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«Ich gebe die Schlüssel mit Zufriedenheit ab»

Centerleiter Ruedi Bügler sorgte zwei Jahrzehnte lang für den Aufstieg des Perry-Centers. Nun geht er vorzeitig in Ruhestand.

Knall im Perry? «Auf keinen Fall», winkt Ruedi Bügler lachend ab. Er gehe aus freien Stücken, führt der langjährige Centerleiter aus, es sei auch von Seiten von Besitzerin Coop keinerlei Druck ausgeübt worden. «Im Gegenteil: Die Wertschätzung seitens Coop war mir gegenüber immer sehr gross», betont er, auch den Zeitpunkt seines Rücktritts habe er selber bestimmen dürfen.

Dass Bügler im Perry-Center nach 20 Jahren seinen Hut nimmt, hat verschiedene Gründe. Betriebliche, gesundheitliche und private. Einerseits hat sich die Funktion des Centerleiters seit dem Ende 2021 erfolgten Verkauf des Perry-Centers von Interkauf an Coop verändert. In der Ära Interkauf hat Bügler sämtliche Entscheidungen selbständig getroffen. Heute sind viele interessante Aufgabenbereiche wie die Vermietung von Flächen zentralisiert worden. «Dadurch ist zwar die Belastung geringer», führt Bügler aus, gleichzeitig sei die Arbeit aber auch etwas weniger interessant.

Anderseits ist der Aufwand, das Center sauber zu halten, grösser als früher. «Es gibt deutlich mehr Abfall zu beseitigen als früher», stellt der 62-Jährige fest. Und dann hat sein über Jahrzehnte überaus grosses berufliches Engagement auch seinem Körper zugesetzt. «Ich muss besser zu meiner Gesundheit schauen», betont Bügler. Last but not least möchte Bügler in Zukunft auch vermehrt reisen.

Er habe alle Aspekte sorgfältig gegeneinander abgewogen und dann seinen Entschluss gefällt: «Zwanzig Jahre Perry sind genug». So wird sich Ruedi Bügler am kommenden Montag, 1. September, mit einem ausgedehnten Apéro von sämtlichen Mitarbeitenden verabschieden. «Sie haben sich das mehr als verdient – und dann gebe ich die Schlüssel mit Zufriedenheit und ohne Bedauern ab», betont er. In der Gewissheit, seiner Nachfolgerin Annalena Bürki ein sehr gut aufgestelltes Einkaufscenter übergeben zu können, das die klare Nummer 1 in der Region ist.

Ein Bild aus den Anfangsjahren.
Bild: zvg

«Eine visionäre Leistung» aber der Start war schwierig

52 Jahre Perry-Center – das ist eine einzigartige Erfolgsgeschichte. Wobei die Anfänge alles andere als einfach waren. Gebaut wurde das Einkaufszentrum auf Initiative von Oftringer Gewerbe-treibenden unter der Führung von Karl Pfeuti. Pfeuti hatte schon früh erkannt, dass sich das Einkaufsverhalten der Bevölkerung verändern würde. Weg vom Dorfladen, hin zum Einkaufszentrum auf der grünen Wiese. «Eine visionäre Leistung, deren Umsetzung beinahe in einem Fiasko geendet hätte», meint Ruedi Bügler im Rückblick auf die frühen 70er-Jahre. Einkaufen auf der grünen Wiese – was heute selbstverständlich ist, wurde damals noch mit kritischem Blick betrachtet.

Im Frühling 1973 wurde das Perry Center an der Bernstrasse mit einer Geschossfläche von 5500 Quadratmetern eröffnet. Die Kundschaft aber blieb zu Beginn weitgehend aus. Mit der Folge, dass die Direktoren wegen Erfolgslosigkeit praktisch im Monatstakt ausgewechselt wurden. In der Region kursierte schon bald der Witz, das Perry solle demnächst zu einer Panzerhalle umgebaut werden.

Aufwärts ging es mit dem Einkaufscenter erst ab 1974, als Edy Witprächtiger als Centerleiter eingestellt wurde. Witprächtiger lockte eine immer grösser werdende Kundschaft mit interessanten Ausstellungen und Auftritten von arrivierten Gesangs- und Musikformationen ins Perry. «Im Perry esch immer öppis los» – dieser Slogan wurde weit über die Region hinaus bekannt. Unter Witprächtiger etablierte sich das Einkaufszentrum in der Region. Als Witprächtiger 2005 pensioniert wurde, trat Ruedi Bügler seine Nachfolge an, setzte die Erfolgsgeschichte nahtlos fort und machte das Perry zur unbestrittenen Nummer 1 in der Region und darüber hinaus.

Regelmässige Um- und Ausbauten

Das Perry-Center wurde in den 52 Jahren seines Bestehens immer wieder zeitgemäss um- und ausgebaut. Die Ausdehnung der Geschossflächen erfolgte in regelmässigen Abständen. 1979 wurde die Verkaufsfläche gleich auf 11´000 Quadratmeter verdoppelt. 1984 ging mit dem Bau des Dachparkings eine weitere Vergrösserung auf 16´500 Quadratmeter einher. Weitere Umbauten erfolgten 1991 und vor allem 2004/2005, als der damalige Ankermieter und heutige Inhaber Coop sowie zwölf weitere Geschäfte ins Perry- Center einzogen. Ein vorläufig letzter Ausbau erfolgte in den Jahren 2018 – 2020, damals wurde das Einkaufszentrum nochmals vergrössert und um das Hotel Holiday Express erweitert.

Möglich waren diese Ausbauten, weil die Interkauf, respektive deren Inhaberfamilie Balthasar stets bereit war, entsprechende Summen ins Perry-Center zu investieren. 28 Mio. Franken waren es beim Umbau 2004/2005, sogar 50 Mio. Franken beim letzten Ausbau 2018 – 2020. «Ohne die unternehmerische Weitsicht der Familie Balthasar stünde das Perry-Center heute nie da, wo es steht», hält Ruedi Bügler denn auch unmissverständlich fest.

Nachtansicht des heutigen Perry-Centers.
Bild: zvg

Ein grosses Beziehungsnetz und ein Meisterstück

Grosse Verdienste an der positiven Entwicklung des Perry-Centers darf natürlich auch der scheidende Centerleiter für sich in Anspruch nehmen. Er sei stolz darauf, dass es im Center unter seiner Leitung keine Leerstände gegeben habe. «Diesbezüglich konnte ich immer wieder von meinem grossen Beziehungsnetz profitieren, das ich mir innerhalb der Branche geschaffen habe», führt Bügler aus. Am meisten freue ihn aber, dass das Hotel heute gut ausgelastet sei. «Weil ich der eigentliche Treiber hinter dieser Idee war», verrät er. Das eigentliche Meisterstück hat Bügler mit seinem Team sicherlich während des letzten grossen Umbaus abgeliefert. «Es gelang uns, während der gesamten Umbauzeit sämtliche Läden offenzuhalten», stellt er mit berechtigtem Stolz fest.

Gleich nach Abschluss der Bauarbeiten im Februar 2020 – notabene mit drei Monaten Vorsprung auf die Marschtabelle – erlebte der nun scheidende Centerleiter auch die schwierigste Zeit. Einen Monat nach der Eröffnung des Hotels musste dieses schon wieder geschlossen werden. Der Bundesrat hatte wegen der Corona-Pandemie den Lockdown verfügt. Und es kam noch schlimmer: Im Dezember 2020 mussten – ausser den Lebensmittelgeschäften – auch sämtliche Läden geschlossen werden. «Das war mit Bestimmtheit meine schwierigste Zeit im Perry-Center», blickt Bügler zurück. Grossartig sei in dieser Zeit gewesen, dass die Eigentümerschaft den Mietern während der Pandemie 90 Prozent der Mieten erlassen hat. «Im Nachhinein war das entscheidend, dass etliche Mieter nach dem Neustart im Perry verblieben sind», stellt Bügler fest.

Für Ruedi Bügler stehen viele Projekte an

Untätig bleiben will Bügler auch nach seiner Pensionierung nicht. Das Präsidium der Aarburger Kita Chinderschlössli, die er einst vor dem Konkurs bewahrt hat, will Bügler so lange weiterführen, bis er sie in die Hände eines unternehmerisch denkenden Nachfolgers weitergeben kann. Zudem will er sich bei einem vor vier Jahren gegründeten Startup einer Kollegin engagieren, das nachhaltig, ohne Konservierungsmittel und Farbstoffe hergestellte Leckerli für Hunde produziert und vertreibt. Und dann soll ja auch noch Zeit fürs Reisen bleiben. Eine nächste soll ihn nach Thailand führen, wo er den langjährigen Leiter der Perry-Drogerie, Ruedi Flatt, besuchen will. Einmal Perry, immer Perry…

Ja, das Perry: Wie steht es denn um die Zukunft des Einkaufszentrums? Er sei überzeugt, dass man auch in 50 Jahren noch im Perry-Center einkaufen werde, glaubt Ruedi Bügler. «Denn im Perry steckt Substanz», betont er, der Mietermix sei ausgezeichnet, die Nähe zur Autobahn ein weiteres Plus. Und nicht zuletzt verfüge das Perry über eine ausgesprochen treue Kundschaft.