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Er besuchte nie eine Schule und wurde trotzdem zum Fabrikchef: Das Lebenswerk des Johann Rudolf Hüssy-Zimmerli

Die Hüssys sind verwurzelt mit Safenwil. Schon früh hat die Fabrikantenfamilie hier ihre Firmen aufgebaut und expandiert. Kunstvolle Gräber auf dem Friedhof erinnern an sie. Dies ist die Geschichte des Stammvaters Johann Rudolf Hüssy-Zimmerli. 

Mitten im Dorf, hoch auf dem Hügel neben der Kirche, liegt der Safenwiler Friedhof. Hier oben ist es ruhig. Das Dorf liegt einem zu Füssen. Wer über den Friedhof geht, bemerkt schnell die Gräber mit kunstvollen grossen Grabsteinen gleich neben dem Eingangstor. Es sind die einzigen, die zur Kirche hin ausgerichtet sind. Es sind die Hüssy-Gräber. 

Historische Gräber in der Region

Unsere Region hat historisch einiges zu bieten. Ob alte Gräber, Grabtafeln oder ein Friedhof aus dem 13. Jahrhundert. Wer waren die Menschen, an die die Grabsteine erinnern? Die Geschichten dieser Menschen erzählt die Serie «Historische Gräber in der Region». Bereits erschienen: Die drei Ringiers in der Zofinger Stadtkirche – und was das mit dem Heiternplatz zu tun hatEin Herz für die Schwachen: Jakob Dietschi – der Aarburger VolkspfarrerWährend Bauarbeiten Skelette entdeckt: Der verborgene Friedhof der Johanniterkommende

Die Fabrikantenfamilie Hüssy hat in Safenwil einiges bewegt und aufgebaut. So haben Familienmitglieder auch einen beachtlichen Betrag zur Errichtung der Kirche gespendet. Als Dank dafür hat die Familie das betreffende Areal auf dem Friedhof erhalten. Bis heute werden hier Familienmitglieder beigesetzt. Ein Stein im betreffenden Bereich – das Grab war früher leer, heute sind zwei Ururenkel mit ihren Gattinnen dort bestattet – erinnert an den Stammvater der Familie und Gründer der Firma Joh. Rud. Hüssy in Safenwil, Johann Rudolf Hüssy-Zimmerli. 

Mit Fleiss und Geschäftssinn nach ganz oben

Johann Rudolf Hüssy-Zimmerli wurde am 2. Oktober 1789 in Safenwil in einem Doppelwohnhaus geboren. Ulrich Hüssy und seine Frau Elisabeth dienten jahrelang als Knecht und Magd im Gasthof zum Hirschen in Safenwil. Von ihrem Ersparten kauften sie die Hälfte des mit Stroh gedeckten Hauses. Auch Johann Rudolf war bis 1806 als Unterknecht im Gasthof zum Hirschen beschäftigt. Nach Familienüberlieferungen hat er nie eine Schule besucht. Geschäftsbriefe soll er zu Beginn seiner Fabrikantentätigkeit jeweils mit drei Kreuzen unterzeichnet haben. Nach seiner Konfirmation erlernte er bei einem Lehrmeister das Leinenweben und erwarb 1807 einen Webstuhl, mit dem er im Keller Tuch webte. 

Laut der Familienchronik «Die Hüssy vom Strigel» wurde einmal ein Stück Leinenstoff von einem seiner Abnehmer wegen Webfehlern retourniert, weshalb er dieses selbständig auf dem Markt verkaufte. Dabei merkte er, dass er mit dem direkten Verkauf seiner Stoffe mehr verdiente als mit der Arbeit für fremde Arbeitgeber, also machte er sich selbständig. Fortan verkaufte er seine Waren auf Märkten. 1816 begann er mit der Baumwollfabrikation. Das Geschäft lief gut, weshalb er um 1820 sein Strohhaus auf dem Striegel zu einem Ziegelhaus umbauen konnte.

Das Hüssy-Imperium wächst

1844 kaufte Johann Rudolf Hüssy -Zimmerli vom Schwiegervater seiner Söhne Rudolf und Hans die Papierfabrik Oftringen und führte sie unter seinem eigenen Namen weiter. 1852 wurden das neue Färberei- und Appreturgebäude mit Kesselhaus am Fusse des Strigels und die Buntweberei in Uerkheim errichtet, die Johann Rudolf Hüssy-Zimmerli dann mit seinen Söhnen betrieb.

1856 wurde das Kontor – ein grosses Verwaltungsgebäude – auf dem Strigel erstellt. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Stammvater bereits grosse in- und ausländische Geschäftsverbindungen und soll seine Ware gar bis nach Holland überführt haben. Das Vermögen der Familie wuchs stetig. Als Antwort auf die in Italien und Deutschland in den 1860er-Jahren eingeführten Schutzzölle wurden in Luino (Italien) und Murg bei Bad Säckingen (Deutschland) Tochterfirmen gegründet, welche zuerst von Safenwil aus geleitet wurden und später als selbständige Firmen weiterexistierten.

Gesundheitlich ging es Johann Rudolf Hüssy-Zimmerli allerdings immer schlechter. Im August 1857 errichtete er ein mündliches Testament. Darin hielt er fest, dass nach seinem Tod ein Teil seines Vermögens für gemeinnützige Zwecke verwendet werden soll. So verfügte er etwa, dass 5000 Franken in den kirchlichen Fonds zur Gründung einer künftigen Pfarrei in Safenwil fliessen sollen. Ebenfalls 5000 Franken sollte die Ortsbürgergemeinde Safenwil als besondere Stiftung zur Erziehung armer, ortsbürgerlicher Kinder erhalten. Auch die Ortsbürgergemeinde Uerkheim und den Bad-Armenfonds zu Baden berücksichtigte er in seinem Testament. Seine Söhne schenkten der Gemeinde später das Land für den neuen Friedhof und das alte Pfarrhaus (heute Karl-Barth-Haus).

Nicht einmal einen Monat später verstarb Johann Rudolf Hüssy-Zimmerli am 2. September 1857. Er hinterliess ein florierendes Geschäft, das von seinen Nachkommen weitergeführt wurde.