleine Fische wie Groppen oder Barsche aus und ist damit der kleinste Fisch fressende Wasservogel in der Schweiz.

Im Schlichtkleid: Ausserhalb der Brutzeit zeigt der Zwergtaucher eine Palette an warmen Brauntönen.

Neu geschaffene Gewässer besiedelt

«In Rothrist hat der Naturschutzverein durch das Anlegen von Weihern ebenfalls Lebensräume schaffen können, die vom Zwergtaucher besiedelt wurden», weiss Beat Rüegger. Der Co-Präsident des Naturschutzvereins erwähnt etwa das Naturschutzreservat in der Kiesgrube Oberfeld, welches der Verein 1996 als erstes grosses Naturschutzprojekt im Dorf umsetzen konnte. «Zwergtaucher haben schon bald auf dem Weiher in der Kiesgrube gebrütet», führt Beat Rüegger aus, in der Zwischenzeit seien sie aber dort als Brutvögel nicht mehr nachweisbar. Aus einem einfachen Grund: Der Weiher ist zu stark verlandet. Ähnlich sei die Problematik im Moosweiher in der Nähe des Rothrister Waldhauses, wo der Vogel des Jahres 2024 ebenfalls schon gebrütet habe. «Im Moosweiher hat es zuviele Krebsscheren – eine Pflanze, die zwar Algenwachstum unterdrückt, sich aber in nährstoffreichen Weihern sehr rasch vermehrt», sagt Rüegger. Der Zwergtaucher brauche aber neben Rückzugsmöglichkeiten auch offenes Wasser, damit er dort als Brutvogel verbleibe.

Idealer ist die Situation hingegen am Gfillmoosweiher, der 2011 im Gebiet zwischen Gländ-Ischlag und Gfill errichtet wurde. Der Weiher ist Bestandteil der Teichperlenkette des Vereins «Karpfen pur Natur». Hinter dem Projekt steckt die Idee, neue Teichlebensräume zu schaffen und die isolierten Feuchtgebietsreste der Region mit neuen Trittsteinen verbinden zu helfen. «Es sind solche Projekte, welche den Zwergtaucher als Brutvogel in der Region halten können», betont Beat Rüegger. Tatsache ist jedenfalls, dass der Zwergtaucher nach wie vor jedes Jahr im Gfillmoos brütet. Die Gefahr, dass der Weiher zuwachse, sei dort gering, weil der Karpfenteich regelmässig abgefischt und die Vegetation von Eigentümer Peter Liebi gepflegt werde. Zudem gebe es dort auch keine Raubfische wie Hecht oder Wels, welche zu den natürlichen Feinden des Zwergtauchers gehörten. Auch den Eichmattweiher in Brittnau, ebenfalls ein Karpfenweiher der Teichperlenkette, hat der Zwergtaucher für sich entdeckt. «Seit zwei bis drei Jahren brütet er dort», weiss Adrian Wullschleger. Noch länger könne er beim Trübelbachweiher, auf Murgenthaler Boden unweit des Klosters St. Urban gelegen, nachgewiesen werden. «Dort brütet er seit etlichen Jahren», weiss der Vordemwalder Vogelkenner.

Zwischen zu viel und zu wenig Vegetation

Die genauen Bestände des Zwergtauchers in der Schweiz sind schwierig einzuschätzen. Der Brutvogelatlas 2013–2016 weist einen Bestand von 800 bis 1300 Paaren aus. Eine grosse Bandbreite. «Ja, das stimmt», sagt Beat Rüegger, die Unschärfe dürfte darauf zurückzuführen sein, dass der Vogel vor allem während der Brutzeit gerne versteckt lebe. Obwohl der Zwergtaucher auch in der Region an einigen Orten zu finden ist, gilt er als potentiell gefährdet. «Weil er Lebensräume besetzt, die von einer natürlichen Dynamik verändert werden», führt Beat Rüegger erklärend aus. Um es auf einen kurzen Nenner zu bringen: Der Zwergtaucher bewegt sich in einem Umfeld von zu viel und zu wenig Vegetation. Um ihn zu schützen, müssten die bestehenden Gewässer in gutem Zustand erhalten werden, stellt Rüegger klar, zusätzlich sei die Schaffung neuer Lebensräume wie etwa die Neuanlage von Gewässern wichtig, die der Zwergtaucher bei guter Eignung gerne annähme.