
Freispruch trotz Zweifeln: Autofahrerin sah sich mit Vorwurf der Führerflucht konfrontiert
Die Autofahrerin soll in Oftringen einen 11-jährigen Velofahrer am Knie verletzt und danach Führerflucht begangen haben – so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Zudem soll sie den Verkehrsregeln ungenügend Aufmerksamkeit geschenkt haben. Kürzlich musste sich eine 57-Jährige aus der Region deshalb vor dem Bezirksgericht Zofingen verantworten. Die Privatklägerschaft blieb der Verhandlung unentschuldigt fern, sie wurde dennoch geführt.
Drei Kinder auf dem Trottoir
Der Vorfall ereignete sich Ende Oktober 2023 in Oftringen hinter dem «You». Die Frau fuhr mit ihrem Auto von der Flurstrasse in Richtung Nordstrasse und habe sich dabei im Schritttempo vorgetastet, wie sie vor Gericht schildert. Auf dem Trottoir seien drei Kinder in Doppelkolonne mit ihren Velos unterwegs gewesen – laut der Beschuldigten beides nicht erlaubt. Eine Kollision habe es nicht gegeben, sagt sie vor Gericht. Die Kinder hätten angehalten, mit ihr gesprochen und versichert, dass alles in Ordnung sei. Danach seien sie zur Schule weitergefahren.
Später am Tag erhielt sie einen Anruf der Polizei, weil diese das Nummernschild der Beschuldigten gefunden hatte. Wie sie sich das erklären könne, will Gerichtspräsident Andreas Zürcher von ihr wissen. Sie entgegnet: «Vermutlich hat eines der Kinder es weggenommen.» Für Zürcher eine wenig glaubwürdige Darstellung, wie er am Ende der Verhandlung im Rahmen der Urteilsverkündigung zugab. Schliesslich hätten sich am Fahrzeug auch ein frischer Kratzer und eine Delle am Schildhalter gefunden.
Verteidigung fordert Freispruch
Der ursprüngliche Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zofingen-Kulm sah eine bedingte Geldstrafe von 1600 Franken, eine Busse von 500 Franken und einen Eintrag ins Strafregister vor.
Der Anwalt der Beschuldigten forderte aber einen vollumfänglichen Freispruch. Der betroffene Bub sei im März 2024 wegen Fahrens auf dem Trottoir verurteilt worden. Im aktuellen Fall seien die Kinder zudem in falscher Richtung gefahren, die Sicht sei stark eingeschränkt gewesen. Es gebe keinen klaren Beweis für eine Verletzung, ein Sturz habe gemäss Zeugenaussage nicht stattgefunden. Die Lenkerin habe sich umsichtig verhalten und sich nach dem Befinden erkundigt.
Dem gegenüber steht die Anklage, die ihr genau das abspricht: Laut Strafbefehl habe sich die Lenkerin nicht nach dem Zustand der Kinder erkundigt und den Unfallort verlassen, ohne ihre Angaben zu hinterlassen. Zudem wird darin festgehalten, dass der Bub eine Prellung am Knie erlitten habe.
Gericht folgt der Verteidigung
Nach 15 Minuten Beratung sprach das Gericht die Frau in allen Punkten frei. Gerichtspräsident Andreas Zürcher machte allerdings keinen Hehl aus seiner Skepsis: «Ich glaube Ihnen nicht alles», sagt er. Die Behauptung, Kinder hätten das Nummernschild abgerissen, sei «jenseits von Gut und Böse». Dennoch: Der Vorfall sei unklar, «dumm passiert» – das Gericht sah darum keine Grundlage für eine Bestrafung.