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Güterverkehr kann nicht länger in Zofingen bleiben – SBB weichen nach Dagmersellen aus

Im Zuge des «Ausbauschrittes 2035» soll der Formationsbahnhof für den Güterverkehr von Zofingen nach Dagmersellen verlegt werden. Hintergrund ist die Einführung des Halbstundentaktes im Personenverkehr auf der Linie Bern–Luzern.

Bis im Jahr 2040 werden laut Bund rund 30 Prozent mehr Menschen mit der Bahn fahren als heute. Der Schienengüterverkehr wird nach Prognosen des Bundes sogar um rund 45 Prozent zunehmen. Aus diesem Grund muss die Bahninfrastruktur ausgebaut werden. Das Parlament hat dafür knapp 16 Milliarden Franken bewilligt. Ziel ist es, dass die Züge künftig auf nahezu allen Fernverkehrslinien im Halbstundentakt verkehren, so auch auf der Linie Bern-Luzern.

Zofingen braucht ein Wendegleis

Um den Halbstundentakt umsetzen zu können, braucht es in Zofingen ein Wendegleis, auf dem die Züge ein- und in derselben Richtung wieder ausfahren können. Das braucht Platz und hat zur Folge, dass der Formationsbahnhof für den Güterverkehr nicht länger in Zofingen bleiben kann.

Laut Guiomar Molina, SBB-Projektleiterin für den Bahnhof Dagmersellen, die am Mittwochabend die Bevölkerung Dagmersellens über das Projekt informierte, ist man mit der Wahl der möglichen Standorte für einen Formationsbahnhof nicht flexibel. «Im Grunde ist Dagmersellen die einzige und absolut beste Option auf der Strecke zwischen Olten und Luzern. Das hat auch damit zu tun, dass aufgrund der bestehenden Infrastruktur in Dagmersellen ein Minimum an Landerwerb nötig ist.» Das bedeutet, dass der Bahnhof Dagmersellen, der aktuell über zwei Durchfahrtsgeleise und ein Gütergeleis verfügt, künftig zwei Überholgeleise und zwei Geleise für den Personenverkehr benötigt. «Überholgeleise sind dafür da, dass Güterzüge ausweichen und den schnelleren Personenzügen das Überholen ermöglichen,» erklärt Molina. Im Fall Dagmersellen werden die Überholgeleise eine Doppelfunktion erhalten und gleichzeitig als Formationsgleise dienen, auf denen Güterzüge formiert werden können. Auf konkrete Nachfrage gibt Molina an, dass es keinen Kausalzusammenhang zwischen der Wahl des Standortes Dagmersellen und dem in Altishofen ansässigen Logistik-Unternehmen Galliker gebe, «auch wenn es durchaus möglich ist, dass dieses Unternehmen zukünftig davon profitieren kann».

Nachgefragt bei Heinz Najer, Gemeinderat Ressort Bau in Dagmersellen

«Darauf hat niemand gewartet»

«Die Verlegung des Güter-Formationsbahnhofs von Zofingen nach Dagmersellen bedeutet für unsere Gemeinde in erster Linie mehr Lärmemissionen und ungefähr drei Jahre Bauzeit», sagt Gemeinderat Heinz Najer auf Anfrage dieser Zeitung. Die Gemeinde Dagmersellen selber würde nicht speziell davon profitieren, sondern das gesamte Wiggertal. Der zusätzliche Platzbedarf der SBB bedeute auch, dass Landerwerb nötig sei. «Dagegen wird es bestimmt Widerstand von Anstössern geben und Einsprachen», ist sich Najer sicher. Allerdings werde es nicht möglich sein, das Projekt sehr lange hinauszuzögern oder gar zu verhindern, da der Bund von Gesetzes wegen bei solchen Projekten im Notfall auch enteignen könne.

Najer betont aber auch, dass das ganze Vorhaben der SBB «natürlich absolut gesetzeskonform» sei und sämtliche Gesetzesvorlagen betreffend Lärmemissionen sicherlich erfüllt würden. «Aber auch gesetzeskonformer Lärm ist halt Lärm, und ich kann verstehen, dass die Anstösser nicht glücklich darüber sind», sagt der Gemeinderat. Bis jetzt, so Najer, hätten die SBB und die Gemeinde Dagmersellen noch «keine gemeinsame Haltung» betreffend des geplanten Bahnausbaus finden können.

Durchwegs positiv beurteilt Najer hingegen die gleichzeitig erfolgende barrierefreie Gestaltung des Personenbahnhofs, er spricht von einem «absoluten Mehrwert» für die Gemeinde.

Die Perrons für den Personenverkehr werden in westliche Richtung verschoben.
Grafik: zvg

Rund vier Jahre Bauzeit geplant

Normalerweise informieren die SBB die Bevölkerung erst während der öffentlichen Auflage solcher Projekte. Hier habe man die Anwohner möglichst früh ins Boot holen wollen, sagt Molina. Das bedeute aber auch, dass noch viele Fragen offen seien und wenig konkretes Visualisierungsmaterial vorliege, das man zeigen könne. Klar ist, dass die Bauzeit rund vier Jahre dauern werde, «von denen drei Jahre intensiver Bautätigkeiten gewidmet sind und ein Jahr Nachbauarbeiten respektive Restarbeiten», so Molina. Geplant ist der Baustart auf 2028. Das Interesse an der Info-Veranstaltung sei gross gewesen, rund 150 Einwohnerinnen und Einwohner seien gekommen. «Die Hauptsorge der Anwohner am Infoabend waren Lärmemissionen, dafür haben wir natürlich Verständnis», sagt Molina, betont aber auch, dass die SBB im Auftrag des Bundes plane und – falls Einsprachen kämen – nicht diejenige Partei sei, die entscheide, sondern das Bundesverwaltungsgericht.