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Ein Herz für die Schwachen: Jakob Dietschi – der Aarburger Volkspfarrer 

Hinter der Aarburger Kirche erinnert ein Grabstein an den Pfarrer Jakob Dietschi. Er war ab 1880 Pfarrer in Aarburg. Das ist seine Geschichte.

1838 erblickte Jakob Dietschi als Sohn des Metzgers Samuel Dietschi und der Mutter Rosina (geb. Weber), in Lenzburg das Licht der Welt. Er hatte zwei Brüder und fünf Schwestern und wuchs in seiner Heimatstadt auf. Seine Kindheit verlief harmonisch.

Wie damals üblich, sollte er als Ältester das Handwerk seines Vaters lernen. Schon früh war aber ersichtlich, dass sich Jakob Dietschi für alte Sprachen interessierte. Lehrer und Freunde des Hauses machten sich daher dafür stark, dieses Interesse zu fördern und Dietschi durfte die Gymnasialabteilung der Kantonsschule Aarau besuchen. 1885 zog er zum Studium der Theologie an die Universität Basel. Schliesslich schloss er in Jena, bei Karl Hase, seine Ausbildung ab. Im Zofingerverein und in Jena, wo er den späteren Bundesrichter Bezzola und Emil Frey, späterer Bundesrat, kennenlernte, schloss er wertvolle Freundschaften, die er zeit seines Lebens pflegte.

Historische Gräber in der Region

Unsere Region hat historisch einiges zu bieten. Ob alte Gräber, Grabtafeln oder ein Friedhof aus dem 13. Jahrhundert. Wer waren die Menschen, an die die Grabsteine erinnern? Die Geschichten dieser Menschen erzählt die Serie «Historische Gräber in der Region». Bereits erschienen: Die drei Ringiers in der Zofinger Stadtkirche – und was das mit dem Heiternplatz zu tun hat.

Später kehrte Jakob Dietsch in seine Heimat zurück und bestand 1862 als erster Aargauer vor der neubestellten Konkordatsbehörde die theologische Prüfung. In Rein bei Brugg versah er kurz eine Vikariatsstelle (befristete Vertretungsstelle). Von 1863 bis 1873 führte er die Pfarrstelle in Mönthal.

1872 heiratete er die Lenzburgerin Elise Hühnerwadel. Seiner Gesundheit tat die eher raue Region aber keinen guten Dienst. Er erkrankte schwer und suchte einen klimatisch günstigeren Ort zum Leben. Dieser fand er in Fahrwangen am Hallwilersee. Dort lebte er von 1873 bis 1880. In diesem Jahr suchte Aarburg einen neuen Seelsorger als Nachfolger von Pfarrer Hermann Schwarz. Trotz seiner angeschlagenen Gesundheit fürchtete sich Jakob Dietschi nicht, sein Wirken in die als schwierig geltende Gemeinde zu verlegen.

Das Wohl der Schwächeren lag im am Herzen

Fortan setzte er sich in Aarburg für die Armen ein, widmete sich mit Hingabe karitativen Aufgaben. Auch vertrat er die Gemeinde in der Synode und war jahrelang Mitglied und Präsident der Schulpflege, der Haushaltungs- und Handwerkerschule sowie Mitglied des Bezirksschulrats und Gemeindeschulinspektor. Auf der Aarburger Festung erteilte er den dort internierten Kindern und Jugendlichen Deutsch- und Religionsunterricht. Er war auch Mitglied im freiwilligen Bezirks-Armenverein, der Suppenanstalt und der Ferienkolonie. Ausserdem bekleidete er jahrelang das Amt des Vizepräsidenten in der Kulturgesellschaft. Auch initiierte er eine Gemeindekrankenpflege für den Bezirk.

Die lange Liste an Ämtern, die er ausübte, zeigt: Wenn es um das Wohl der Schwächeren und Armen, Bildung und Gesundheit ging, konnte man sich auf Pfarrer Dietschi verlassen. Er zählte zu den Freisinnigen. Andersdenkenden stand er aber stets offen gegenüber. Er war ein Pfarrer für alle; ein echter Volkspfarrer.

An Ostern hielt er seine letzte Predigt

Seine Osterpredigt im Jahr 1909 war seine letzte. Am 2. Mai verstarb er nach kurzer Krankheit im Alter von 70 Jahren. Bei seiner Beerdigung sangen die Schulkinder ein Lied vor dem Pfarrhaus. Vor dem Trauerzug liefen die Kadetten mit Kränzen. Fast alle protestantischen Geistlichen des Kantons reihten sich hinter dem Sarg ein. Und auch ein alter Freund aus der Studienzeit nahm teil: alt Bundesrat Emil Frey.

Nach seinem Tod zog seine Frau Elise nach Seon zum ältesten Sohn ins Pfarrhaus. Dort starb die Aarburger Pfarrfrau am 15. November 1925 im Alter von 85 Jahren.