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Europäischer Gerichtshof gibt grünes Licht für Gründung einer Super League

Eine Milliarden-Liga mit Klubs aus ganz Europa? Uefa und Fifa wollten das verhindern. Doch dies widerspricht dem europäischen Wettbewerbsrecht. Was bedeutet das für die Champions League?

Deftige Niederlage für die mächtigen Verbände, süsser Sieg für die Abtrünnigen: Der Gründung einer Super League steht wettbewerbsrechtlich nichts im Wege. Statt der erwarteten Vollbremsung sorgte der Europäische Gerichtshof für vorerst freie Fahrt beim umstrittenen Milliardenprojekt, das nun keine Sanktionen fürchten müsste. Die höchste europäische Instanz stufte in ihrem Urteil die Monopolstellung der Europäischen Fussball-Union (Uefa) sowie des Weltverbandes Fifa als nicht vereinbar mit europäischem Recht ein.

Damit wäre nach 17-monatigem Verfahren in dieser Hinsicht der Weg für den Start der Super League frei. Der EuGH stellt einen «Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung» durch Uefa und Fifa fest. «Wir haben das Recht auf Wettbewerb gewonnen. Das Uefa-Monopol ist beendet», sagte Geschäftsführer Bernd Reichert von der klagenden Sportmarketingagentur A22: «Der Fussball ist frei. Die Vereine müssen keine Sanktionen mehr fürchten und können ihre Zukunft nun selbst bestimmen.»

Spieler dürften in einer Super League spielen und trotzdem an EM oder WM teilnehmen

Das Urteil steht im Gegensatz zum Schlussantrag von Generalanwalt Athanasios Rantos. Dieser hatte beinhaltet, dass die Super League um ihre hinter A22 vereinten Befürworter Real Madrid und FC Barcelona den eigenen Betrieb grundsätzlich starten dürfe, aber keine gleichzeitige Teilnahme an den Wettbewerben der Verbände ohne deren Zustimmung einfordern könne. Diesen zweiten Teil kippten die 15 Richter der Grossen Kammer am Donnerstag und machten den Treibern Hoffnung.

Real-Präsident Florentino Perez ist eine der treibenden Kräfte einer europäischen Super League. Wirklich zustande kommen dürfte die Liga trotzdem nicht. Dafür ist der Widerstand in England, Deutschland und Frankreich zu gross.
Emilio Naranjo / EPA

Einer Genehmigung neuer Wettbewerbe durch die beiden Verbände bedürfe es nicht. Demnach sei die Androhung von Sanktionen bis hin zum Wettbewerbsausschluss vonseiten der Uefa oder Fifa nicht rechtskonform. Dies wäre qua Urteil von den mächtigen Verbänden ein Missbrauch der Monopolstellung im Sinne des Wettbewerbsrechts. Ein Ausschluss von Spieler von Real Madrid oder Barcelona für EM oder WM? Damit unmöglich! Die Position der Verbände wurde geschwächt.

Kommt jetzt die Super League? Darum ist es trotzdem fraglich

Ob die Super League nach der Rechtssache C-333/21 tatsächlich zustande kommt, ist dennoch weiter völlig offen. Das ursprünglich angedachte System haben die Befürworter nach dem krachenden Scheitern im April 2021 schonmal vorsorglich angepasst. «An die Fans: Unser Vorschlag sieht vor, dass alle Spiele der Super League kostenlos gezeigt werden», sagte Reichert und fügte mit Blick auf die Vereine hinzu: «Einnahmen und Solidaritätszahlungen werden garantiert. »

Statt in einer geschlossenen Liga sollen 60 bis 80 Klubs in mehreren Spielklassen mit Auf- und Abstieg antreten, statt dauerhafter Mitglieder sei ein offener Zugang über die nationalen Ligen angedacht.

Karl-Heinz Rummenigge glaubt als Vertreter der Europäischen Klubvereinigung ECA im Uefa-Exekutivkomitee aber nicht an eine Umsetzung. Das positive Urteil für die Super League werde «nicht weit führen», hatte der 68-Jährige im Vorfeld gesagt: «Vor 30 Jahren hätte das System die Neuerung begrüsst, heute ist es anders. Die Engländer, Deutschen und Franzosen würden niemals mitmachen.»

Folgt bald die nächste Klage?

Ohnehin dürften nun in anderen Bereichen Rechtsfragen zu klären sein, die Uefa zu einem juristischen Gegenschlag ausholen. Auch der rechtliche Begriff der «Wertschöpfung» spiele eine Rolle. Der Rechtsspruch werde deshalb definitiv «erst einmal nicht dazu führen, dass es eine Befriedung zwischen Uefa und Super League gibt: Nach dem Urteil ist vor dem nächsten Streit», mutmasste Sport- und Kartellrechtsexperte Martin Stopper.

Das letzte Wort dürfte also noch nicht gesprochen sein. (sid)