
EU-Bürger sollen künftig zahlen, wenn sie durch den Gotthard wollen
Gleich 90 Nationalräte stehen hinter der Idee, die ursprünglich auf den Urner Mitte-Nationalrat Simon Stadler zurückgeht, wie die«SonntagsZeitung»berichtet. Stadler kämpft für eine Entlastung seines Kantons durch den massiven Transitverkehr aus EU-Ländern nördlich der Schweiz nach Italien und umgekehrt.
Je nach Verkehrsaufkommen soll der Betrag, der vor allem auch Touristen aus Deutschland und den Niederlanden auf dem Weg nach Italien betreffen würde, zwischen 30 und 60 Franken pro Durchfahrt betragen. Technisch umgesetzt werden könnte eine solche Maut mit speziellen Kameras relativ einfach.
Der Vorschlag ist politisch brisant. Während er in Bundesbern auf viel Zustimmung stösst – Politikerinnen und Politiker von Grünen, SP, Mitte, FDP und SVP unterstützen die Idee – warnen Experten vor der rechtlichen Lage und einer möglichen Diskriminierung von EU-Bürgern.
Initiant Stadler ist aber überzeugt, dass die Maut im Einklang mit den bilateralen Abkommen mit der EU steht. Das habe er sich vom Umweltdepartement Uvek von Bundesrat Albert Rösti versichern lassen. Dieses nahm auf Anfrage der «SonntagsZeitung» keine Stellung.
Anders beurteilt die Lage zum Beispiel der emeritierte ETH-Professor für Verkehrsplanung, Kay Axhausen. Er bezeichnet das Vorhaben gegenüber der «SonntagsZeitung» als «klar diskriminierend für Ausländer». Zudem würde die Schweiz mit einer solchen Gebühr dafür sorgen, dass sich der Verkehr auf Österreich und Frankreich verlagern würde. «Damit würde die Schweiz ihre Position in Europa stark verschlechtern.»
Dies insbesondere vor dem Hintergrund der jüngst ausgehandelten neuen Verträge mit der EU. Axhausen glaubt zudem, dass sich der Verkehr nicht wirklich reduzieren würde. Stattdessen würden einfach Schweizer noch häufiger durch den Gotthard fahren.
Die Europarechtlerin Astrid Epiney von der Uni Freiburg glaubt ebenfalls, dass eine solche Gebühr diskriminierend wäre. Aus rechtlicher Sicht allerdings wäre das Vorhaben unter Umständen im Rahmen der Möglichkeiten. Das bisherige Freizügigkeitsabkommen enthalte keine Regelung, die eine Mautgebühr für reinen Transitverkehr verbiete. Epiney konstatiert: «Politisch unfreundlich, aber je nach Auslegung kein direkter Verstoss gegen das Freizügigkeitsabkommen.»(con/watson)