
Die erstaunlichen Abenteuer der unglaublichen Bienenfrau
Eine Biene hat mich gestochen. Das glaube ich zumindest. Ich war gerade auf dem Weg zu einem Termin auf dem Heitern. Da flog mir ein Insekt ins Auge. Natürlich wollte ich es reflexartig wegwischen und natürlich hatte das Tier Angst, von meinen Fingern zerquetscht zu werden und hat mich gestochen.
Es hat sich angefühlt wie ein Bienenstich. Ein Stachel war jedoch nicht zu sehen. Vielleicht war es also auch eine Wespe. Oder… egal – ich bin auf kein Insekt allergisch. Ich wusste also, dass mir nichts Schlimmes passieren wird und nahm meinen Termin wahr.
Auf dem Heimweg tastete ich mein Gesicht ab und machte mir Gedanken. Werden Bienenstiche nicht auch medizinisch eingesetzt? In einem Film sah ich einmal, wie Alternativmediziner Bienen gezielt in rheumatische Fingergelenke stechen liessen. Die Patienten schworen: Sobald der Stich abgeschwollen ist, wirke das Bienengift schmerzlindernd. Finden Bienen auch in der Schönheitsbranche Einsatz? Gibt es nicht eine Methode, bei der Bienen einem ins Gesicht stechen und die Haut nach dem Heilen frischer und glatter aussehen soll? Habe ich gratis eine solche Behandlung erhalten? Wird in einer Woche mein eines Auge erstrahlen, während mein anderes immer noch matt zwischen faltigen Lidern hervorblinzelt?
Und dann wären da noch alle Superhelden, die aus Insektenbissen hervorgingen. Der Spinnen-Man (Spiderman) (okay – Spinnen sind keine Insekten, aber fast), die Wespe (The Wasp) oder die Killer-Motte (Killer Moth). Was wären die Superkräfte einer Bienenfrau? Könnte ich fliegen? Andere Menschen mit einer telepathischen Schwarmintelligenz steuern oder mit einem ultravioletten Powerblick durchschauen?
Wieder im Büro zeigte sich die unspektakuläre Realität. Superkräfte hatte ich keine, dafür einen roten Fleck unter dem rechten Auge. «Mal sehen», dachte ich, «wie fest mein Auge anschwillt. Vielleicht komme ich auch zu einem krassen Boxerauge, das die Leute schockiert. Dann hätte ich danach wenigstens eine gute Geschichte zu erzählen.»
Dem war nicht so. Am nächsten Morgen war mein Auge tatsächlich ordentlich geschwollen. Aber nicht kugelrund, wie ich dachte, sondern nur auf der einen Seite. Das sah nicht gefährlich aus, sondern einfach nur ungesund. Wie eine missglückte Schönheitsoperation. «Na toll», dachte ich, «nun habe ich weder Superkräfte, ein spektakuläres Boxerauge, noch hat der Stich mein Schmerzempfinden betäubt». Im Gegenteil – die Stelle brannte und pochte.
Zumindest wusste ich, dass das alles, im Gegensatz zu einer Schönheitsoperation, wieder vorbeigeht. Und meinem Auge ging es gut, was ja die Hauptsache war. Also setzte ich die nächsten zwei Tage, wann immer möglich, eine Sonnenbrille auf und dann war der Stich wieder weg.
Eine Woche später ist von der ganzen Aufregung nur noch ein rosa Pünktchen übrig. Schöner ist meine Haut dort nicht geworden. Vielleicht hat mich also doch nur eine Wespe gestochen, keine Biene.