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In den USA geht die Angst um, dass der Kampf gegen die hohe Inflation kurzfristig nicht zu gewinnen ist

Die grösste Volkswirtschaft ist von Preisstabilität weit entfernt. Im September stieg der US-Konsumentenpreisindex im Jahresvergleich um 8,2 Prozent. Damit stehen weitere Zinserhöhungen an.

Auf den ersten Blick ist es eine gute Nachricht: Der amerikanische Konsumentenpreisindex CPI legte im September im Vergleich zum Vorjahr um 8,2 Prozent zu. Damit scheint die Spitze der Teuerung gebrochen zu sein. Im Juni noch hatten die Statistiker des nationalen Arbeitsministeriums ein Inflationswachstum von 9,1 Prozent berechnet.

Auf den zweiten Blick aber zeigt sich: Der Kampf gegen den Preisauftrieb, unter dem die amerikanische Bevölkerung leidet, ist noch lange nicht zu Ende. Denn die täglichen Ausgaben steigen weiterhin rasant. So stieg der CPI im Vergleich zum Vormonat um 0,4 Punkte, nachdem der Konsumentenpreisindex im August stagniert hatte.

Zudem wuchs ein separater Index, der volatile Energie- und Nahrungsmittelpreise ausschliesst, im Jahresvergleich um 6,6 Prozent. Letztmals wurde ein derart hoher Wert zu Beginn der Achtzigerjahre gemessen, als die USA zwischenzeitlich gegen die doppelte Gefahr von zweistelliger Inflation und schrumpfender Konjunktur kämpften.

Erneut starke Korrektur an den Finanzmärkten

Die Finanzmärkte, die (aus welchen Gründen auch immer) mit positiveren Zahlen gerechneten hatten, reagierten umgehend: Zu Handelsbeginn gaben die Aktienkurse an der New Yorker Börse stark nach. Auch die Kurse an der Technologiebörse Nasdaq kippten in den roten Bereich, bevor die Händler Gegensteuer gaben und die Aktien-Indizes auf breiter Front wieder ins Plus drehten.

Der US-Dollar wiederum legte im Vergleich zu anderen Währungen weiter zu. So war 1 Schweizer Franken zwischenzeitlich nur noch 0.99 Dollar wert. Seit Jahresbeginn hat der starke Franken damit mehr als 9 Prozent gegenüber dem US-Dollar verloren.

Die anfängliche Reaktion deutet darauf hin, dass die Börsianer mit einer Fortsetzung der heftigen Anti-Inflationskampagne der amerikanischen Notenbank rechnen. Bereits rechnen fast alle Analystinnen und Analysten damit, dass der zuständige Ausschuss der Federal Reserve an seiner nächsten Sitzung Anfang November den Leitzins erneut um 0.75 Punkte auf gegen 4 Prozent erhöhen wird. Neu ist nun eine Mehrheit der Fed-Beobachter der Meinung, dass die Hüter des starken Dollars an ihrer letzten Sitzung im laufenden Jahr, kurz vor Weihnachten, eine weitere happige Zinserhöhung beschliessen werden. Damit könnte sich der US-Leitzins zu Beginn des Jahres 2023 im Zielbereich 4,5 Prozent bis 4,75 Prozent bewegen.

US-Jobmarkt wächst immer noch

Der Kampf gegen die Inflation habe Vorrang, pflegt Fed-Chef Jerome Powell zu sagen. Und er werde nicht nachlassen, bis sich die Preissteigerung wieder im Zielbereich von gegen 2 Prozent befinde. In Amerika geht die Angst um, dass er mit seinem aggressiven, beispiellosen Vorgehen den Aufschwung komplett abwürgen könnte. Im Vergleich zu den Achtzigerjahren, als die Arbeitslosenrate zwischenzeitlich auf über 10 Prozent stieg, boomt der amerikanische Arbeitsmarkt nämlich nach wie vor. Im September schufen die US-Arbeitgeber unter dem Strich 263’000 neue Jobs; im August entstanden in der grössten Volkswirtschaft der Welt 315’000 neue Stellen und im Juli waren es gar 537’000.

Politisch ist diese Entwicklung Gift für die Regierung von Präsident Joe Biden. Weil die Federal Reserve politisch unabhängig ist, kann der Demokrat dem Notenbankchef Powell nicht vorschreiben, was dieser zu tun hat. Er und seine Partei müssen aber, einige wenige Wochen vor der nationalen Parlamentswahl, mit den Konsequenzen dieser Politik leben. In einer Stellungnahme räumte Biden am Donnerstag ein, dass die Inflation immer noch zu hoch sei. Er verwies aber auf sein Wirtschaftsprogramm, das tiefere Preise – gerade auch im Gesundheitsbereich – zum Ziel habe. Die September-Zahlen zeigen, dass Biden noch viel zu tun hat.