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EU-Verträge: Schwierige Bewährungsprobe für Mitte-Parteichef Bregy

Bei der Frage nach einem Ständemehr für die Bilateralen III geht es für die einstige CVP um die Frage: Zukunft oder Vergangenheit?

Umfragen legen es nahe: In der Europa-Frage unterscheiden sich die Wählerschaften von FDP und Mitte kaum. In beiden Lagern befürworten gemäss dem Meinungsforschungsinstitut GFS 72 Prozent der Wählerinnen und Wähler die Bilateralen III. Die Bestätigung für diesen Wert lieferten die FDP-Delegierten vergangenen Samstag: 76 Prozent sprachen sich nach einer denkwürdigen Debatte für die EU-Verträge aus.

Sosehr sich die Geisteshaltung der beiden Parteien gleicht, so unterschiedlich finden sie zu ihren Entscheidungen. Der Freisinn befragte die Basis und schuf damit früh klare Verhältnisse. Die Mitte hingegen verfolgt eine präsidiale U-Boot-Strategie. Noch wissen nicht einmal Fraktionsmitglieder genau, wie Mitte-Präsident Philipp Matthias Bregy die Partei nächsten Mittwoch positionieren will, wenn sie ihre Vernehmlassungsantwort veröffentlicht. Alles andere als ein Ja zum bilateralen Weg wäre aber eine Überraschung.

Durchgestochen wird dafür allenthalben, dass die derzeit heissest diskutierte Frage vorerst offen bleibt: die Frage, ob es für die EU-Verträge ein Ständemehr braucht. Ein solches macht ein Ja zu den Bilateralen III deutlich unwahrscheinlicher. Der FDP-Vorstand, der das doppelte Ja anstrebte, hat diesbezüglich hoch gepokert und verloren. Die Delegierten sagten Nein zum Ständemehr. Für die Mitte-Partei wird diese Debatte noch unangenehmer, wie sich am Beispiel der Kantone illustrieren lässt.

Zehn davon sprachen sich am Freitag für ein Ständemehr aus. Es sind mit Ausnahme des Tessins die einwohnerschwächsten Kantone der Schweiz. Rund 700’000 Menschen leben darin. Weniger als zehn Prozent der gesamten Bevölkerung. Gleichzeitig sind viele davon einstige katholische Hochburgen – und damit Bastionen der Mitte-Partei.

Den Nimbus des Katholizismus will die Partei zwar nicht mehr offen zur Schau tragen, weshalb sie das C aus dem Namen strich. Schliesslich will die Partei wachsen, wo auch die Schweiz wächst: in den Zentren und Agglomerationen. Ihre Macht im Bundeshaus verdankt die Mitte aber dem ausgeprägten Minderheitenschutz im Schweizer Politsystem: dem Ständerat. In der kleinen Kammer hält die Mitte-Fraktion 15 der 46 Sitze. Diese, meist im Majorzverfahren bestimmten Ständeräte wissen, dass sie eine katholisch-konservativ gefärbte Politik vertreten müssen, um wählbar zu bleiben. Selbst wenn ihnen die wirtschaftlichen Vorzüge von stabilen Beziehungen mit der EU sehr bewusst sind. Das ist der doppelte Schutz, die der Konservativismus seit dem Ende des Sonderbundskrieg geniesst.

Für die Mitte aber ist es ein Kreuz, das diese Partei seit ihrer Neu-Erfindung zu tragen hat. Entscheidet sie sich für ihre Wählerschaften in den Zentren oder in den Bergen? Für ihre Wurzeln oder ihre Zukunft? Auch das neue Präsidium um Bregy ist sich in dieser Frage nicht einig, hört man. Nach dem unklaren Votum der Kantone wird das Zaudern wohl andauern.

Für die Befürworter der Verträge sind das keine guten Nachrichten. Diese sind, auch wenn es in der öffentlichen Debatte manchmal vergessen geht: auch innerhalb der Mitte eine Mehrheit. Die Befürworter sind so klar in der Überzahl, dass man sie nicht einem falsch verstandenen Minderheitenschutz opfern sollte.