
Vom pädagogischen Projekt zu echter Begeisterung: Frauenfussball ist jetzt einfach Fussball
Bei der letzten EM im Jahr 2022 war der Frauenfussball noch ein pädagogisches Projekt. Es wirkte angestrengt, wie Medien, Politikerinnen und der Verband versuchten, Euphorie zu erzeugen. Eine NZZ-Journalistin störte sich daran: «Sobald Frauen gehypt werden, bloss weil sie Frauen sind, fühlt man sich als Frau nicht ernst genommen.» Das sei wie Entwicklungshilfe.
Drei Jahre später ist echte Begeisterung spürbar. Am frühen Freitagmorgen machte ich Halt in einem Café, bekannt für Silsergipfeli und eine grosse Auswahl an Zeitungen. Am Tisch nebenan sassen sechs Männer, wohl zwischen 50 und 70. Sie fachsimpelten über den Viertelfinal, den England acht Stunden davor im Penaltyschiessen gegen Schweden für sich entschieden hatte.
Ich wollte nicht mithorchen, aber die Stimmen waren zu kräftig. Die «Engländer» hätten das Spiel eindrücklich gedreht. Die «Schweden» seien miserabel aufs Penaltyschiessen vorbereitet gewesen. Dann kamen sie auf die «Schweizer» zu sprechen. Keine Chance würden die gegen Spanien haben, meinte einer. Ein anderer wendete ein, die Natitrainerin sei «huere clever». Mit richtiger Taktik sei alles möglich.
So ging das weiter. Keine Sprüche über Frisuren, keine Frauen-Männer-Vergleiche. Nur Fussball. Wer nicht weiss, dass Wälti und Pilgrim Frauen sind, hätte meinen können, es gehe um die Männer-Nati.
Die EM 2025 in der Schweiz: Am Stammtisch wird auf das Gendern verzichtet, aber Frauenfussball ist jetzt Fussball, die Frauen-Nati ist jetzt die Nati. Männer dürfen sich mitgemeint fühlen.