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«Anlage hatte sicher grosse Bedeutung für umliegende Höfe»: Grabungsspezialistin nimmt «Belindas Loch» unter die Lupe

Seit sechs Jahren gibt die Grube, in die einst ein Rind fiel, Rätsel auf. Nun war Birgit Symader, Grabungstechnikerin aus dem deutschen Deggendorf, vor Ort und gab Ratschläge.

Im Juni 2017 stürzte das Rind «Belinda» tief. In einer spektakulären Rettungsaktion wurde das Tier aus der Grube in Habsburg geborgen. Dabei zeigte sich, dass diese keine natürliche Karsterscheinung war, sondern ein unterirdisches Gebäude. Pro Natura Aargau schreibt in einer Mitteilung: «Seitdem rätseln viele um die Motivation der Erbauer und das Alter der geheimnisvollen Anlage.»

Der damalige Leiter archäologischer Untersuchungen Stephan Wyss deutete die Anlage als Wasserreservoir. Diese These hält auch Birgit Symader für wahrscheinlich. Die Grabungstechnikerin aus Deggendorf (Niederbayern) leitet einen europäischen Verein für montanarchäologische Anlagen. Montanarchäologie beschäftigt sich mit unterirdischen Gängen und Stollen.

In Niederbayern wurde für diese Anlagen ein Gremium der Kreisarchäologien und des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege ins Leben gerufen, um die Bestimmungen zum Denkmalschutz und der archäologischen Dokumentation zu überarbeiten. Symader ist dort Ansprechpartnerin für montanarchäologische Expertisen in den Bezirken Niederbayern und Oberpfalz. Am 10. Juli hat die Spezialistin «Belindas Loch» einen Besuch abgestattet und Ratschläge erteilt.

Bei Bauwerk gab es mehrere Bauphasen

Seit der These von Wyss wurde unter tatkräftiger Mithilfe von lokalen Interessierten das Gewölbe über dem südlichen Raum und der Einstieg gesichert. «Da sich in ‹Belindas Loch› derzeit jedoch immer noch viel zäher Lehm befindet, ist eine nähere Aussage nach wie vor nur im Ansatz möglich», so Birgit Symader, die bei ihrem Besuch von Helen Wider aus Wettingen begleitet wurde.

Freiwillige Helferinnen und Helfer heben Lehm aus «Belindas Loch».
Bild: zvg

Hingegen sei es wahrscheinlich, so die Mitteilung, dass es bei dem Bauwerk mehrere Bauphasen gab. Die Kammer hinter den Bogen zeige einen höheren Wasserstand als die Höhe des Bogens, somit wäre nicht auszuschliessen, dass die Anlagen nach Norden erweitert wurden. Ein Ansatz hierfür sei leicht zu erkennen. Die Bearbeitungsspuren zeigten unterschiedliche Bearbeitungstechniken mit verschiedenen Werkzeugen und Methoden.

Nach Meinung von Symader sollte unbedingt der Bodenhorizont der Anlage freigelegt und weiter untersucht werden, um eine gesamte Dokumentation der Anlage zu erhalten. Erst dann könnten weitere Aussagen getroffen werden.

Das Loch scheint kein Erdstall zu sein

Stephan Kohler, ehrenamtlicher Forscher bei der Kantonsarchäologie, gräbt in den Archiven nach Hinweisen auf den Bau von «Belindas Loch», dessen Alter und dem Sinn der Anlage. Sollte das unterirdische Gebäude «bloss» 200 bis 250 Jahre alt sein, wie die Kantonsarchäologie vermutet, müssten Akten aus jener Zeit zu finden sein.

Johannes Jenny von Pro Natura Aargau bekräftigt, dass das Ressort Archäologische Untersuchungen nicht nur viel Zeit, sondern auch Unterstützung durch die Finanzierung der Altersbestimmung geleistet habe.

«Diese Anlage hatte sicher eine grosse Bedeutung für die umliegenden Höfe, zumal Habsburg erst seit 1912 ein Reservoir und fliessendes Wasser hat», meint Symader. Eine weitere Untersuchung wäre für die Geschichte der Region Brugg ein grosser Gewinn.

Freiwillige befreien mit Pickel und Schaufel das Gewölbe vom Rest des Lehms.
Bild: zvg

Das Loch scheine kein Erdstall zu sein. Was es darstellt, könne jedoch erst entdeckt werden, wenn der Lehm von Hand gehoben ist. Freiwillige, die dabei helfen wollen, können sich unter johannes.jenny@pronatura.ch melden. «Man wird dabei von Kopf bis Fuss schmutzig», weiss Symader seit dem Besuch im Habsburger Untergrund, «doch es lohnt sich.»

Im Lehm und vor allem darunter werde es bestimmt Gegenstände zu entdecken geben, welche «uns der Lösung des Rätsels Schritt für Schritt näherbringen».