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«Probleme haben sich verschärft»: Finanzkontrolle zieht vernichtendes Fazit zum elektronischen Patientendossier

Trotz der geplanten Verbesserungen: das elektronische Patientendossier kranke an einem Grundübel, sagt die Eidgenössische Finanzkontrolle. Der Bund prüft nun eine Zentralisierung. Es wäre eine Abkehr vom bisherigen Vorgehen. 

Es verspricht viel Gutes, doch bisher verursacht es vor allem Ärger. Dank dem elektronischen Patientendossier sollen – so die Idealvorstellung – Hausärzte, Spitäler und Apothekerinnen rasch Zugriff auf alle wichtigen Informationen haben: Welche Impfungen hat der Patient gemacht, welche Medikamente nimmt er regelmässig, leidet er unter Bluthochdruck, einer Allergie oder hat er Operationen hinter sich? All diese Informationen sollen in der digitalen Krankenakte gebündelt werden.

Doch das elektronische Patientendossier kränkelt vor sich hin. Es wird wenig genutzt, die Eröffnung ist umständlich, die Funktionen sind beschränkt. Kürzlich hat das Parlament – ganz knapp und ziemlich widerwillig – 30 Millionen Franken gesprochen, um das Projekt am Leben zu erhalten. Eine grössere Reform, die endlich eine breitere Nutzung bringen soll, ist bereits aufgegleist.

Nun hat die Eidgenössische Finanzkontrolle EFK das Ganze unter die Lupe genommen, zum zweiten Mal nach 2019. Sie kommt zum ziemlich vernichtenden Fazit: «Seither sind zusätzliche Probleme aufgetreten und bekannte haben sich verschärft.»

Engagiert, aber auf dem falschen Pfad

Die Finanzkontrolle würdigt zwar, dass das Bundesamt für Gesundheit «im Rahmen seiner gesetzlich eng begrenzten Möglichkeiten engagiert Massnahmen ergriffen» habe. Es bestehe aber das hohe Risiko, dass diese zu kurz griffen.

Denn die Ursache für die Probleme sieht die Finanzkontrolle vor allem in den Grundprinzipien, die vor rund zehn Jahren im Gesetz verankert wurden – insbesondere der dezentralen privatwirtschaftlichen Organisation, wie sie im Bericht schreibt. Heute gibt es acht Anbieter des Patientendossiers, was unter anderem die Entwicklung neuer Funktionen verzögert.

Die Finanzkontrolle empfiehlt dem Bund daher, «ein zentrales Patientendossier dem heutigen Modell gegenüberzustellen». In anderen Worten: Die Finanzkontrolle hält eine Zentralisierung für sinnvoll. Das wäre eine Abkehr vom Weg, an dem die Politik bisher festgehalten hat – auch wegen der bereits erfolgten Investitionen.

Eine gewichtige Stimme hat sich inzwischen aber ebenfalls für eine Zentralisierung ausgesprochen: die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren. Der dezentrale Weg habe sich bisher nicht bewährt, hielt sie vergangenen Herbst fest.

Bund prüft einen Systemwechsel

Nun reagiert der Bund: Das Bundesamt für Gesundheit will eine Zentralisierung des elektronischen Patientendossiers vertieft prüfen. «Dazu gehört auch ein sorgfältiges Abwägen von Vor- und Nachteilen eines solchen Systemwechsels», schreibt die Behörde auf Anfrage. Verschiedene Modelle würden nun grundlegend analysiert und einander gegenübergestellt. Geplant sei, dass der Bundesrat bis Ende Jahr über das weitere Vorgehen entscheiden wird.

Der Bundesrat hatte eine Zentralisierung bereits früher geprüft – und verworfen. Gleichzeitig räumte er aber schon 2022 ein, «angesichts der Kleinräumigkeit der Schweiz» würde das Patientendossier heute wohl anders konzipiert werden.

Die Finanzkontrolle schreibt derweil schon fast poetisch im Bericht: Es sei noch ein weiter Weg zu gehen. «Ob die gewählte Route Erfolg versprechend ist, wird sich zeigen.»