
Hygienezeugnis für Aargauer Restaurants? Grossrat lanciert neuen Vorschlag im Kampf gegen Grüselbeizen
Im letzten Jahrhat das Amt für Verbraucherschutz insgesamt 3140 Lebensmittelbetriebe kontrolliert. Die grosse Mehrheit der Betriebe erhielt eine gute Beurteilung – doch es gab auch 22 Fälle, bei denen eine Strafanzeige eingereicht wurde. Dies geschieht bei gewichtigen oder wiederholten Widerhandlungen gegen die Vorschriften, wie es im Jahresbericht des Amtes heisst. Welche Betriebe dies sind, darf aufgrund gesetzlicher Vorgaben nicht offengelegt werden,was in der Vergangenheit von Konsumentenschützern wiederholt kritisiert wurde.
Das stört auch Daniele Mezzi, wie ein kürzlich eingereichter Vorstoss des Mitte-Grossrats zeigt. Mezzi verlangt darin mehr Transparenz bei Hygienemängeln in Gastronomiebetrieben und schreibt, bisher bleibe die Öffentlichkeit über die Identität fehlbarer Lokale weitgehend im Unklaren. Dies führe bei der Bevölkerung zu Verunsicherung, zudem könne ein pauschales Misstrauen «gegen den überwiegenden Anteil an unbescholtenen Gastronomiebetrieben» entstehen.
Namen von Betrieben mit wiederholten Hygienemängeln nicht zu veröffentlichen, steht aus seiner Sicht «im Widerspruch zum öffentlichen Interesse an Transparenz und Sicherheit». Ein System zur freiwilligen oder verpflichtenden Veröffentlichung von Hygienebeurteilungen könnte hingegen die Lebensmittelsicherheit fördern und das Vertrauen in das Kontrollwesen stärken. Dies sei in anderen Ländern gängige Praxis, schreibt Mezzi in seiner Interpellation.
Hygienezeugnis im Kanton Zug seit 2009

Bild: Severin Bigler
Auch ein Nachbarkanton kennt ein ähnliches System: Zug hat im Jahr 2009 ein sogenanntes Hygienezeugnis eingeführt. Dies sei ein Schritt auf dem Weg zu mehr Transparenz und habe einen messbaren Erfolg gebracht, hält Mezzi fest. Das Zeugnis für Lebensmittelbetriebe im Kanton Zug enthält Noten von «ungenügend» bis «sehr gut». Wirte, Bäckerinnen, Metzger und Take-away-Betreiberinnen können selber entscheiden, ob sie das Zeugnis aufhängen und den Gästen zeigen.
Nach fünf Jahren vermeldete das Amt für Verbraucherschutz gegenüber dieser Zeitung einen Erfolg:Die Zahl der ungenügenden Zeugnisse ging im Kanton Zug um mehr als die Hälfte zurück.Gleichzeitig wurden so viele Betriebe mit «sehr gut» bewertet wie noch nie. Im Februar 2020 zog der«K-Tipp»eine ähnlich positive Bilanz. Demnach schnitten in Zug über 80 Prozent aller kontrollierten Betriebe mit «gut» oder «sehr gut» ab. 15 Prozent waren «genügend», nur 1,4 Prozent «ungenügend».
Aargauer Regierung soll Gesetzesänderung prüfen
Die Zahl der Grüselbeizen, die einen amtlichen Verweis erhielten, sank gemäss «K-Tipp» unmittelbar nach Einführung des Hygienezeugnisses auf die Hälfte. Deshalb will Daniele Mezzi wissen, wie der Aargauer Regierungsrat zur Einführung eines Modells wie im Kanton Zug steht, bei dem Betriebe ihre Hygienezeugnisse freiwillig offenlegen können. Zudem fragt er nach rechtlichen Möglichkeiten, um mehr Transparenz zu schaffen, ohne die Rechte der Betriebe unangemessen zu beeinträchtigen.
Mezzi will auch wissen, wie die Kantonsregierung die aktuelle Regelung sieht, die eine Veröffentlichung der Gastronomiebetriebe mit erheblichen Hygienemängeln untersagt. Und er regt an, der Regierungsrat solle sich auf kantonaler oder nationaler Ebene für eine Gesetzesänderung einzusetzen, um die Ergebnisse von Lebensmittelkontrollen zu publizieren. So möchte er das Vertrauen der Bevölkerung in Lebensmittelsicherheit und Kontrollmechanismen stärken.
Vor dem Mitte-Grossrat hatte sich schon eine SP-Nationalrätin für mehr Transparenz nach Lebensmittelkontrollen eingesetzt. «Krass, dass wir die Namen von unhygienischen Läden und Grüselbeizen nicht wissen dürfen»,schrieb Gabriela Suter im Februar in den sozialen Medien.Die Sozialdemokratin schlug ein Smiley-System vor, wie sie es in England und Wales in den Ferien angetroffen habe. An der Türe oder von Restaurants zeige ein Kleber mit Noten von 1 bis 5 den Hygiene-Befund.