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Openair Gränichen: Familientreffen mit Szenengrössen

Seit bald 30 Jahren findet im Gränicher Moortal das Openair Gränichen statt. Der Präsident der Organisationsteams erklärt, was alles dahintersteckt und wie man sich den Rückhalt des Dorfs gesichert hat.

Bald pilgern wieder Tausende Fans der etwas härteren Musik ins Gränicher Moortal. Denn dort findet ab Donnerstag das Openair Gränichen (OAG) statt. Die Nachfrage auf das Festival scheint auch in diesem Jahr wieder gross zu sein: Bereits Anfang letzte Woche verkündeten die Veranstalter, für den Festival-Samstag seien schon alle Tickets verkauft, und auch die Bestände für den Freitag und für das ganze Wochenende seien allmählich tief. Die letzten beiden Male, als das OAG stattfand, war das Festival restlos ausverkauft.

2003 war das Openair Gränichen noch wesentlich kleiner als heute.
Bild: Marcel Siegrist

Angefangen hat alles im ganz kleinen Stil. Und zwar 1995, da fand die erste Ausgabe des Openairs statt, als eintägige Veranstaltung. Der Präsident des Organisationsteams (OT), Reto Bürgi, erzählt: «Damals standen der Jugendtreff Gränichen, die Jungschar und die Pfadi hinter dem Anlass.» Ein Leiter habe bei der Gemeinde beantragt, mit den Jugendlichen zusammen ein Openair auf die Beine zu stellen. Die Finanzen und die Strukturen seien sehr bescheiden gewesen, fügt er an und lacht: «Das war kaum zu vergleichen mit heute. Die Logistik bestand quasi aus einem Leiterwagen, mit dem Bierharassen herumgefahren wurden.»

Ohne Unterstützung ging es folglich nicht: «Die Eltern der Jugendlichen haben uns tatkräftig unter die Arme gegriffen.» Auf ihren Wunsch hin hätte man schon nach den ersten Ausgaben den Freitag als «Familientag» eingeführt, mit lokalen Bands, mit der Musikschule, mit Kinderprogramm – ein Tag fürs Dorf halt.

Eins der grössten Openairs der Szene

Reto Bürgi ist Präsident des Organisationsteams des Openairs. 
Bild: zvg

So wuchs das Festival Jahr für Jahr und hat sich inzwischen in der Rock-, Metal- und Punk-Szene zu einem der grössten Festivals des Landes gemausert. In den bald 30 Jahren hat das Organisationskomitee, in dem inzwischen rund 40 Personen freiwillig und unentgeltlich mitarbeiten, dem Publikum schon so einiges geboten.

Dies etwa musikalisch: Neben Schweizer Grössen wie Philipp Fankhauser, Subzonic und Endo Anaconda besuchten auch international bekannte Bands wie Anti-Flag, Heaven Shall Burn oder Parkway Drive das Moortal. Letztere spielten 2019 als Headliner am bekanntesten Metal-Festival der Welt – dem norddeutschen Wacken Openair. Weiter bietet das OAG aber auch kleineren oder lokalen Bands immer wieder eine Bühne, um erste Konzerterfahrungen zu sammeln und sich im reichlich heterogenen Schweizer Musikmarkt einen Namen zu machen.

Mit den Jahren hat sich aber auch einiges geändert. So stand die Bühne laut Bürgi die ersten Jahre weiter oben im Tal, auf der Höhe des Ortsbürgerhauses. Dazu wurde der Camping-Platz, der übrigens jedes Jahr voll besetzt ist, auch mal erweitert. Und schliesslich gab es auch im Programm eine gewichtige Änderung, so Bürgi: «Als ich vor ein paar Jahren in den Vorstand kam, beschlossen wir, die strikte Programmtrennung zwischen Freitag und Samstag aufzuheben.»

Früher war der Freitag als Familientag eher Rock-, Jazz- und Blues-geprägt, am Samstag lief die härtere Musik. Das habe die Organisatoren vor ein grosses Problem gestellt: «Die Musik war zu verschieden, die Besucherinnen und Besucher kamen entweder am Freitag oder am Samstag. Folglich haben wir kaum Festivalpässe für das ganze Wochenende verkauft – gerade die geben uns aber Planungssicherheit.» Aufgegeben wurde der Familientag aber keineswegs, betont Bürgi, einfach verschoben: «Inzwischen findet das frühere Freitagsprogramm einfach am Donnerstag statt und ist kostenlos.»

Rund eineinhalb Wochen vor dem Festival beginnt der Aufbau.
Bild: Florian Wicki

Pro Tag rund 3000 Besucherinnen und Besucher

Zum Standort im Moortal meint Bürgi: «Für uns ist das Moortal ein idealer Standort, wir sind überaus glücklich hier und vertragen uns auch mit der Nachbarschaft sehr gut.» Nicht nur die Nachbarn stehen offenbar hinter dem bald dreissigjährigen Festival, sondern auch der Rest des Dorfes. Das musste man sich hart erarbeiten, so Bürgi: «Es gab am Anfang schon Bedenken, etwa bezüglich des Lärms oder auch wegen des Abfalls.» Gerade in diesen Punkten gibt sich das Team aber grosse Mühe, erklärt er: «Wir haben die Lautstärken immer im Griff, dazu wird am Sonntag nach dem Openair der ganze Weg vom Moortal bis zum Bahnhof gefötzelt.»

Mit dem Entscheid, am Moortal festzuhalten, hat sich das OAG auch gegen immer wieder im Raum stehende Wachstumspläne entschieden – die wären auf der seit nun über 20 Jahren gleichen Fläche kaum mehr möglich. Das Openair war denn auch die letzten beiden Male restlos ausverkauft. «Wir haben pro Tag rund 3000 Besucherinnen und Besucher.» Davon kaufen seit der Umstellung deren 2000 einen Festivalpass. Hinzu kommen die 500 freiwilligen Helferinnen und Helfer, die den Betrieb der Veranstaltung an der Bar, am Grill, auf dem Parkplatz oder auch als Sicherheitspersonal aufrechterhalten.

Der Eingang des Festivals wurde für dieses Jahr neu dekoriert.
Bild: Florian Wicki

Apropos Sicherheit: Obwohl am OAG ein paar Tausend Menschen aufeinandertreffen, sicherheitsrelevante Vorfälle gibt es laut Bürgi kaum: «Es kommt vor, dass beim Tanzen zwei Köpfe zusammenstossen, da gibt es gebrochene Nasen oder Beulen.» Hinzu kämen – wie an jedem Festival – die paar alkoholisierten Gäste, die man eine Zeit lang betreuen müsse. Bürgi: «Wir haben ein extrem friedliches und dankbares Publikum.»