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Dicke Luft bei den Grünen: Sie planen den Aufstand gegen das neue Umweltgesetz

Lärm und eine Abgabe auf giftige Gase sind Streitpunkte in der Revision des Umweltgesetzes. Die Grünen drohen bereits vor der Detailberatung mit dem Referendum. 

Die letzte Fraktionssitzung der Grünen muss ein rhetorischer Steigerungslauf gewesen sein. Zumindest berichten übereinstimmend mehrere Leute, die damals anwesend waren, dass sich die Fraktion regelrecht ins Feuer geredet habe – und am Ende ein Referendum immer konkreter wurde. Was ist passiert?

Anlass zur grünen Besorgnis liefert derzeit das Umweltschutzgesetz, welches der Nationalrat am Montag beraten hat. Schon die Vorbereitung in der Kommission lief aus Sicht der Grünen schlecht: In mehreren Anträgen – teilweise in letzter Minute eingereicht – schliff die bürgerliche Mehrheit den Umweltschutz. Mit speziellen Lärmgrenzwerten kam die Kommission den Wünschen der Flughäfen entgegen, zudem soll bald das Bauen von Wohnungen möglich werden, die ganz auf stark befahrene Strassenabschnitte ausgerichtet sind. Für dicke Luft bei den Grünen sorgt nun aber ein Antrag, der auf den Berner FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen zurückgeht.

Dieser verlangt, dass die sogenannte VOC-Abgabe gestrichen wird. VOC steht für Volatile Organic Compounds, also flüchtige organische Verbindungen. Diese sind in zahlreichen Lacken, Reinigungsmitteln sowie Körperpflegeprodukten enthalten und sind mitverantwortlich für bodennahes Ozon, bekannt auch als Sommersmog. In der Schweiz wird das Geld aus dieser Abgabe seit 2000 über die obligatorische Krankenversicherung an die Menschen zurückgegeben. Bei einem Topf von rund 120 Millionen, der damit geäufnet wird, macht dies jedes Jahr pro Person ein paar Franken aus.

Umweltpolitisch ist die VOC-Abgabe ein Erfolg: «Die VOC-Emissionen konnten seit Einführung der VOC-Lenkungsabgabe von zirka 150’000 Tonnen pro Jahr (2000) um 50 Prozent auf zirka 75’000 Tonnen pro Jahr (2020) gesenkt werden», schreibt das Bundesamt für Umwelt (Bafu). Eine Wirkungsanalyse des Bundes kam 2022 zum Schluss, dass das System eine «deutliche Wirkung» zeitige.

Bürgerlichen ist die VOC-Abgabe schon länger ein Dorn im Auge. Sie befürchten eine Benachteiligung der Schweizer Wirtschaft gegenüber dem Ausland, das diese Abgabe nicht kennt. Wasserfallens Antrag ist denn auch nicht neu: Erst im vergangenen Juni versenkte das Parlament einen ähnlichen Vorstoss, den alt Nationalrat Walter Wobmann (SVP) eingereicht hatte.

Detailberatung verschoben

«Eine Abschaffung hätte schwere Folgen für den Umweltschutz und unsere Gesundheit, weil etwa die Ozon-Belastung weiter zunehmen würde», sagt Bastien Girod von den Grünen. Sollte das Parlament dem Entscheid der Kommissionsmehrheit folgen, prüfe man das Referendum.

Im Ratssaal am Montagabend wiederholte Fraktionspräsidentin Aline Trede diese Drohung. Dass der Antrag Wasserfallens ohne Anhörung durch die Kommissionsberatung rutschte, nannte sie einen «Hinterhalt». Bereits die teils gallig geführte Eintretensdebatte liess erahnen, wo die roten Linien der Parteien liegen werden. Viel weiter gelangte der Nationalrat auch nicht: Aufgrund der fortgeschrittenen Tageszeit verschob er die Detailberatung des Geschäfts auf nächste Woche.