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«Die Zusammenkünfte sind unsere Kraftspender und Seelentröster»

Die Multiple Sklerose-Regionalgruppe Aarau feierte im reformierten Kirchgemeindehaus in Safenwil ihre 40-Jahr-Feier.

Der Junitreff der Multiple-Sklerose-Regionalgruppe Aarau war ganz dem 40-Jahr-Jubiläum gewidmet. Die Tische im reformierten Kirchgemeindehaus Safenwil waren mit von Kindern gefertigten Holzschiffchen und allerlei Meereslebewesen dekoriert. Die Ehre erwiesen dem Jubiläumstreffen auch Safenwils reformierter Pfarrer Simon Graf, Barbara Schmolke, Leiterin Stab der MS-Regionalgruppen, und Martina Tomaschett, Mitglied des Vorstandes der MS Gesellschaft Schweiz. Nach der Begrüssung durch die Rothristerin Margrit Bachmann war die Küchencrew mit Esther und Urs Woodtli sowie Beatrice Suter aus Safenwil und das Servicepersonal aus Rothrist mit der ehemaligen Präsidentin Madeleine Matti und Doris Bitterli an der Reihe. Zackig wurde das Jubiläumsmenü serviert. Und natürlich folgte etwas später auch ein Nachtisch.

Regionalgruppe Aarau

Der Schweizerischen MS Gesellschaft (gegründet 1959) gehören 52 Regionalgruppen an. Annelies Kellner war die erste Präsidentin der vor 40 Jahren gegründeten Regionalgruppe Aarau. Seit dem Startschuss ist die heute 86-Jährige und immer noch putzmuntere Theres Blank in der Regionalgruppe dabei. 1986 übernahm Monique Enzmann das Präsidium. Zwei Jahre später kam Ruth Suter dazu. 1992 löste Karin Heusser Monique Enzmann als Präsidentin ab. Madeleine Matti aus Rothrist übernahm danach für 12,5 Jahre das Zepter. Mit den beiden Rothristerinnen Edith Dick, bis heute Helferin und zuvor 22 Jahre als Kassiererin tätig, und Margrit Bachmann, bald 17 Jahre dabei, davon 15 Jahre als Präsidentin, hatte sie zwei Frauen mit im Boot, auf die bis zum heutigen Tag jederzeit Verlass ist. «Der Lohn für unseren Einsatz besteht im dankbaren Lächeln von Betroffenen und beschenkt werden wir auch, wenn wir die zufriedenen Menschen sehen», meinte eine Helferin.

40 Jahre spannend und kurzweilig präsentiert

Gespannt waren die Anwesenden auf die in vielen Stunden Recherchearbeit zusammengestellte Präsentation «40 Jahre MS Regionalgruppe Aarau» von Kassier Harry Bitterli. Zahlreiche Protokolle und Fotoalben hat er akribisch durchforstet und die Puzzlesteine zu einem kurzweiligen Gesamtbild zusammengefügt. Seit November 1983 findet an einem Donnerstag der Monatstreff statt. Harry Bitterli rechnete aus, dass bis heute 440 Zusammenkünfte stattgefunden haben. Lottospiele, Quiznachmittage, Ausflüge, Bastelnachmittage, Grillfeste, Adventsfeier – auf die Teilnehmer wartet jeweils im Kalenderjahr ein bunter Strauss mit Anlässen. Eine Tischnachbarin, die wie ihr Mann vor Jahren an MS erkrankt ist, meinte: «Der Austausch mit Gleichgesinnten ist für uns sehr wichtig. Die monatlichen Zusammenkünfte sind für uns Kraftspender und manchmal auch Seelentröster.» Für den einen oder anderen Lacher sorgten das Fotomaterial und die amüsanten «Episödeli» aus vergangenen Zeiten von Madeleine Matti, Therese Blank und Edith Dick.

Gründung im Restaurant Affenkasten in Aarau

Zu Beginn seiner Ausführungen erklärte Harry Bitterli, dass MS «mehrschichtige Entzündung» bedeutet, heute aber von einer Autoimunkrankheit gesprochen wird, die unheilbar ist. Den Startschuss zur MS-Regionalgruppengründung gab vor 40 Jahren Alice Lüthi. Während eines REHA-Aufenthalts hörte sie von verschiedenen MS-Regionalgruppen. Die Idee, im Kanton Aargau eine Gruppe zu gründen, gab sie Nina Stadelmann, einer Pro-Infirmis-Mitarbeiterin, weiter. Sie unternahm die nötigen Schritte und gründete mit Alice Lüthi, Annelies Kellner und der Hilfe von Jean Claude Herritier, damaliger Zentralsekretär von MS Schweiz, die MS Regionalgruppe Aarau. Harry Bitterli bedankte sich zum Abschluss seiner Reise durch die 40 Jahre Geschichte der MS Regionalgruppe bei den Helferinnen und Helfern mit den Worten: «Alle zusammen haben wir unsere Gruppe zu dem gemacht, was sie heute ist – eine harmonische und gut funktionierende Grossfamilie.»

Spenden für die Multiple Sklerose Regionalgruppe Aarau: CH73 0076 1016 0929 4872 3

«Meine Krankheit hat mich Demut gelehrt»

Der Rothrister Harry Bitterli, Kassier der MS-Regionalgruppe Aarau, erhielt im Alter von 57 Jahren die Diagnose Multiple Sklerose (MS). Der Vater von zwei Söhnen arbeitete damals bei der Zofinger Müller Martini als Software-Entwickler, hatte Haus, Garten und Hund und war in der Freizeit engagierter Funktionär und aktiver Seniorenfussballer beim FC Rothrist.

MS ist die häufigste neurologische Erkrankung bei Erwachsenen zwischen 20 und 40 Jahren. Erinnern Sie sich an die Zeit der Diagnose?

Harry Bitterli: Die Diagnose traf mich und meine Familie 2007 wie ein Blitz aus heiterem Himmel und nahm mir am Anfang fast den Boden unter den Füssen weg. MS kommt allerdings in unserer Familie bereits in der dritten Generation vor. Unser älterer Sohn ist leider auch davon betroffen. Ihm geht es sogar weniger gut als mir.

Häufige MS-Anfangssymptome sind Schwäche, Kribbeln, Gefühlsstörungen, Schwindel und extreme Müdigkeit. Was trifft bei Ihnen zu?

Bei mir betrifft es die Einschränkung vor allem im ganzen linken Bein. Das Gehen bereitet mir ohne Gehstöcke mehr und mehr grosse Schwierigkeiten. Schwierig wird dadurch das Gleichgewicht zu koordinieren. Und müde werde ich auch schnell.

Wie stark prägt die Krankheit ihren Alltag?

Sehr stark. Ich bin so stark eingeschränkt, dass ich nicht mehr selber den Rasen mähen kann und banale Sachen nicht mehr gehen. Ich muss aber sagen, dass ich ein sehr gutes familiäres Umfeld und hilfsbereite Nachbarn habe. Ich habe mich mit der Krankheit abgefunden, anders geht es ja nicht. Seit einigen Jahren hilft mir eine Therapie, die bei mir gut anspricht, nachdem ich zuvor jahrelang auf ein wirksames Medikament gewartet habe. Zur Stärkung der Muskulatur gehe ich regelmässig ins Krafttraining. Das tut mir gut.

Sie engagieren sich in der MS-Regionalgruppe Aarau in der Arbeitsgruppe. Wie wichtig ist das für Sie?

Mein Engagement ist eine Herzenssache. Der Austausch mit Betroffenen und mit den Helferinnen und Helfern gibt mir Kraft. Die Schicksale von viel stärker von der nicht heilbaren und schleichenden Krankheit gezeichneten Menschen haben mir Demut beigebracht. Vielen von unseren Mitgliedern geht es nämlich viel schlechter als mir. Ich engagiere mich gerne im tollen Leitungs- und Helferteam und sehe jeweils mit Genugtuung, wie sich die Menschen bei unseren Treffs austauschen.