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Überraschung: Die Sozialausgaben gingen 2022 in der Schweiz deutlich zurück

Wer an die Diskussionen über AHV-Renten, Prämienverbilligungen und Familienzulagen denkt, hat das Gefühl, dass die Ausgaben für Sozialleistungen stetig steigen. Doch das stimmt nicht so absolut: Sie haben zuletzt um 2 Prozent abgenommen. 

Die Schweiz wendete für Sozialleistungen 2022 rund 208 Milliarden Franken auf. Das klingt nach viel. Doch die Ausgaben sind rückläufig. 2021 gab die Schweiz noch 4,2 Milliarden Franken mehr aus, das entspricht einem Rückgang von zwei Prozent, wie das Bundesamt für Statistik mitteilt. Damit reiht sich die Schweiz in einen europaweiten Trend ein, die Sozialausgaben sanken im Median um 3,5 Prozent.

Ursache sind nicht etwa die Sparschrauben, die überall angezogen wurden. Der Rückgang an Sozialleistungen hat durchaus auch positive Gründe. So hat sich die Wirtschaft nach der Coronapandemie erholt: Nachdem 2020 die Sozialausgaben einen vorläufigen Höhepunkt erreicht hatten, sinken die Sozialleistungen gerade für Arbeitslose massiv. Laut den Statistikern des Bundes verringerten sich die Ausgaben in diesem Bereich infolge des Rückgangs bei den Kurzarbeitsentschädigungen und Corona-Erwerbsausfallentschädigungen um 7,4 Milliarden Franken.

Der weniger schöne Grund liegt im allgemeinen Preisanstieg für Energie und Lebensmittel, hervorgerufen durch den Ukrainekrieg. Die Teuerung schmälerte «den Realwert der an die Haushalte gezahlten Sozialleistungen», wie das BFS schreibt. Besonders betroffen waren osteuropäische Länder mit zweistelligen Inflationsraten.

Im Unterschied zu anderen europäischen Ländern, in denen die Sozialausgaben auch im Gesundheitsbereich sanken, lässt sich dies in der Schweiz nicht feststellen. Gegenüber 2021 nahmen diese um 2,1 Milliarden Franken zu, plus 3,2 Prozent. Das BFS führt dies vor allem auf die höheren Prämienverbilligungen und die zunehmenden krankheitsbedingten Absenzen am Arbeitsplatz zurück.

Tiefere Sozialausgaben: Ein kurzfristiger Trend

Dass der rückläufige Trend anhält, ist allerdings nicht zu erwarten. 2022 waren die Sozialausgaben immer noch 6,7 Prozent höher als vor Corona. Ausschlaggebend dafür ist auch die Migration, wie das BFS schreibt. Flüchtlinge aus der Ukraine und anderen Regionen der Welt beanspruchen zunehmend Leistungen den Kategorien Wohnen (plus 4,3 Prozent) sowie soziale Ausgrenzung (plus 10,5 Prozent). Allerdings belaufen sich die Kosten in diesen zwei Bereichen auf nur gerade 3,5 Prozent der gesamten Sozialausgaben.

Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern fallen die Sozialausgaben pro Kopf in der Schweiz hoch aus: Es sind dies 23’800 Franken pro Kopf und Jahr. Bereinigt nach Kaufkraft waren es in Österreich 23’600 Franken, in Deutschland 23’000 Franken und in Dänemark 22’500 Franken pro Kopf. Im europäischen Schnitt waren es 14’000 Franken. Gemessen am BIP sind die Sozialleistungen der Schweiz hoch, sie liegen bei 26,6 Prozent. Allerdings geben unsere Nachbarländer deutlich mehr aus. In Frankreich belaufen sich die Sozialausgaben auf 32,2 Prozent des BIP, in Österreich sind es 29,7 Prozent, in Italien 29,6 und in Deutschland 29,2 Prozent.