
Ein Mann soll seine Freundin mehrfach vergewaltigt haben: Darum wird das Verfahren wieder aufgenommen
Mit seinem Urteil hat das Obergericht die Staatsanwaltschaft Rheinfelden-Laufenburg zünftig in die Schranken gewiesen. Die Einstellung des Strafverfahrens gegen einen Mann, der von seiner früheren Freundin der mehrfachen Vergewaltigung und sexuellen Nötigung beschuldigt wird, wird aufgehoben. Nun müssen die Ermittlungen neu aufgerollt werden.
Dabei wiegen die Vorwürfe schwer: Zwischen November 2023 und Februar 2024 soll es laut Aussage der Frau zu mehreren sexuellen Übergriffen gekommen sein – teils gegen ihren ausdrücklichen Willen, teils entgegen ihrer klar kommunizierten Ablehnung von ungeschütztem Geschlechtsverkehr. Dennoch stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein – mit der Begründung, es habe weder Gewalt im strafrechtlichen Sinne noch ausreichende Beweise gegeben.
Dagegen erhob die Frau Beschwerde – mit Erfolg. Wie das Obergericht in seinem kürzlich veröffentlichten Entscheid schreibt, stellte es eine Verletzung ihrer Teilnahmerechte fest. Das heisst: Die Frau soll keine Möglichkeit gehabt haben, an der Einvernahme des Beschuldigten vom 6. Mai 2024 teilzunehmen oder Ergänzungsfragen zu stellen. Dieses Recht hätte ihr laut Gericht gewährt werden müssen. Die Staatsanwaltschaft hatte sich in ihrer Einstellungsverfügung jedoch unter anderem auf Aussagen des Beschuldigten gestützt.
Frau hielt Hose und Gürtel zu
Im Urteil werden verschiedene Vorfälle geschildert, in denen die Frau sich gegen sexuelle Handlungen körperlich und verbal gewehrt haben soll. Im Fall vom 22. Dezember 2023 beispielsweise habe sie ihrem damaligen Freund erklärt, ihre Menstruation zu haben und deshalb nicht mit dem Beschuldigten schlafen zu wollen. Trotzdem sei es zu ungeschütztem Sex gekommen, wobei der Tampon in ihr verblieben sei. Der Beschuldigte habe geäussert, der Tampon reiche als Barriere.
Am 25. November 2023 habe sie sexuelle Handlungen abgelehnt, nachdem sie Küsse und das Ausziehen des Oberteils noch akzeptiert habe. Sie habe ihre Hose und den Gürtel zugehalten, dennoch habe der Beschuldigte es geschafft, die Hand an ihre Geschlechtsteile zu legen.
Auch am 26. Dezember 2023 sei es zu längerer Gegenwehr gekommen. Die Beschwerdeführerin habe sich nach eigenen Angaben rund 15 Minuten körperlich gegen den Geschlechtsverkehr gewehrt, bis sie keine Kraft mehr gehabt habe. Der Beschuldigte habe sie an den Armen festgehalten und in eine Position gebracht, aus der sie sich nicht mehr habe befreien können. Sämtliche Vorfälle sollen noch vor der Trennung des Paars im Februar 2024 stattgefunden haben.
Staatsanwaltschaft sieht keine Gewalt im strafrechtlichen Sinne
Die Staatsanwaltschaft argumentierte in ihrer Einstellungsverfügung, es habe keine Gewalt im strafrechtlichen Sinne und keine Zwangssituation vorgelegen, in der der Beschwerdeführerin keine Selbstschutzmöglichkeiten mehr zur Verfügung gestanden hätten. Will heissen: Die Frau hätte sich wohl ohne viel Aufwand gegen ihren damaligen Freund wehren können.
Das Obergericht kam zu einem anderen Schluss: Die Beschwerdeführerin habe mehrfach erklärt, sich physisch gewehrt zu haben. Der Beschuldigte habe sich über ihren erklärten Willen hinweggesetzt. Diese Aussagen genügten, um ein strafrechtlich relevantes Verhalten nicht auszuschliessen.
Die Beschwerde der Frau wird damit gutgeheissen. Das Verfahren wird an die Staatsanwaltschaft Rheinfelden-Laufenburg zurückgewiesen, welche die Einvernahme des Beschuldigten unter Wahrung der Parteirechte erneut durchführen und die Sache neu beurteilen muss. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens übernimmt die Staatskasse.
SBK.2025.36