Sie sind hier: Home > Kolumne > Ein humorvoller Lehrer ist keine Witzfigur

Ein humorvoller Lehrer ist keine Witzfigur

Wer Schüler ernst nimmt, braucht keine Drohgebärden. Ein Lächeln wirkt manchmal mächtiger als jede Strafe.

Eigentlich habe ich mir früher darüber nie gross Gedanken gemacht, weil es für mich immer eine Selbstverständlichkeit war, dass Erziehung ohne Humor zum Scheitern verurteilt ist. Meine Eltern haben uns mit klaren Grenzen aber immer mit einem Lächeln erzogen. Das war mein Vorbild bei der Erziehung meiner Tochter. Auch später als Lehrer habe ich mir Mühe gegeben, den Stoff humorvoll zu vermitteln.

Nichts gegen Strenge, aber wenn sie völlig kalt und unfroh daherkommt, endet sie auf der einen Seite in Diktatur und auf der andern in Rebellion dagegen.

Religionsunterricht mit Detektivgeschichte verbinden

Gewisse Lehrer sind mir bis heute in guter Erinnerung geblieben und haben mich nachhaltig geprägt. Es waren nicht die Diktatoren, auch nicht die Hanswurste, beide fand ich nur lächerlich. Es waren die Lehrer, die  beide Seiten zeigten zur rechten Zeit. Bei denen wusste man: Jetzt ist es ernst, jetzt wird gearbeitet! Und dann aber genauso oft: Jetzt darf Freude und Spass aufkommen.

Warum soll eine Singstunde in einem autoritären Machtstreit enden? Warum soll eine Zeichnungsstunde totenstill und völlig diszipliniert ablaufen? Sollte da nicht die Kreativität gefördert werden und diese braucht Freiraum, Luft zum Atmen!

Wovor haben Lehrer Angst, die Ideen der Schüler unterdrücken? Davor, diese Ideen könnten besser sein? Ein starker, selbstbewusster Lehrer wird immer darauf eingehen und sich selber auch der Kritik stellen. Ich bin überzeugt, nur so wird er beeindruckend.

Ein anderes Beispiel: Religion war in meiner Schulzeit immer die einzige Stunde im Stundenplan, die irgendwie im rechtsfreien Raum stattfand. Religion zählte nicht fürs Zeugnis, und die Religionslehrer mussten ja, von ihrem Auftrag her, nett und verständnisvoll sein, ja sogar die andere Wange hinhalten. Das wurde von den Schülern auch wacker ausgenützt, und der arme Pfarrhelfer musste für Dinge büssen, für die er nichts konnte.

Dieser eine aber kam in die Klasse und machte uns einen Vorschlag: Wenn ihr mir eine halbe Stunde bei meinen religiösen Ausführungen zuhört, erzähle ich euch jeweils in den restlichen zwanzig Minuten eine Detektivgeschichte: «Gestatten, mein Name ist Paul Cox».

Was soll ich sagen, ich habe vorher und nachher nie erlebt, dass eine Klasse einem Religionslehrer so konzentriert zugehört hat. Was hat dieser Mensch sich das Leben mit einer guten Idee und ohne lächerliches Herumgeschreie enorm erleichtert. Er konnte aber auch wahnsinnig gut erzählen.

Was habe ich daraus gelernt? Ich erreiche viel mehr, wenn ich die Schüler ernst nehme, als wenn ich mich wie ein luftgefüllter Gockel aufplustere. Das wirkt eher hilflos.

Verstehen Sie mich richtig, der Lehrer soll nicht Kumpel sein, mit den Schülern Duzis machen oder sich tätowieren lassen. Er soll der Chef sein, er trägt die Verantwortung, aber er muss spüren, wie er die Schüler packen kann.

Quelle:

Peach Weber

Peach Weber ist seit vierzig Jahren Komiker und wohnt in Hägglingen. Abschiedsvorstellung: am 15.Oktober 2027 im Hallenstadion Zürich.

Den Schülern die Hefte zuzuwerfen, ist keine gute Idee

Humor in der Erziehung ist sehr wichtig, wenn er positiv ist. Ich erinnere mich an einen sonst recht guten Lehrer, der die einfältige Art hatte, die Hefte mit den korrigierten Prüfungen demonstrativ in der absteigenden Reihenfolge ihrer Qualität nicht etwa nur auszuteilen, sondern sogar zuzuwerfen. Bei den Guten war es Zuwerfen, bei den Schlechten mehr ein Hinschmeissen. Denken Sie jetzt nicht, ich hätte mich geärgert, weil ich ein schlechter Schüler gewesen wäre, nein, ich war im mittleren Drittel. Aber es hat mich jedesmal gejuckt, aufzustehen und zu rufen: «Finden Sie das lustig? Was sollen wir daraus lernen?»

Ich habe es nicht getan, aber der Lehrer hat sich bei mir mit dieser dummen Aktion seine guten Seiten total verscherzt. Einige fanden es schon lustig, nämlich die Besten, aber ich glaube, dass ihre Freude nicht die kleinen und grösseren Wunden der Hinterletzten aufwog.

Man kann in der Schulstunde Humor durchaus zulassen, ohne dass man seine Autorität verliert oder zur Witzfigur wird. Vielleicht sollte der richtige Umgang damit in die Lehrerausbildung einfliessen.

Ich habe in meiner Schulzeit viel gelacht, allerdings selten mit einem Lehrer zusammen. Lachten einige Schüler, gab es meistens eine Strafe, denn Lachen kann subversiv wirken. Wie oft habe ich von einem Lehrer gehört: «Was gibt es da zu lachen?» Leider hat es ihn nicht wirklich interessiert, was der Grund war. Er wollte uns nur in Erinnerung rufen, dass es in der Schule nichts zu lachen gab, wie schade!