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Ein bisschen weniger Grau, bitte

November. Wenn man dieses Wort schon hört. Gibt es eigentlich ein passenderes Synonym für die Tristesse vor dem Fenster?

Entweder zeigt sich der Himmel wolkenverhangen oder nebelgrau. Und an die frühe Dunkelheit haben wir uns auch noch nicht gewohnt. Kuno Lauener trifft die November-Stimmung im Züri-West-Song «Fische versänke» mit lyrischen Perlen wie «der Himmel isch es Gschmier» und «d Ziit vergeit ohni mi» auf den Punkt, während die Guns N‘ Roses die Strapazen des novembrigen Regens besingen.

Zu beneiden ist dieser Tage, wer nicht in den typischen Hochnebelgebieten lebt und sich eines schönen Martinisommers erfreuen darf. So wird die Wetterperiode bezeichnet, die für den November ungewöhnlich mild ist und jeweils rund um den Martinstag am 11. November eintritt. Es ist das europäische Pendant zum nordamerikanischen Indian Summer. Die indigenen Völker Nordamerikas nutzten jeweils das milde, trockene Wetter dieser Jahreszeit, um ihre Jagd- und Erntevorräte für den Winter anzulegen.

Doch auch für die Flachländer gibt es gute Neuigkeiten. So hat sich die Zahl der Nebeltage im Mittelland in den letzten Jahrzehnten messbar reduziert. Früher waren im Winter 30 bis 60 Nebeltage pro Jahr keine Seltenheit, heute sind es vielerorts nur noch 10 bis 25. In den 1980er- und 1990er-Jahren war die Luft in den Städten und Tälern deutlich stärker mit Schadstoffen wie beispielsweise Russ, Schwefeldioxid oder Stickoxide belastet. Diese Teilchen dienen als Kondensationskerne, an denen sich Wassertröpfchen anlagern. Diese Tropfen dienen dem Nebel sozusagen als «Geburtshelfer». Durch Katalysatoren, Partikelfilter, bessere Heizungen und Industrieauflagen hat sich die Luft seither stark verbessert.
Aber auch der Klimawandel meint es nicht gut mit dem Nebel. Durch die Erwärmung sind die Wetterlagen im Winter im Vergleich zu früher windiger geworden. Der Wind sorgt für einen Austausch der Luftschichten zwischen den verschiedenen Höhen, sodass die feuchtkalte Luft nicht mehr tagelang in den Tälern gefangen bleibt.

Weniger Nebel – das ist tatsächlich eine gute Nachricht. Wir alle wissen, wie sehr die Hochnebeldecke auf die Stimmung drücken kann. Dieses bleierne Licht, das alles gleich aussehen lässt, hat schon so manche Laune ruiniert. Studien zeigen, dass mangelndes Tageslicht den Serotoninspiegel senken und die Vitamin-D-Produktion bremsen kann. Beides wirkt sich direkt auf unser Wohlbefinden aus. Kein Wunder also, dass viele Menschen im November antriebsloser sind als sonst.

Vielleicht machen wir es uns aber auch zu einfach, wenn wir die Schuld an unserer Stimmung der Jahreszeit in die Schuhe schieben, anstatt uns an ihren schönen Seiten zu erfreuen. Im Gegensatz zu den bereits genannten Pop-Songs unterscheidet sich der «Herbst» von Antonio Vivaldis «Vier Jahreszeiten» gewaltig. Trotz einiger melancholischer Passagen kann von Missmut keine Rede sein. Freuen wir uns darüber, wenn der nächste Herbststurm bläst. Blasen wir kein Trübsal!