
Der Frauenfussball braucht Platz: Der Erfolg der Nati sorgt für Boom – hier will die Politik ansetzen
Fussball ist Königin. Die Frauen-EM in der Schweiz begeistert das Land. Die Stadien und die Fanzonen sind voll. Die Nationalmannschaft hat es in den Viertelfinal geschafft und spielt am Freitag gegen die favorisierten Spanierinnen.
Er sei beeindruckt von der Leistung der Schweizerinnen, sagt Lars Guggisberg, SVP-Nationalrat und Captain des FC Nationalrats. Besonders wie das Team nach dem ersten Match, «bei dem sie Punkte verdient hätten», den Kampf angenommen habe «und mit physischem Spiel gegen Island eine starke Reaktion zeigte». Es sei sehr ansprechender Fussball, findet der Hobbyfussballer. Auf hohem technischen Niveau und fairer als beim Männerfussball.
«Das sind friedliche Fussballfeste»
Auch Corina Gredig, Captain des FC Helvetia, der Frauenmannschaft des Parlaments, ist begeistert von der Nati. «Gerade nach den schwachen Spielen vor dem Turnier ist es umso schöner und eindrücklicher, wie sich das Team präsentiert. Das hat die Euphorie entfacht», sagt die GLP-Nationalrätin. Gredig hat viele Spiele der EM verfolgt und ist insgesamt überzeugt von der spielerischen Qualität der Teams: «Es gibt noch immer ein gewisses Gefälle. Aber es ist viel kleiner geworden.»
Mit grosser Freude haben die beiden Politiker unterschiedlicher Couleur wahrgenommen, dass der Funke auch abseits des Platzes gesprungen ist. Das öffentliche Interesse ist gross, der Frauenfussball steht im Fokus. «Genau das hatte ich mir erhofft», sagt Corina Gredig, «dank den guten Leistungen der Nati hat es geklappt». Und auch Lars Guggisberg ist «positiv überrascht», wie sich die EM-Euphorie im Land ausgebreitet habe, es seien «friedliche Fussballfeste».
«Allem Anfang wohnt ein Zauber inne», zitiert Gredig Hermann Hesse und freut sich über den Schub für den Frauenfussball. Viele Schweizerinnen und Schweizer kämen zum ersten Mal in Berührung mit dem Sport und dieser positive Grundvibe müsse mitgenommen werden. Auch Guggisberg betont, es gelte, «den Schwung mitzunehmen».
Es braucht mehr Plätze
Beide sind überzeugt, dass nun Mädchenfussball einen Boom erfahren werde. Dafür brauche es nicht unbedingt mehr Geld, sondern vor allem eins: mehr Fussballplätze, finden Gredig und Guggisberg. Was beide in den Fokus stellen, sind die Platzverhältnisse. Viele Fussballvereine kommen schon heute an ihre Kapazitätsgrenzen. Die wenigen Rasenplätze sind oft bereits übernutzt und bis Kunstrasenplätze realisiert sind, dauert es oft mehrere Jahre.
Abhilfe schaffen soll nun ein neuer Leitfaden, der vom Schweizerischen Fussballverband (SFV) in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft Schweizerischer Sportämter (ASSA) entwickelt wurde. Bei Letzterem ist Gredig Generalsekretärin. Darin soll den Gemeinden aufgezeigt werden, wie sie die bestehende Infrastruktur besser nutzen können. «Auch Rasenflächen von Schulhäusern sollen gezielt genutzt werden», nennt Gredig als Beispiel. Es brauche kurzfristig umsetzbare Massnahmen, ansonsten drohe die positive Wirkung der EM zu verpuffen.
Guggisberg will ebenfalls bei der Infrastruktur ansetzen. Er sehe es beim Verein in seiner Wohngemeinde, wo seit längerem ein Kunstrasenfeld geplant werde. «Die Politik muss nicht immer mit Geld helfen, aber dafür sorgen, dass solche Projekte realisiert werden können», sagt der Stürmer des FC Nationalrats. Und auch die Freiwilligenarbeit müsse gepflegt werden – sonst drohten vielerorts die Trainer auszugehen.
Frauenfussball soll im Rampenlicht bleiben
Für die Mittelfeldspielerin Gredig ist noch etwas anderes entscheidend: Der mediale Fokus dürfe nicht verschwinden. «Die Medien haben viel dazu beigetragen, dass die EM so im Zentrum steht», sagt die Zürcherin. «Es wäre schade, wenn es nach dem Abpfiff des Finals am 27. Juli gleich wieder viel weniger Frauenfussball am Fernsehen, Radio und in den Zeitungen gäbe.» Gerade die Schweizer Frauenliga müsse professionalisiert werden und solle stärker ins Rampenlicht gerückt werden – dazu gehöre auch, dass die Spiele vermehrt in den grossen Stadien stattfinden können und live übertragen werden.
Der beste Schub für den Frauenfussball in der Schweiz wäre aber ein neuerliches «Wunder von Bern» – ein Sieg gegen die Spanierinnen. Guggisberg und Gredig geben sich als patriotische Optimisten. «Die Schweiz gewinnt 1 zu 0», hofft Guggisberg. Und Gredig orakelt: «Wir gewinnen im Penaltyschiessen nach einem 3 zu 3. Livia Peng hält den Penalty von Putellas.»