
Hier zeigten die Firmen der Region Zofingen, was sie können
Damals im ZT
Einmal im Monat öffnet die Redaktion eines der Jahrgangsbücher im Archiv und schaut, was zu jener Zeit im ZT aktuell war. Heute: Die Landesausstellung von 1914 in Bern
«Die Einweihungsfeierlichkeiten sind nun gottlob vorüber, die offiziellen Reden sind gehalten und die grossen und guten Festbankette verdaut.» Der Spezialberichterstatter des Zofinger Tagblatts – Autorennamen findet der Leser zu dieser Zeit keine im Blatt – will sich deshalb in der Ausgabe vom 28. Mai 1914 der Beschreibung der Schweizerischen Landesausstellung in Bern widmen. Doch könne er «eine auch nur einigermassen vollständige Schilderung all des Grossen und Reichen, das da zu sehen ist», nicht geben, «füllt doch allein schon der Ausstellungskatalog drei dicke Bände!»
Dennoch: Wenig hat der Spezialberichterstatter nicht zu berichten, denn seine Schilderungen ziehen sich über mehrere Ausgaben hin, beginnend heute vor 111 Jahren. Er empfiehlt seinen Leserinnen und Lesern, vom Bahnhof Bern das «Länggassetram» zu nehmen, denn «der Weg vom Bahnhof ist weit und man verliert eine kostbare Zeit beim Zufussgehen». Zum Preis von 10 Rappen komme man so mit dem «Tramwagen … bis zu dem imposanten Säulenbau des Ausstellungseinganges».

Bild: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Fel_003623-RE
Pracht und Grösse einer Weltausstellung
«Sofort nach dem Betreten des Ausstellungsgebietes gewinnt man den Eindruck, dass man eine Ausstellung betritt, die an Pracht und Grösse mit Weltausstellungen konkurriert, dass die Berner hier ein grosszügiges Werk geschaffen haben. Zur Linken des Einganges stossen wir gleich auf eine famose Bierhalle und daneben auf den langgestreckten Bau, in welchem Baumaterialien ausgestellt sind – und noch werden! Bei diesem Anlasse mag die Bemerkung am Platze sein, dass man auch bei dieser Ausstellung nicht lange genug zurückhalten kann, weil eben in vielen Abteilungen die Aussteller noch im Rückstand sind.» Das sei aber nicht aussergewöhnlich, schreibt der Berichterstatter weiter. Als er dann in der Ausgabe vom 9. Juni vermeldet, dass die Ausstellung fertig sei, fügt er an, dass «noch nie eine so grosse Ausstellung schon zwei Wochen nach der Eröffnung fertig geworden» sei. «Da haben unsere Berner einen Rekord aufgestellt, der nicht so bald überholt werden dürfte.»
Auch hätten die Verkäufe von Dauerkarten und Einzeleintritten alle Erwartungen übertroffen. Zwei Wochen nach Eröffnung seien schon mehr als doppelt so viele Dauerkarten wie bei der letzten Landesausstellung in Genf insgesamt verkauft worden.
In den Hallen der Papierindustrie und dem grafischen Gewerbe würden «die Buchdrucker, Photo-, Litho- und all die anderen Grafen» sehr viel Neues zu sehen bekommen. «Die meisten Laien werden an der im vollen Betriebe befindlichen Buchdruckerei […] grosse Freude haben. Die Firma Ringier u. Cie., Zofingen, hat die erste Tiefdruckrotationsmaschine in der Schweiz, welche für den Druck der schweizer. Illustr. Zeitung bestimmt ist, ausgestellt.»

ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv
Viele regionale Firmen unter den Ausstellern
Neben Ringier waren an der Landesausstellung weitere Firmen aus der Region Zofingen präsent, so erwähnt der Berichterstatter in seinen Artikeln unter anderem: Künzli u. Cie. in Strengelbach (Jaquettes, Unterkleider, Strümpfe und Socken), Gebrüder Matter in Kölliken (Eisengarn und Seide, Buntweberei, Ledertuch), die A.-G. der mechanischen Strickereien, vormals Zimmerli u. Cie., in Aarburg. Ein Herr Bäumli in Oftringen zeigt in der Gartenbau-Ausstellung «eine Anzahl Heckenthuya».
In der Halle der Metallindustrie sind neben dem Schwergewicht Brown, Boveri u. Cie. (BBC, heute ABB) aus Baden auch die Glühlampenfabrik Zofingen und die Imprägnieranstalt AG Zofingen vertreten. Letztere «exzelliert durch ihre bewährte Imprägnierung von Leitungsmasten». Als Beweis für die Haltbarkeit des Imprägnierstoffes stand in der Ausstellung ein Pfahl, der 40 Jahre im Boden steckte und «ganz unbeschadet wieder herausgegraben worden ist».
Erwähnung findet im ZT auch die Maschinenfabrik Hämmerle u. Cie. in Zofingen, die Lederklopfhämmer für die Bearbeitung von Häuten und Sohlen von Schuhen herstellt.
Zofinger Firma hat die ganze Kanalisation erstellt
«In der Abteilung für Sattlerei haben auch die Pelzfabrikanten ausgestellt. Die Pelzzurichterei von Karl Friderich, Zofingen, ist mit sehr schönen Exemplaren vertreten. Maulwurfpelze, Wildkatzenfelle, Fussteppiche, gefärbte Felle, sogar Schwäne finden wir alles auf einer Wand geschmackvoll vereinigt. Die Zentralheiz-Fabrik Altorfer, Lehmann u. Cie., Zofingen, hatte für die Landesausstellung die gesamte Kanalisationsanlage zu liefern, ebenso hatte sie die sanitarischen Installationen im Gebäude des Gastgewerbes ‹Hospes› zu erstellen. Sie zeugen von der grossen Leistungsfähigkeit dieser Firma.»
Im Bereich der chemischen Produkte habe die Siegfried in Zofingen «sehr reichhaltig ausgestellt», ebenso die E. Geistlich Söhne in Oftringen. Im Bereich der landwirtschaftlichen Geräte und Maschinen zeigen die Gebrüder Aecherli aus Reiden ihre Zentrifugalpumpen.
Auch das muss sein: die «Stärkung des Magens»
Ohne entsprechende «Stärkung des Magens» fange der Geist an, «seine Aufnahmefähigkeit zu verleugnen», schreibt der Berichterstatter und lenkt die Aufmerksamkeit seiner Leserinnen und Leser auf die Gastronomie. In der Cremerie Merkur können heisser Tee, duftender Mokka sowie süsse Sachen aller Art genossen werden. Er selber ziehe es vor, «dem herrlichen Bierrestaurant» einen Besuch abzustatten. Neben verschiedenen Bieren Schweizer Brauer würden hier durch Berner Metzger «wunderbare Berner-Platten zu Spottpreisen» serviert.
Ein Kuriosum aus heutiger Sicht mag das alkoholfreie Restaurant sein. Im ZT wird es als «das gelungene Werk des Schweizer. Frauenvereins für Mässigkeit und Volkswohl» bezeichnet. Es sei «ein grosses und doch recht heimeliges Restaurant, wo alles blitzblank sich gibt und Speisen und Getränke zu ausserordentlich billigen Preisen gegeben werden. Hier ist das Eldorado der Frauen und Abstinenten. Man isst gut und trinkt – nicht über den Durst.»
Zum Schluss seiner Berichterstattung kommt der Autor auf «das Grossartigste der ganzen Landesausstellung» zu sprechen: die Maschinenausstellung. «Wenn da all die Maschinen fauchen, rasseln, flimmern, surren und schnauben, […] dann graut es einem beinahe vor der Grandiosität der menschlichen Erfindungs- und Gestaltungskraft. […] Müde von all dem Gesehenen hinaus in den Abendfrieden.»
Die Schweizerische Landesausstellung 1914
Am 15. Mai 1914 wurde die Schweizerische Landesausstellung in Bern eröffnet. Es war die dritte Ausstellung dieser Art nach 1883 in Zürich und 1896 in Genf. Sie sollte bis zum 15. Oktober dauern, wurde jedoch bis zum 2. November verlängert. Die Romandie äusserte heftige Kritik an der Architektur der Ausstellungsbauten. Dieser «Style de Munich» (Münchner Stil) beweise die Deutschfreundlichkeit der Deutschschweizer und stelle die beabsichtigte Integrationswirkung der Ausstellung infrage.
Tatsächlich gab es in Bern kein Village Suisse mit seinen bunt gemischten Häusern in den Baustilen aller Regionen mehr wie in Genf 1896, sondern ein einheitliches Dorf im Berner Stil. Die Ausstellungsmacher wollten naturnahes Landleben zeigen.
Als Ende Juli der Erste Weltkrieg ausbrach, blieb die Schau für zwei Wochen geschlossen. Nachdem am 1. August in der Schweiz die Mobilmachung ausgerufen wurde, überlegte sich der Ausstellungsdirektor Emil Locher sogar eine Schliessung. Der Bundesrat wollte jedoch davon nichts wissen und setzte sich durch.
Insgesamt besuchten fast 3,2 Millionen Menschen die Landesausstellung (entspricht etwa 84 Prozent der Bevölkerung), welche mit einem Gewinn von 34 000 Franken abschloss. Ein Eintrittsbillett kostete 1.50 Franken (zum Vergleich: ein Kilogramm Brot kostete damals 36 Rappen). (pmn/wikipedia)
Bern: Landesausstellung, Haupteingang Länggasse
Poststempel 3.11.1914 – Bild: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Fel_003623-REDas Dörfli der Schweizerischen Landesausstellung in Bern 1914. Postkarte. Poststempel 9.8.1914 – ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv Schweizerische Landesausstellung in Bern 1914: Eingang Neubrückstrasse. Postkarte. Poststempel 27.10.1914 – ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv Schweizerische Landesausstellung in Bern 1914: Postkarte mit Ansicht des Ausstellungsgeländes. Poststempel 30.7.1914 – ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv Schweizerische Landesausstellung, 1914, Bern, Panorama der Landes-Ausstellung und der Stadt Bern
Poststempel 28.10.1914 – Bild: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Fel_003621-RESchweizerische Landesausstellung in Bern 1914: Ausstellungsgelände. Postkarte. Poststempel 10.7.1914 – ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv Schweizerische Landesausstellung in Bern 1914: Ausstellung in der Gruppe Ingenieurwesen an der Landesausstellung in Bern: Galerie, zwei Modelle auf Tisch von Projekt Sitterbrücke bei St. Gallen – Bild: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Ans_05397-006-AL Schweizerische Landesausstellung in Bern 1914: Haupteingang Länggasse. Postkarte. Poststempel 13.8.1914 – ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv Pavillon Gastgewerbe/Hôtellerie, Restaurant Hospes. Postkarte. Poststempel 21.10.1914 – ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv Schweizerische Landesausstellung in Bern 1914: Restaurant Hospes. Postkarte. Poststempel 22.6.1914 – ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv Schweizerische Landesausstellung in Bern 1914: Restaurant Hospes bei Nacht. Postkarte. Poststempel 10.8.1914 – ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv Schweizerische Landesausstellung, 1914, Bern, Pavillon des Wehrwesens links, Pavillon der Erziehung rechts, in der Luft Fesselballon
Poststempel 9.6.1914 – Bild: ETH-Bibliothek Zürich, BildarchivSchweizerische Landesausstellung, 1914, Bern, Alkoholfreies Restaurant
Poststempel 13.8.1914 – Bild: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv