
Falsche Ärztin in Königsfelden? Staatsanwaltschaft ermittelt
Während dreieinhalb Jahren hat eine Ärztin an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Psychiatrischen Dienste Aargau (PDAG) Patientinnen und Patienten behandelt. Dann, im Sommer 2025, wurde sie freigestellt. Wie «SRF Investigativ» am Freitag publik machte, hatte die Medizinalberufekommission (Mebeko) im Juli den Eintrag im Medizinalberuferegister (Medreg) widerrufen. Ohne Eintrag in diesem Register darf man in der Schweiz nicht als Ärztin oder Arzt tätig sein.
Anonyme Schreiben an mehrere Behörden hatten den Fall ins Rollen gebracht. Darin wurde der 40-jährigen Frau Urkundenfälschung vorgeworfen. Sie habe Marketing studiert, nicht Medizin. Die Kommission ging den Hinweisen nach und kam – anders als im August 2021, als sie das russische Arztdiplom der Frau anerkannt hatte – offenbar zum Schluss, dass Zweifel an der Echtheit bestehen. Die Kommission rechtfertigt sich gegenüber SRF damit, dass man pro Jahr eine grosse Zahl von ausländischen Diplomen prüfe.
Die Frau selbst spricht auf Anfrage von SRF von einem «Missverständnis». Natürlich sei sie Ärztin. Sie sei daran, Beweise für die Echtheit ihres Abschlusses in Humanmedizin zu beschaffen.
Staatsanwaltschaft hat noch kein Verfahren eröffnet
Der Fall beschäftigt auch die Strafverfolgungsbehörden. Das Departement Gesundheit und Soziales (DGS) reichte am 15. August 2025 Strafanzeige gegen die Frau ein. «Die Medizinalberufekommission hat das Departement am 21. Juli 2025 über den Widerruf seiner Verfügungen betreffend Registrierung des Diploms informiert», teilt die Abteilung Gesundheit auf Anfrage mit. Zudem sei am 11. August 2025 ein anonymes Schreiben eingegangen.
Das Departement gehe allen Hinweisen und Anzeigen nach, die seinen Aufsichtsbereich betreffen und reiche stets Strafanzeige ein, wenn Patientinnen und Patienten gefährdet seien. Die Abteilung Gesundheit betont, dass solche Hinweise «äusserst selten» seien. «In den letzten fünf Jahren waren es zwei.»
Die Staatsanwaltschaft könne zum Fall nur bedingt Auskunft geben, schreibt Mediensprecher Adrian Schuler. Derzeit sei noch kein Verfahren eröffnet worden. «Die Angelegenheit befindet sich erst im Anfangsstadium und eine juristische Einschätzung ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich.» Die Staatsanwaltschaft werde den Verdachtsmomenten aber «selbstverständlich nachgehen». Für die Frau gilt bis zu einer allfälligen rechtskräftigen Verurteilung die Unschuldsvermutung.
Bei Abklärungen dieser Art, die «glücklicherweise sehr selten» seien, gehe die Staatsanwaltschaft «besonders sensibel» vor, schreibt Schuler weiter. «Einerseits, um Vorverurteilungen zu vermeiden, andererseits, um im Falle erhärteter Verdachtsmomente rasch mögliche Risiken zu minimieren.»
Keine Gefährdung für Patienten
Die PDAG halten gegenüber SRF fest, sie hätten die Frau gestützt auf den Eintrag im Medizinalberuferegister eingestellt. Das Bewerbungsdossier sei in keiner Weise auffällig gewesen. Weiter versichert die Klinik, dass Patientinnen und Patienten nie gefährdet gewesen seien. Assistenzärzte würden «stets unter Anleitung und enger Supervision» von erfahrenen Fachärztinnen arbeiten.
Die Patientinnen und Patienten, die noch bei der Frau in Behandlung waren, seien informiert worden, dass die Ärztin nicht mehr bei den PDAG tätig sei. Aus persönlichkeitsrechtlichen Gründen habe man «allerdings nicht ins Detail» gehen können. Aktuelle und ehemalige Patientinnen können sich gemäss SRF direkt bei den PDAG oder bei der Abteilung Gesundheit des Departements Gesundheit und Soziales melden.
Es ist nicht der erste Fall einer mutmasslich «falschen Ärztin», der im Aargau für Schlagzeilen sorgt. 2023 ermittelte die Staatsanwaltschaft Muri-Bremgarten gegen eine damals 43-jährige Osteuropäerin. Sie wurde 2022 in Waldshut-Tiengen als Assistenzärztin angestellt. Bald zeigte sich, dass ihre medizinischen Kenntnisse höchst mangelhaft waren. Sie wurde entlassen. Später zeigte das Spital die Frau an.
Andere falsche Ärztin rechtskräftig verurteilt
Aber diese liess sich davon offenbar nicht beirren und bewarb sich in der Schweiz. Mit Erfolg: Sie erhielt eine Stelle in einem Stadtzürcher Pflegeheim. Allerdings als Pflegehelferin und nicht als Ärztin. Doch auch dieses Arbeitsverhältnis endete früher als geplant, nachdem die Verantwortlichen von der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich über die Vorgeschichte der Frau informiert worden waren.
Im Aargau wurden die Behörden – wie im aktuellen Fall – von der Medizinalberufekommission auf die «falsche Ärztin» aufmerksam gemacht. Sie wollte ihre Urkunden und Diplome bei der Kommission einreichen. Diese stellte aber Ungereimtheiten fest und meldete die Frau der Staatsanwaltschaft.
Das Verfahren ist inzwischen abgeschlossen, wie der «Tages-Anzeiger» berichtete. Die Frau wurde 2023 per Strafbefehl wegen mehrfacher Urkundenfälschung und Erschleichung einer falschen Beurkundung zu einer bedingten Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 80 Franken verurteilt. Zudem musste sie eine Busse von 2000 Franken und 1200 Franken für den Strafbefehl bezahlen.