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Epidemiologe Salathé nach Corona-Infektion: «Covid ist scheisse, auch bei mildem Verlauf»

Der Epidemiologe Marcel Salathé hat sich mit dem Coronavirus angesteckt. Auf Twitter schildert er, wie er die Krankheit und die Quarantäne erlebt hat. Und zieht eine bittere Bilanz.

«Heute Abend endet meine Covid-Quarantäne», schreibt Marcel Salathé am Dienstagabend auf Twitter. Der Epidemiologe hatte sich vor einigen Tagen bei seiner Tochter angesteckt und seither seinen Krankheitsverlauf detailliert protokolliert. Auf dem Kurznachrichtendienst teilt er seine Erfahrungen.

Seine Tochter sei zwölf Jahre alt und deswegen noch ungeimpft. In ihrer Schule habe man die Kinder nie getestet. Seit Beginn der Pandemie kein einziges Mal. Auch Masken hätten die Kinder nicht tragen müssen. «Es ist nicht überraschend, dass sich inzwischen fast alle in ihrer Klasse mit dem Virus angesteckt haben», schreibt Salathé.

In den letzten Monaten sei er zunehmend besorgt gewesen, dass sich auch seine Tochter anstecken könnte. «Ich hoffte, dass wenn sie sich das Virus einfängt, sie einen milden Verlauf haben wird.» Um sich selbst habe er sich anfangs keine Sorgen gemacht, da er doppelt geimpft sei. Doch als sich die Daten über den Rückgang des Impfschutzes zu häufen begannen, habe er eine Auffrischimpfung machen wollen. Als gesunder 46-Jähriger stand er allerdings nicht auf der Prioritätenliste.

Über sechs Monate lag Salathés zweite Impfung schon zurück, als er ein Impfzentrum betrat und sich nach einem Booster erkundigte. Dort wurde er aber abgewiesen, weil er keinen Termin gebucht hatte. Was nicht verwunderlich ist, weil zu jenem Zeitpunkt das Terminbuchungssystem für seine Altersgruppe noch gar nicht aufgeschaltet war. «Dieses Bild werde ich nie vergessen», schreibt Salathé. «Das fast leere Impfzentrum, wo mir gesagt wird, dass sie mich ohne Termin nicht impfen können, auch wenn die letzte Dosis über sechs Monate zurückliegt.»

Am nächsten Morgen war der Selbsttest seiner Tochter positiv. Glücklicherweise habe sie einen milden Verlauf. Drei Tage später zeige auch sein Selbsttest ein positives Resultat an. Zu diesem Zeitpunkt habe er nur ein wenig Halsschmerzen und Husten. Dann kommt das Ergebnis des PCR-Tests seiner Tochter: Negativ. «Wie bitte?? Meine Frau sagte mir dann, dass bei ihr das Testen nur ein kurzer Rachenabstrich war», so Salathé. Daraufhin hätten sie um einen zweiten, nasalen Abstrich gebeten. Dieser Test sei dann positiv zurückgekommen.

Die Erschöpfung war «seltsam»

Den eigenen Krankheitsverlauf beschreibt Salathé als sehr unterschiedlich. Von Husten über Bauchschmerzen, Schnupfen, Kopfschmerzen, dazu kam ein gelegentlicher Hautausschlag. Seine Frau, die vor kurzem geboostert wurde und sein Sohn, dessen Impfung erst vier Monate zurückliegt, seien inzwischen beide negativ getestet worden.

Am vierten Tag seien seine Symptome weg. Doch die Erschöpfung bleibe. «Das ist der seltsamste Teil. Ich stehe vom Stuhl auf, gehe eine Treppe hinauf, und mein Puls steigt von 70 auf über 120. Ich bin die nächsten 4 Tage weitgehend im Bett», schreibt er.

Was er gelernt habe? Dass Corona scheisse sei, selbst bei mildem Krankheitsverlauf. «Selbsttests sind grossartig. Impfungen schützen vor einer Ansteckung, wenn du sie zum richtigen Zeitpunkt bekommst.» Seine Empfehlung sei: «Holt euch den Booster, sobald ihr könnt.»

Abschliessend schreibt er, sei man noch lange nicht an dem Punkt, dass man das Problem kontrollieren könne. In den Schulen grassiere die Infektion und die Massnahmen seien begrenzt. PCR-Tests werden nicht ordnungsgemäss durchgeführt, Selbsttests sind schwer zu bekommen. Und jetzt beginne Omikron. «Ich wünschte, wir wären nach zwei Jahren in einer besseren Position.»