
Hier werden die Jugendlichen auch mal schmutzig: Die Aargauische Berufsschau wurde bereits am ersten Tag überrannt
Die Verantwortlichen der Aargauischen Berufsschau meinen es ernst, wenn sie in ihrem Messeführer schreiben: «Deine Zukunft zum Anfassen.» Kaum auf dem Gelände angekommen, taucht die AZ-Redaktorin bereits eine Kelle in Mörtel und wagt ihre ersten Schritte als Maurerin. Yanic Sigrist steht dicht daneben und beobachtet jede Bewegung. Er ist im zweiten Lehrjahr zum Maurer EFZ und gibt an der Berufsschau in Wettingen anderen Jugendlichen einen Einblick in seinen Berufsalltag.
«Den Stein nach rechts ziehen», weist er an, «jetzt mit der Kelle draufklopfen» oder: «zu viel Mörtel ist nicht so schlimm, den kannst du am Schluss wegstreichen.» Mit dem Ergebnis der Redaktorin ist er zufrieden. «Fürs erste Mal super gemacht», lautet sein Fazit. Yanic hat seinen Traumjob gefunden und ist zufrieden mit seiner Lehrstelle. Dieses Ziel haben viele der 36’000 erwarteten Besucherinnen und Besucher, die in den kommenden Tagen die Berufsschau in Wettingen besuchen.
Genau dafür ist der Anlass gemacht. Bis am Sonntag, 7. September, werden im Tägi an rund 70 Ständen über 200 verschiedene Berufe vorgestellt. Bei fast allen können die Jugendlichen gleich selbst Hand anlegen. «Bei uns sollen sie Berufe entdecken. Und entdecken kann man etwas nur mit all seinen Sinnen», sagt OK-Präsident Urs Widmer. Deshalb würden Bürojobs, für die es ohnehin tendenziell viele Bewerbungen gibt, zwar vorgestellt, an dieser Messe aber eher im Hintergrund stehen.
Jugendliche sollen mit anpacken
Im Fokus stehen vor allem handwerkliche Berufe wie Gärtner oder Schreinerin, solche in der Pflege, aber auch eher weniger populäre Jobs wie Winzerin oder Müller. Vorgestellt werden die unterschiedlichen Berufe nicht von Firmen selbst, sondern von Berufsverbänden. Und diese betreiben für die Messe einen Riesenaufwand. «Aber das lohnt sich, immerhin kommen hier ein paar Tausend potenziell zukünftige Lernende vorbei», sagt Widmer, der auch Geschäftsleiter beim Aargauischen Gewerbeverband ist.
Ziel dieses Anlasses sei nicht, dass die Schülerinnen und Schüler hier einen Lehrvertrag abschliessen. «Sie sollen einmal beim Gärtner einen Stein legen, schmutzige Schuhe haben, einen Blumenanstecker binden und herausfinden, ob dieser Job etwas für sie sein könnte», erklärt Widmer.
Nebst den Hallen werden auch an Aussenständen Berufe vorgestellt.Andrea ZahlerDafür kämen die Jugendlichen am besten zwei Mal vorbei. «Von Dienstag bis Freitag mit der Lehrperson und am Wochenende noch einmal mit den Eltern, um gezielt jene Stände anzusteuern, die ihnen am besten gefallen haben», sagt er. Direkt beim Eingang ist auch die Berufsberatung ask! mit einem Stand vertreten. Hier können alle, die noch gänzlich unentschlossen sind, einen Eignungstest durchführen, der ihnen eine erste grobe Einschätzung liefert.
Die Verantwortlichen der Messe, die alle zwei Jahre stattfindet, rechneten vorab in diesem Jahr mit rund 36’000 Besucherinnen und Besucher. «Wenn es so weitergeht wie heute Morgen, werden es massiv mehr sein. Wir wurden regelrecht überrannt», freut sich Widmer. Seine Kollegin Marianne Kamm, Geschäftsführerin der Aargauischen Berufsschau, geniesst den ersten Erfolg mit Vorsicht. «Vielleicht wollten auch alle Lehrpersonen gleich am ersten Tag kommen», sagt sie. So oder so sei für die Anreise gesorgt: «An die Berufsschau kommt man mit dem öV. Dafür haben wir Extrazüge und -busse bis zum Areal organisiert», so Widmer.
Dass sie hier selbst anpacken und experimentieren können, freut die Jugendlichen sehr, wie eine Umfrage der AZ vor Ort zeigt. Hier sind sie sich also einig. Bei den Traumberufen gehen die Vorstellungen hingegen ziemlich weit auseinander – zum Glück für die Berufswelt. Während die einen bereits wissen, wie ihr beruflicher Werdegang aussehen soll, kamen andere ohne Plan zum ersten Tag der Berufsschau und lassen sich hier inspirieren.
Die 13-jährige Anina beispielsweise hat ein genaues Ziel vor Augen. «Ich möchte die Ausbildung zur Fachfrau Gesundheit machen und mit 20 die Polizeischule», erzählt sie. Ihr sei es wichtig, dass sie sich aus eigenem Interesse für einen Beruf entscheide und dabei nicht auf andere höre. Elanur, 13, aus Brugg hingegen ist es wichtig, dass sie in ihrer Lehre ein gutes Team hat und die Leute respektvoll miteinander umgehen.
Der 13-jährige Danish aus Brittnau hofft, dass er eine Stelle findet, bei der er viel verdient und gute Arbeitszeiten hat. In welcher Branche genau er einmal arbeiten möchte, weiss er momentan noch nicht. «Ich habe keinen wirklichen Traumberuf. Da muss ich noch überlegen», sagt er. Sein Kollege Mykola aus Strengelbach hat heute an der Messe den Beruf Mediamatiker für sich entdeckt. «Da arbeitet man viel mit dem Computer. Das mache ich gerne», erklärt er.