
Nationalrat streitet über Trumps Zölle und die Reaktion des Bundesrats – während Berset zitiert wird, wird Cassis vermisst
Am 9. Juli könnten die von US-Präsident Donald Trump derzeit sistierten Zölle von bis zu 31 Prozent auf Schweizer Exportprodukte wieder in Kraft treten. Der Nationalrat führte am Mittwoch eine aktuelle Debatte zur Reaktion der Schweiz auf den drohenden US-Zollhammer.
Traktandiert waren fünf dringliche Interpellationen von SP, Grünen, GLP Mitte und FDP. Zu entscheiden gab es nichts: Über Interpellationen wird jeweils nicht abgestimmt. Der Bundesrat muss lediglich seine Haltung darlegen.
Die SP etwa wollte in ihrer Interpellation wissen, ob sich der Bundesrat «vor autoritären Regierungen beugt, anstatt die Interessen der Schweizer Bevölkerung zu verteidigen.» Co-Parteipräsident Cédric Wermuth (AG) konstatierte eine Rückkehr des Autoritarismus und einen Aufstieg des neuen Faschismus, den insbesondere Donald Trump verkörpere.

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Es brauche nun eine Politik, die Haltung zeige und Stellung beziehe. Doch der Bundesrat bleibe still. Er schiebe jedes Mal die Neutralität vor, «um auch mit den letzten Diktaturen der Welt noch den letzten Franken Business machen zu können».
«Wer jedem Deal zustimmt, wird erpressbar»
Zufriedener mit der Landesregierung zeigte sich die FDP. Fraktionschef Damien Cottier (NE) gratulierte dem Bundesrat dafür, wie «schnell und entschlossen» er die Zollverhandlungen mit der Trump-Regierung an die Hand genommen habe.
GLP-Fraktionschefin Corina Gredig (ZH) betonte, man solle mit den USA verhandeln, aber nicht um jeden Preis. «Wer heute jedem Deal zustimmt, nur um den nächsten Zoll zu vermeiden, wird morgen erpressbar sein.» Umso wichtiger sei es jetzt, sich für das «zukunftsweisende» EU-Vertragspaket einzusetzen.

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Einen Kontrapunkt setzte SVP-Nationalrat Franz Grüter (LU). Die im Vergleich zur EU höheren US-Zölle seien eigentlich «eine Auszeichnung für die Schweizer Topunternehmen». Sie zeigten, dass Schweizer Produkte in den USA sehr gefragt seien. Vom Bundesrat forderte Grüter Tempo in den Verhandlungen.
Parmelin mit berühmten Berset-Zitat
Im Namen des Bundesrats bezog Wirtschaftsminister Guy Parmelin (SVP) Stellung. Zu Grüters Forderung zitierte er den während Corona berühmt gewordenen Satz des damaligen Gesundheitsministers Alain Berset: Man führe die Verhandlungen mit den USA «so schnell wie möglich, so langsam wie notwendig».
Die aktuelle geopolitische Lage sei durch Instabilität und Unsicherheit geprägt. «Protektionismus nimmt zu, egoistische Staatsinteressen werden immer sichtbarer», so Parmelin. Das multilaterale System sei in einer Krise.

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Wichtig für die offene Volkswirtschaft Schweiz und ihre Arbeitsplätze sei die Diversifizierung ihrer Beziehungen, etwa in Form von Freihandelsabkommen. Mit den USA strebe man eine Einigung an. Diese dürfe aber den internationalen Verpflichtungen der Schweiz nicht zuwiderlaufen. «Das Verhandlungsergebnis muss auch den Handlungsspielraum der Schweiz in Aussenpolitik und Aussenwirtschaftspolitik wahren.»
Cassis‘ Abwesenheit kritisiert
Mehrere Redner beklagten, dass nicht Aussenminister Ignazio Cassis (FDP) im Nationalratssaal die Position des Bundesrats vertrat. Parmelin erklärte, Cassis hätte eigentlich an einer – schliesslich kurzfristig abgesagten – Nahost-Konferenz in New York teilnehmen sollen. Deshalb habe der Bundesrat ihn als Wirtschaftsminister zur dringlichen Debatte entsandt.
Er wisse nicht, wo sich der Aussenminister gerade aufhalte, so Parmelin. Aber er könne versichern: «Herr Cassis arbeitet sehr hart. Die internationale Lage wird ihn nicht so schnell arbeitslos werden lassen.»
Immerhin also ein Schweizer Arbeitsplatz, der durch die Wirren von Trumps Zollpolitik nicht gefährdet ist.