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Beitrittsprotokoll unterzeichnet: Läuft alles nach Plan, sind Finnland und Schweden bis zum Jahresende in der Nato

Die Nato-Norderweiterung schreitet im Rekordtempo voran. Doch ein Unsicherheitsfaktor bleibt: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan.

Jetzt geht es Schlag auf Schlag: Nachdem die Staats- und Regierungschefs der 30 Nato-Staaten bei ihrem Gipfel in Madrid vergangene Woche grünes Licht für den Beitritt Schweden und Finnlands zur Verteidigungsallianz gegeben haben, wurden am Dienstag im Brüsseler Nato-Hauptquartier im Beisein der Aussenminister der beiden Länder die Beitrittsprotokolle unterschrieben.

Diese müssen jetzt den nationalen Parlamenten der Nato-Staaten zur Ratifizierung vorgelegt werden. Den Anfang wird das estnische Parlament in einer Sondersitzung am Mittwoch machen. Dem deutschen Bundestag wird der Antrag bereits am Freitag vorgelegt.

«Das ist ein historischer Tag für Finnland, für Schweden, für die Nato und für die euro-atlantische Sicherheit», sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Mit 32 Verbündeten sei man noch stärker als heute, so der Norweger. «Die Nato-Mitgliedschaft stärkt nicht nur unsere eigene Sicherheit, sondern auch die kollektive Verteidigung der Allianz», stimmte Finnlands Aussenminister Pekka Haavisto ein.

Geht alles nach Plan, könnten die beiden Länder noch vor Jahresende offiziell Mitglieder der Nato sein. Es sei der schnellste Beitritt, den die Allianz jemals erlebt habe, so Stoltenberg.

Erdogan droht und gibt das Heft noch nicht aus der Hand

Eine Unsicherheit bleibt jedoch: die Türkei. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat während Wochen die Nato-Erweiterung im Norden blockiert. Seinen Widerstand gab er erst in der vergangenen Woche auf, nachdem Schweden und Finnland am Rande des Nato-Gipfels in Madrid in einer trilateralen Vereinbarung mit der Türkei zusagten, stärker mit Ankara bei der Terrorismusbekämpfung zusammenzuarbeiten.

Erdogan beschuldigt die beiden Regierungen, die PKK-Kurdenpartei, die syrische Kurdenmiliz YPG sowie die Bewegung des im US-Exil lebenden Predigers Fethullah Gülen zu unterstützen. Im Anschluss an den Madrid-Gipfel behauptete Erdogan, Schweden und Finnland hätten versprochen, 73 von der Türkei als «Terroristen» eingestufte Personen auszuliefern.

Will von Schweden und Finnland ein «Versprechen» erhalten haben: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. 
Keystone

Von dieser Zusage wollte die schwedische Aussenministerin Ann Linde am Dienstag jedoch nichts wissen. Man anerkenne die Sorgen der Türkei in Sachen Terror-Bekämpfung. Konkrete Zahlen zu Auslieferungen gebe es jedoch keine. Linde: «Nach meinem Wissen haben wir keine spezifischen Listen erhalten». Ihr finnischer Kollege ergänzte mit Blick auf die trilaterale Vereinbarung: «Alles, auf das wir uns geeinigt haben, ist in dem Dokument festgehalten». Es gäbe keine versteckten Deals. Bei Auslieferungsgesuchen würde man sich weiter an den Rechtsweg und die Urteile von Gerichten halten, so die beiden Aussenminister.

Ob Erdogan sich damit zufriedengibt, muss sich zeigen. Letzte Woche drohte er damit, dem türkischen Parlament die Beitrittsprotokolle nicht zur Ratifizierung vorzulegen, falls Schweden und Finnland ihre «Versprechen» brechen würden.

Heikle Phase: USA, Grossbritannien, Deutschland und Frankreich geben Sicherheitsgarantien

Eine längere Hängepartie möchte man bei der Nato aber um jeden Preis verhindern. Es ist eine heikle Phase, in der Schweden und Finnland zwar ihre jahrzehntelange Bündnisfreiheit aufgegeben haben, aber noch nicht von der Nato-Beistandspflicht profitieren. Die USA haben deshalb zusammen mit Grossbritannien, Frankreich und Deutschland eine Sicherheitsgarantie für Schweden und Finnland abgegeben.

Russlands Präsident Wladimir Putin hatte sich nach dem offiziellen Start des Beitrittsprozesses vergangene Woche zweideutig gegeben. Einerseits sagte er, er habe «keine Probleme» mit einem Nato-Beitritt der beiden Länder. Gleichzeitig drohte er mit einer militärischen Reaktion. Putin: «Alles war gut zwischen uns, aber jetzt wird es irgendwelche Spannungen geben – das ist offensichtlich, zweifelsfrei, ohne geht es nicht».