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Wie viel Geld sollen Bauern bei Enteignungen erhalten? Aargauer Politiker sind sich uneinig 

Die Regierung möchte die Höhe der Entschädigungen bei Landenteignungen verdoppeln, die zuständige Kommission gar verdreifachen. Einige Kommissionsmitglieder zweifeln an der Legalität beider Vorschläge.

Niemand wird gerne enteignet. Weil die öffentliche Hand aber immer wieder landwirtschaftliches Kulturland benötigt, beispielsweise um Strassen zu bauen oder Gewässer zu revitalisieren, sind Enteignungen manchmal unumgänglich. Für Diskussionen sorgt die Frage, wie viel Geld die enteigneten Personen als Entschädigung erhalten sollen.

Im vergangenen Sommer verabschiedete der Aargauer Regierungsrat eine Teiländerung des Baugesetzes. Wer wegen Projekten der öffentlichen Hand enteignet wird, soll in Zukunft mehr Geld erhalten. Geht es nach der Regierung, soll die Entschädigung das Doppelte gegenüber der bisherigen Praxis betragen. Bisher erhielten die Eigentümerinnen und Eigentümer den Schätzwert ausbezahlt.

Noch einen Schritt weiter geht die Kommission für Umwelt, Bau, Verkehr, Energie und Raumordnung (UBV): Sie fordert, dass Enteignete künftig das Dreifache des Schätzwerts als Entschädigungen erhalten sollen. «Von dieser Erhöhung der Entschädigung sollen alle profitieren, die zugunsten von kantonalen Projekten auf Kulturland verzichten oder verzichten müssen», heisst es in einem am Donnerstag veröffentlichten Communiqué.

«Es geht mir auch um Wertschätzung»

Dass Landeigentümer bei einer Enteignung drei Mal so viel Geld wie bisher erhalten sollen, wird mit der entsprechenden Praxis auf Bundesebene begründet. Es handle sich um eine «Angleichung an das Bundesrecht». Mit der Erhöhung soll eine Harmonisierung mit den in manchen Nachbarkantonen geltenden Regelungen erreicht werden, schreibt die Kommission.

Ausserdem wolle man die Situation für diejenigen, die zugunsten von kantonalen Projekten auf Land verzichten müssen, «etwas einfacher machen», wie es in der Medienmitteilung heisst.

Kommissionspräsident Christian Glur (SVP) sagt auf Anfrage der AZ: «Eine Enteignung ist die letzte Massnahme, die der Staat ergreifen kann.» Wenn es schon so weit komme, müssten die Eigentümer fair entschädigt werden.

Die Mehrheit der Kommissionsmitglieder wünscht sich laut Glur einen sorgfältigeren Umgang mit Kulturland. Zudem müsse man bedenken, dass dessen finanzieller Wert deutlich geringer sei als jener von Bauland. Die zusätzlichen Kosten seien deshalb «vernachlässigbar».

Hinzu kommt die emotionale Komponente. Glur, der selbst Landwirt ist, sagt: «Als Bauer geht es mir auch um Wertschätzung.»

Sind höhere Entschädigungen illegal?

Eine Kommissionsminderheit bezweifelt, dass die vom Regierungsrat beantragte Anpassung des Baugesetzes verfassungskonform ist, «da mit einer Entschädigung nur der Nachteil durch die Enteignung ausgeglichen, nicht aber ein Gewinn ermöglicht werden soll».

Laut Bundesverfassung werden Enteignungen und Eigentumsbeschränkungen, die einer Enteignung gleichkommen, «voll entschädigt». Einige Kommissionsmitglieder halten die bisherige Regelung, gemäss welcher der Verkehrswert des enteigneten Kulturlands auszugleichen sei, für ausreichend. Doch mit dieser Argumentation konnten sie offenbar nicht überzeugen.

Christian Glur sagt: «Einige Kommissionsmitglieder zweifeln grundsätzlich daran, dass mehr als der Schätzwert ausbezahlt werden darf. Da dies auf Bundesebene bereits so gehandhabt wird, sehe ich kein Problem, wenn sich der Aargau anpasst.»

Der Grosse Rat behandelt das Geschäft voraussichtlich im März.