
Es ist ein 24-Stunden-Job: Brittnauer Storchenvater sucht Nachfolge
Es war mucksmäuschenstill, als Peter Hartmann von seinen Erfahrungen als Storchenvater referierte. Die Gäste des Erzählkaffees im Lindenhof in Oftringen klebten ihm förmlich an den Lippen, so fasziniert waren sie von seinen reich bebilderten Ausführungen.
Sie erfuhren, dass im Jahr 1948 das letzte Storchenpaar in der Schweiz gebrütet hatte. Seither galt der Vogel bei uns als ausgestorben. Die Wiederansiedlung unter der Initiative des Bielers Max Bösch, startete in Altreu. 1960 hat sich der Natur- und Vogelschutzverein Brittnau dem Projekt «Wiederansiedelung des Storches» angeschlossen und im Dorf eine Station nach dem Vorbild von Altreu aufgebaut.
1968 konnte die erste Brut verzeichnet werden
Die ersten Ansiedlungs-Versuche mit jungen aus Algerien importierten Vögeln sind fehlgeschlagen. Die Hoffnung, die Zugvögel würden nach ihrem Wegzug ins Winterlager, im kommenden Frühling in ihren Horst in Brittnau zurückkehren, hätten sich vorerst nicht erfüllt, erklärte Peter Hartmann. Weitere Fehlversuche folgten, bis 1968 endlich die erste Brut verzeichnet werden konnte. 1998 wurde das Projekt «Ansiedelung des Weissstorches» offiziell abgeschlossen. «Der Vogel gilt seither wieder als Wildtier, das nicht mehr gefüttert werden muss», sagte der Storchenvater.
Es sei denn, ein Notfall liege vor, dann zum Beispiel, wenn Jungtiere verwaisen, «dann ziehen meine Frau und ich die Jungvögel in unserer Garage auf». Störche würden Würmer, Insekten, Mäuse, Fische und wenn es sein muss, auch Frösche essen. «Oder die eigenen Jungtiere, die nicht überlebt haben», so Hartmann.
Wie vielen Störchen Peter Hartmann in irgendeiner Art geholfen hat, lässt sich nicht sagen, Fakt ist aber, «dass ich mehr als das halbe Leben zu diesen schwarzweissen Vögeln schaue». Dabei war er damals, als an einer Gemeindeversammlung eine für die Störche verantwortliche Person gesucht wurde, nur als «Zwischenlösung» eingesprungen, «weil sonst die Storchenstation geschlossen worden wäre». Er hoffte, bald abgelöst zu werden.
Einsätze zu jeder Tages- und Nachtzeit
Inzwischen ist der Storchenvater 78 Jahre alt, langsam aber sicher müsse die Nachfolge geregelt werden. Er habe letztes Jahr akribisch dokumentiert, was so alles auf einen «Storchenvater» oder eine «Storchenmutter» zukomme, damit man als interessierte Person vom Aufwand nicht negativ überrascht werde. Hartmann sprach von einem 24-Stunden-Job, er werde zu jeder Tages- und Nachtzeit aufgeboten, wenn es die Not erfordere.
43 Storchenpaare hätten dieses Jahr in Brittnau genestet und dabei 111 Jungtiere grossgezogen. Alle Nester – das auf dem Kirchturm ausgenommen –, befinden sich in südlicher Richtung gesehen, rechts der Strasse. Grund: Der Storch sei ein Kolonienbrüter. Auf praktisch jeder möglichen und auch unmöglichen Stelle ist ein Horst gebaut. Das gefällt nicht allen. Peter Hartmann stellt in Brittnau einen Rückgang bei der Akzeptanz des Storches fest, vor allem bei Neuzuzügern: Für die Alteingesessenen Brittnauer und Brittnauerinnen gehöre der Storch zum Dorfbild – so wie der Storchenvater selbst auch, sei hier angefügt.