
Glimpflich davongekommen: Das Cupspiel gegen Sion im Brügglifeld ist bewilligt
Minutenlanges Abbrennen von pyrotechnischem Material, verletzte YB-Fans, Verwüstungen auf dem Weg zwischen Brügglifeld und Bahnhof, Gewaltexzesse gegen die Polizei beim Aarauer Bahnhof. Die Fans der Young Boys eskalierten nach dem Cupspiel gegen den FC Aarau am 20. September regelrecht. Mehrere von ihnen wurde sogar verletzt und mussten sich in Spitalpflege begeben. Und auch die Aarauer Fans liessen gehörig Pyros abbrennen.
Danach wurde der Ruf nach einem rigorosen Durchgreifen von Seiten der Behörden laut. «Mit diesen grundlosen Aggressionen gegen die Einsatzkräfte und den massiven Sachbeschädigungen am Bahnhof Aarau wurde eine rote Linie überschritten», sagte Regierungsrat und Polizeidirektor Dieter Egli. Solche Gewaltexzesse würde der Kanton Aargau nicht mehr akzeptieren. Und: «Es braucht offenbar repressive Massnahmen.»
Würde von Seiten der Polizei nun der Cup-Achtelfinal gegen den FC Sion vom Donnerstag, 4. Dezember, im Brügglifeld verboten? Die Frage beschäftigte Klub und Fans in den letzten Wochen gehörig. Doch nun liess die Polizei den forschen Worten keine harten Taten folgen. Das Duell mit dem Super-League-Vertreter Sion kann im Brügglifeld stattfinden.
Repressive Massnahmen? Strenge Auflagen? Weit gefehlt. Im Schreiben, welches die Kantonspolizei dem Klub am Donnerstag mittels eingeschriebenem Brief zukommen liess und welches dieser Zeitung vorliegt, heisst es zu den Auflagen lediglich: «Dazu zählen eine permanente Videoüberwachung im Stadion und dem umliegenden Areal, die konsequente Kontrolle aller Besucher/innen am Cupspiel und der Einsatz von genügend Sicherheitskräften, um alle geforderten Auflagen im und um das Stadion Brügglifeld wahrnehmen zu können.»
Gutes Lobbying der Aarauer Klubführung
Auflagen respektive Massnahmen also, von deren Umsetzung man ohnehin ausgehen sollte. Auch der finanzielle Schaden ist überschaubar. Wenn man bedenkt, dass auch möglich gewesen wäre, die Partie zu bewilligen, aber unter der Bedingung, dass der Gästesektor geschlossen bleibt. Oder nur Sitzplätze angeboten werden. Oder dass die Partie als Geisterspiel ausgetragen wird.
Ein gewisser Aufwand kommt nun aber dennoch auf den FC Aarau zu. «Die Video-Überwachung des Stadions ist in der Challenge League nicht erforderlich. Das müssen wir nun kurzfristig umsetzen. Grundsätzlich ist es so, dass wir bis anhin nur Auflagen von Seiten der Liga umsetzen mussten, jetzt kommen auch polizeiliche dazu. Das wird uns in den nächsten Wochen auf Trab halten», sagte Aarau-CEO Sandro Burki.
Trotzdem: Der FC Aarau ist letztlich glimpflich davongekommen. Denn die Gefahr, dass er keine Bewilligung für den Cup-Match gegen Sion bekommen würde, war sehr real. Dem Vernehmen nach soll Ende September der Entscheid eines Verbots dieses Spiel bereits gefällt worden sein. Doch anscheinend ist es der Klubführung gelungen, sich Gehör zu verschaffen. «Wir konnten glaubhaft machen, dass wir die Vorkommnisse im Stadion und auch nach dem Spiel auf dem Weg zum Bahnhof und am Bahnhof eine Katastrophe fanden. Aber wir können gerade die Probleme ausserhalb des Stadions als Klub nicht lösen. Da sind wir auf die gute Zusammenarbeit mit den Behörden angewiesen», so Burki.
Ein Urteil mit Augenmass statt mit gravierenden Konsequenzen
Die Kantonspolizei hat nun Augenmass bewiesen, indem sie von der harten Linie abgerückt ist. Hätte sie aufgrund der Vorkommnisse beim Spiel gegen die Young Boys vom 20. September die Bewilligung für die Partie gegen Sion nicht erteilt, hätte sie Äpfel mit Birnen verglichen. Hier ein Spiel am späten Samstagnachmittag gegen den Grossklub aus der Hauptstadt mit seiner grossen Anhängerschaft. Dort der Verein aus dem Wallis, der an einem kalten Dezemberabend unter den Woche den Gästesektor wohl nicht annähernd voll bringt.
Ausserdem hätte ein Entscheid gegen den Cup-Match vom 4. Dezember im Brügglifeld ein delikates Präjudiz geschaffen. Er hätte, denkt man die Konsequenzen eines solchen Entscheids zu Ende, jegliche Bemühung des FC Aarau torpediert, in absehbarer Zeit – sprich: solange das neue Stadion nicht gebaut ist – in die Super League aufzusteigen. Denn: Klubs, die eine Lizenz für die Super League wollen, brauchen dafür die Bestätigung der jeweiligen Sicherheitsbehörden, dass die Spiele aus ihrer Sicht stattfinden dürfen.
Von Seiten der Polizei wäre in Zukunft schwer zu erklären gewesen, weshalb sie für ein Spiel gegen den FC Sion an einem Abend unter der Woche mit ein paar hundert Gästefans keine Bewilligung erteilt, dann aber Meisterschaftsspiele am Wochenende gegen den FC Basel, den FC Zürich, Luzern oder eben die Young Boys, welche tausende Zuschauende nach Aarau mitbringen, zulässt.
Der FC Aarau steht unter Beobachtung
Nur: Obwohl die Behörden nochmals Milde walten liessen, schwebt das Damokles-Schwert einer Nicht-Bewilligung für wichtige Spiele mit grossem Zuschaueraufkommen weiterhin über dem Brügglifeld. Denn dem FC Aarau wurde auch dies mitgeteilt: Er müsse ein angepasstes Sicherheitskonzept einreichen, dessen Einhaltung vor, während und nach dem Spiel konsequent überprüft werde und bei Verstössen zu einem Entzug beziehungsweise einer zukünftigen Verweigerung der Bewilligung führen könne.
Sicher ist damit: Am 4. Dezember stehen im Brügglifeld nicht nur die Geschehnisse auf dem Platz unter besonderer Beobachtung. An diesem Abend geht es für den FCA gegen den FC Sion mutmasslich um mehr als bloss um den Einzug in die Cup-Viertelfinals.




