
Die Beeren-Saison ist in vollem Gang
«Wir haben grosses Glück gehabt – und Gott sei Dank eine aufmerksame Nachbarin», sagt Sandra Eggen. Der Schreck sitzt der fünffachen Mutter und Bauersfrau verständlicherweise immer noch in den Knochen, obwohl nichts mehr auf einen Feuerwehreinsatz hindeutet. Heu hat sich auf dem Egghof unbemerkt entzündet, eine aufmerksame Nachbarin hat die Rauchentwicklung glücklicherweise beobachtet und sofort die Feuerwehr alarmiert. Der Schwelbrand war ebenso schnell gelöscht wie die Feuerwehr vor Ort.
Der Egghof am Dorfrand von Küngoldingen ist ein vielfältiger, mittelgrosser landwirtschaftlicher Familienbetrieb, den Andreas und Sandra Eggen in vierter Generation seit 2009 führen. Zuerst als Pächter, bevor sie 2020 den Hof von Fritz und Annelise Eggen übernommen haben. Seither haben die beiden – Andreas Eggen ist für die Produktion, seine Frau Sandra für den Vertrieb zuständig – den gut aufgestellten Betrieb leicht umstrukturiert. «Mein Vater hat noch Milchwirtschaft betrieben, diesen Betriebszweig haben wir zu Gunsten der Rindermast inzwischen ganz eingestellt», sagt der 49-jährige gelernte Landwirt. Haupterwerbszweig ist heute der Anbau von Beeren und Obst, der auf einer Fläche von rund 2½ Hektaren erfolgt und den die heutigen Betriebsinhaber beträchtlich erweitert haben.
Auf dem Hof werden auch noch Hühner gehalten, etwas Acker- und Futterbau sowie wenig Gemüseanbau betrieben. «Dank unserer Vielfalt können wir im Hofladen übers ganze Jahr hindurch Frischprodukte aus der Region anbieten», betont Eggen.

Lange Beerensaison dank akribischer Planung
Erdbeeren gehören mit einem jährlichen Pro-Kopf-Konsum von fast 2½ Kilogramm zu den beliebtesten Früchten von Herr und Frau Schweizer. Auch auf dem Egghof ist die «Königin der Beeren» die auf der grössten Fläche angebaute Beere. Und auch die am frühesten erhältliche. Er freue sich jedes Jahr von Neuem, wenn die Beerensaison beginne, betont der Küngoldinger Landwirt. Und damit meine er den wunderbaren Moment, wenn die ersten Erdbeer-Stauden zu blühen beginnen. Damit starte auch die Vorfreude auf das Pflücken der ersten reifen Erdbeere. Dann verstummt Eggen kurz, lächelt und verrät, dass die Familie beim Verzehr der ersten Erdbeere eine ganz wunderbare Tradition pflegt. «Sie wird am Küchentisch geschnitten und unter allen Familienmitgliedern geteilt.»
Bereits Anfang Mai werden dann die ersten Erdbeeren gelesen. Und sie sind ab diesem Zeitpunkt, sofern das Wetter mitspielt, durchgehend bis mindestens Ende September erhältlich. Dank akribischer, fast generalstabsmässiger Planung. «Wir haben unsere gesamte Beerenproduktion so aufgebaut, dass wir unsere Abnehmer möglichst ohne Unterbruch und möglichst lange beliefern können», führt Andreas Eggen aus. «Das erreichen wir einerseits dadurch, dass wir bei sämtlichen Beeren sowohl Früh- als auch Spätsorten anbauen, andererseits verfügen wir auch über gedeckte Produktionsflächen.»
Die Vielfalt an Beeren und Obst vom Egghof wächst im Juni stark an. Momentan werden neben Erdbeeren auch Himbeeren sowie Kirschen gelesen, in den nächsten Tagen beginnt auch die Heidelbeerernte. Und schon bald werden auch Brombeeren und Johannisbeeren aus Küngoldingen im Angebot sein. Verkauft werden die Produkte im Hofladen sowie an zwei Verkaufsständen, beliefert werden diverse Detailhandels-Unternehmen, Alterszentren, Bäckereien und Restaurants in der Region.
Wetter wird zunehmend zur Herausforderung
Die Wetterbedingungen liessen die Herzen der Schweizer Beerenproduzentinnen und -produzenten im Mai höherschlagen. Viel Sonne und milde Temperaturen sorgten bei den Erdbeeren für eine ausgezeichnete Qualität. Der Schweizer Obstverband rechnete mit einer Inlandernte von 7500 Tonnen – das wäre die zweithöchste Erntemenge innerhalb der letzten zehn Jahre. «Leider sorgten dann Hagelschläge und starke Platzregen in den ersten Junitagen bei uns für beträchtliche Schäden», bedauert Andreas Eggen. «Wir haben trotz Hagelnetzen bei den Erdbeeren Ausfälle in der Grössenordnung von 30 Prozent erlitten.»
Die extremen Wetterbedingungen der ersten Junitage hätten einmal mehr exemplarisch gezeigt, dass das Wetter für die Beerenproduzenten zunehmend zur Herausforderung würde. «Ich denke, dass die Zukunft allein im gedeckten Anbau liegt», betont Andreas Eggen. Die Abdeckungen seien zwar ein riesiger Kostenfaktor, doch er sei überzeugt, dass sich die Investitionen positiv auf die Erträge auswirken und sich auch langfristig rechnen würden. Ein zusätzlicher Vorteil des gedeckten Anbaus liegt darin, dass im Tunnel vermehrt mit Nützlingen gearbeitet werden kann. Ein Beispiel seien Thripse, die Himbeeren schädigen, indem sie Pflanzensäfte aussaugen und so zu Blattaufhellungen und Verfärbungen führen. Bei starkem Befall können auch die Früchte Schaden nehmen. Gegen Thripse setzt Eggen Raubmilben als Nützlinge ein. «Unter dem Strich kann ich mit dem Einsatz von Nützlingen rund 70 Prozent der Pflanzenschutzmittel weglassen», gibt der Küngoldinger Landwirt zu verstehen.
Eine weitere Herausforderung sei die Kirschessigfliege, welche vor allem überreife Beeren befalle. Da brauche es eine Top-Hygiene beim Pflücken. Überreife Früchte müssten konsequent entsorgt, der Erntezeitpunkt richtig bestimmt werden. Was auf einem Selbstpflückfeld bestimmt etwas schwieriger ist. «Ja», gibt Eggen unumwunden zu, «aber dort ‹putzen› unsere Mitarbeitenden regelmässig nach». Gerade bei den Himbeeren sei der Aufwand zwar gross, aber es sei doch wunderbar zu sehen, wie die Leute freudestrahlend mit einer Schale selbst gepflückter Himbeeren aus dem Feld kommen würden, meint der Beerenproduzent aus Küngoldingen. Wie wahr: Beim anschliessenden Fotoshooting möchte der Fotograf noch ein Bild von den Himbeeren schiessen. «Gehen Sie nur rein und probieren Sie unbedingt», fordern mich Sandra und Andreas Eggen auf. Welch unglaubliche Menge an reifen Himbeeren! Klick hier, klick da, dazwischen eine Himbeere in den Mund und wieder raus aus der Plantage. Andreas Eggen lächelt: «Jetzt hätten Sie Ihr strahlendes Gesicht sehen sollen.»