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Needle-Spiking: So reagieren die Festival- und Clubbetreiber im Aargau auf Spritzenangriffe im Nachtleben

In Frankreich, Deutschland und Grossbritannien schrecken Berichte über K.o.-Tropfen-Angriffe mit Spritzen auf – das Phänomen ist auch im Aargau bekannt. Zwei Clubbesitzer und ein Festivalbetreiber geben Auskunft darüber, welche Massnahmen sie jetzt treffen.

Grossbritannien, Deutschland, Frankreich: In immer mehr Ländern kam es in den vergangenen Wochen zu Berichten über das sogenannte «Needle-Spiking»; Übergriffe, bei denen Kriminelle ihren Opfern ohne deren Wissen K.o.-Substanzen spritzen. Die Tatorte? Vor allem Clubs und Festivals. Orte, wo die Menschenmenge dicht, die Sicht schlecht und der Alkoholpegel hoch ist.

«Needle-Spiking bereitet uns Sorgen», sagt Clubbetreiber Michael Ganz.
Bild: Alex Spichale

Doch nicht nur im Ausland macht man sich Gedanken über das neue Phänomen, auch im Aargau beschäftigen sich Club- und Festivalbetreiber damit. «Ich war sehr erschrocken, als ich zum ersten Mal davon gehört habe. Jetzt machen wir uns natürlich auch Gedanken», erzählt etwa Christoph Bill vom Heitere-Open-Air in Zofingen. Ähnlich geht es Michael Ganz vom Boiler-Club in Aarau: «Wir behalten das momentan im Auge», sagt er.

Vorfälle hat es allerdings im Aargau noch keine gegeben. «Diese Kriminalitätsform ist bei uns bislang kein Thema», schreibt Polizeisprecher Bernhard Graser in einer Stellungnahme. Allerdings schreibt er auch: «Erfahrungsgemäss tauchen neue Phänomene in der Partyszene meist zuerst in Grossstädten auf.»

Dazu kommt, dass es auch in den bisher bekannten Fällen im Ausland noch zu sehr wenigen Anzeigen und keiner einzigen Verurteilung gekommen ist. Das überrascht Maik Strassl, den Betreiber des Clubs Nordportal in Baden, nicht: «So eine Einstichstelle erkennt man nicht einfach so, Needle-Spiking festzustellen, dürfte ziemlich schwierig sein.»

Bei Verdacht auf Needle-Spiking sofort ins Spital

Das Kantonsspital Aarau fordert auf Anfrage alle Betroffenen auf, sich sofort im Spital zu melden, wenn ein Verdacht auf Needle-Spiking besteht. Denn im Spital können in den ersten Stunden nach dem Übergriff die K.o.-Substanzen noch im Blut oder Urin nachgewiesen werden. Ausserdem könnten Betroffene eine Anzeige einreichen und, falls nötig, ärztlich behandelt werden.

Das ist wichtig, weil die Substanzen, die beim Needle-Spiking verabreicht werden, nicht nur eine «narkoseähnliche Bewusstlosigkeit» verursachen, sondern auch zu Organschäden an Leber oder Nieren führen können, wie Ulrich Bürgi, Chefarzt Notfallmedizin des Kantonsspitals Aarau (KSA), erklärt. Werden beispielsweise K.o.-Substanzen beim Needle-Spiking in einer Überdosierung verabreicht, können diese im schlimmsten Fall zum Tod führen, so Bürgi.

Was tun während des Festivalsommers?

Sowohl der Boiler-Club und das Nordportal als auch das Heitere-Open-Air haben jeweils Personal, welches auf das Thema K.o.-Substanzen sensibilisiert ist. Am Heitere können sich Betroffene beispielsweise beim Sicherheitspersonal oder den Infoständen melden. Im Notfall rufen die Club- und Festivalbetreibenden einen Krankenwagen. «Weil wir selbst nicht feststellen können, ob tatsächlich K.o.-Substanzen im Spiel sind, ist das nötig», so Nordportal-Betreiber Maik Strassl.

«Können wenig gegen Needle-Spiking tun»: Christoph Bill vom Heitere-Open-Air.
Alexandra Wey

Needle-Spiking-Attacken von Anfang zu verhindern, ist indes schwierig – darin sind sich alle Veranstalter einig. «Eine Spritze kann man immer irgendwie auf ein Festivalgelände schmuggeln, selbst viel genauere Eingangskontrollen würden also keine absolute Sicherheit bieten», sagt etwa Christoph Bill vom Heitere-Open-Air. Dazu kommt: «Die Gäste hätten kein Verständnis, wenn sie wegen der Kontrolle länger warten müssten.» Zu sehen, wenn jemand mit einer Spritze unterwegs ist, und dann zu reagieren, sei ebenfalls schwierig, fügt Maik Strassl hinzu: «Bei so vielen Menschen ist das fast unmöglich, auch wenn wir Sicherheitspersonal einsetzen.»

Tipps, wie man sich vor Needle-Spiking-Angriffen schützen kann, haben weder Veranstalter noch Polizei. Allerdings: Wenig Alkohol trinken hilft, damit der Einstich immerhin bemerkt wird. «Der Stich mit einer Nadel schmerzt und ist immer spürbar», so KSA-Notfallchefarzt Bürgi. Mögliche Ausnahme: wenn die Betroffenen stark betrunken sind. Dann ist es möglich, dass der Stich – falls überhaupt – nur verschwommen wahrgenommen oder wieder vergessen wird. Zu «Alkohol nur im Mass» rät auch Bernhard Graser, Sprecher der Kantonspolizei Aargau.