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Immer weniger Hausärztinnen im Aargau: Können Pflegeexpertinnen das Problem entschärfen?

FDP-Grossrat Tobias Hottiger will Hausärztinnen und Hausärzte im Aargau entlasten. In einer Motion verlangt er, dass die Regierung beim Bundesamt für Gesundheit ein Gesuch für ein Pilotprojekt einreicht, um den Einsatz von Advanced Practice Nurses zu erproben. 

Advanced Practice Nurses, kurz APN, sind Pflegeexperten. Sie haben einen Masterabschluss in Pflegewissenschaften und verfügen über mehrere Jahre Berufserfahrung. Solche Pflegeexpertinnen können zwar keinen Arzt ersetzen, aber sie können ihn entlasten.

FDP-Grossrat und Gesundheitspolitiker Tobias Hottiger möchte, dass der Kanton Aargau den Einsatz solcher Pflegeexperten erprobt. Am Dienstag hat er im Grossen Rat eine Motion eingereicht, die verlangt, dass der Regierungsrat beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) ein Gesuch für ein Pilotprojekt einreicht.

FDP-Grossrat Tobias Hottiger.
Bild: Beni Basler

Seit Anfang Jahr gibt es im Krankenversicherungsgesetz nämlich einen «Experimentierartikel», der besagt, dass das BAG Pilotprojekte bewilligen kann, um neue Modelle zur Eindämmung der Kostenentwicklung, zur Stärkung der Qualität oder zur Förderung der Digitalisierung zu erproben.

Die Politik sei gefordert, Wege zu finden, um mehr Ressourcen in der medizinischen Grundversorgung zu schaffen, sagt Hottiger. Denn im Aargau bestehe – insbesondere in ländlichen Regionen – ein Hausärztemangel. Laut des kantonalen Gesundheitsversorgungsberichts 2020 beträgt die Hausärztedichte im Aargau im Durchschnitt 0,63 pro tausend Einwohnerinnen und Einwohner. Der Bezirk Muri bildet mit einer Hausärztedichte von 0,42 das Schlusslicht.

Pflegeexperten könnten Hausbesuche machen

Einen Weg, die Grundversorgung zu stärken und so nachgelagert auch Notfallstationen zu entlasten, sieht Tobias Hottiger im Einsatz von Pflegeexperten. Diese könnten ausgewählte Patienten mit chronischen Erkrankungen betreuen oder Heim- und Hausbesuche durchführen. «Eine APN ist nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung zu einem Arzt einzustufen», betont Hottiger.

Dass Arztpraxen und Pflegeheime heute zurückhaltend sind, wenn es darum geht Pflegeexpertinnen anzustellen, liege primär an der Finanzierung, ist Hottiger überzeugt. Es fehle eine gesetzliche Grundlage für die Vergütung der Leistungen einer Advanced Practice Nurse. «Ein erfolgreiches Pilotprojekt könnte die Grundlage dafür schaffen, um diese Leistungen zukünftig in einem Tarifsystem adäquat abzubilden», so Hottiger.

Erfolgreicher Pilot im Kanton Uri

Um zu messen, ob der Einsatz von Pflegeexperten aus finanzieller Sicht und aus Sicht der Gesundheitsversorgung tatsächlich etwas bringt, schlägt Hottiger vor, ein allfälliges Pilotprojekt wissenschaftlich zu begleiten. «Es ist wichtig zu erfahren, wie die Zusammenarbeit aus Sicht der Ärzteschaft funktioniert», sagt er. «Auch die Akzeptanz der APN bei Patientinnen und Patienten ist ein zentraler Aspekt.»

Der FDP-Grossrat ist aber überzeugt, dass allfällige Vorbehalte durch eine gute Kommunikation ausgeräumt werden können. Dabei kann er auch auf Erfahrungen in anderen Kantonen verweisen. Ein Pilotprojekt im Kanton Uri verlief erfolgreich.

Als Nächstes wird nun der Regierungsrat Stellung zur Motion nehmen, danach entscheidet der Grosse Rat, ob sie überwiesen wird und der Kanton Aargau beim BAG ein Gesuch einreicht.