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Wespen und Mücken plagen die Schweiz: Wer glaubt, der Höhepunkt sei jetzt erreicht, der irrt gewaltig

Wer vor der Hitze flüchtet, geht nach draussen ans Wasser. Doch dort lauern auch die Wespen und Mücken. Ungewöhnlich viele sind es nicht, doch sie können auf ihrer Nahrungssuche aufdringlich werden.

Nicht nur die Hitze macht uns zu schaffen, auch Insekten, genauer genommen die Mücken und Wespen. Ihre Anwesenheit schlägt in der Badi oder beim gemütlichen Grillieren aufs Gemüt. Mit den warmen Temperaturen im Frühling dieses Jahr sind die Stecher besonders früh erwacht. Doch gerade bei den Wespen erwartet uns noch einiges: Erst gegen Ende August erreicht die Populationsgrösse ihr Maximum.

Die Wespen haben auch ihre guten Seiten: Nicht nur ernähren sie sich von Nektar und bestäuben dabei viele Pflanzen. Auch gehören andere Insekten und Spinnen auf ihren Speiseplan. Diese Eiweissreiche Nahrung benötigen sie, um sie der Brut zu verfüttern.

Das freut Gärtnerinnen und Gärtner, die sich weniger Sorgen um Blattläuse machen müssen und auch in der Landwirtschaft helfen sie so mit. Störend werden sie erst, wenn die natürlichen Nahrungsquellen knapp werden und das Picknick zum Buffet der Wespen wird.

Wespen sind besonders aufdringlich, aber nicht aggressiv

Aussergewöhnlich viele Wespen hat es laut dem aha! Allergiezentrum Schweiz momentan noch nicht. Dennoch kommen sie aktuell besonders viel mit Menschen in Kontakt. Grund dafür ist der Nahrungsmangel. Gleichzeitig halten sich bei diesem Wetter viel mehr Leute draussen auf. Lästig werden uns jedoch nur zwei der neun heimischen Wespenarten, wie die Umweltberatung Luzern in einem Facebook Post schreibt. Aggressiver werden Wespen zum Glück auch bei den warmen Temperaturen nicht.

Die natürlichen Nahrungsquellen sind jetzt schon rar und werden mit den kommenden Hitzetagen wohl noch knapper. Und dementsprechend aufdringlich verhalten sich die Wespen, wenn sie Kuchen, Süssgetränke oder Fleisch riechen. Dabei sind Wespen eigentlich nicht aggressiv. Wenn sie sich jedoch bedroht fühlen, stechen sie zu.

Für Allergikerinnen und Allergiker ist das gefährlich, deshalb rät ihnen das Allergiezentrum Schweiz, immer die Notfallmedikamente bei sich zu tragen. Idealerweise können Stiche aber im Vorhinein vermieden werden.

Mücken haben bereits Hauptsaison

Die warmen Temperaturen kommen auch Mücken zugute. Viele Leute berichten von unüblich vielen Mückenstichen in diesem Sommer. Wissenschaftliche Daten dazu werden zwar mithilfe von Fallen laufend erfasst, können aber erst am Ende der Saison gewinnbringend ausgewertet werden. Tobias Suter vom Schweizerischen Tropen- und Public Health-Institut (Swiss TPH) sagt auf Anfrage:

«Die Haupt-Mückensaison ist gerade am Laufen und es können noch keine Aussagen darüber getroffen werden, ob es dieses Jahr mehr oder weniger Mücken hat als in anderen Jahren.»

Nicht alle Mückenarten breiten sich unter den gleichen Bedingungen gleich aus: «Mückenarten wie die Tigermücke brüten in kleineren mit Wasser gefüllten Gefässen wie Giesskannen oder Wassertonnen, wo sie ihre Eier oberhalb der Wasseroberfläche an die Wand kleben.

Dann gibt es sogenannte ‹Überschwemmungsmücken›, die ihre Eier in Zonen ablegen, die immer wieder mal überflutet werden. Je nachdem, ob es viel oder wenig regnet, kann es dann zu regelrechten Mückenexplosionen kommen», erklärt Tobias Suter.

Wer Stiche vermeiden will, kann versuchen die Wespen zu verscheuchen. Dazu können sie mit Wasser besprüht werden. So wird Regen imitiert und die Wespen machen sich aus dem Staub. Auch mit dem Duft von ätherischen Ölen können Wespen ferngehalten werden. Bleiben sie dennoch hartnäckig, gilt es Ruhe zu bewahren. Wespen stechen nur, wenn sie sich bedroht fühlen. Hektische Bewegungen sind daher zu vermeiden. Auch barfuss gehen ist risikoreich, da sich viele Wespen in Bodennähe aufhalten. Stiche im Mund, Rachen und Hals sind besonders gefährlich, deshalb empfiehlt es sich, nicht direkt aus Dosen oder Flaschen zu trinken. Wer dennoch gestochen wird, sollte die Stelle kühlen, um Schmerzen und Juckreiz zu lindern. In der Apotheke sind Medikamente zur Behandlung von Insektenstichen erhältlich. Andernfalls kann auch eine halbierte Zwiebel auf die Einstichstelle gelegt werden.

Invasive Arten breiten sich aus

Auch der Klimawandel hat einen Einfluss auf Insektenpopulationen: Durch die milderen Winter und wärmeren Temperaturen während den Sommermonaten könnten sich in Zukunft vermehrt invasive Mückenarten wie die Tigermücke bei uns wohl fühlen und etablieren, sagt Tobias Suter.

Die Tigermücke ist im Tessin schon länger etabliert und kommt zunehmend auch in anderen Teilen der Schweiz vor. «Abgesehen vom Wetter hat die Verhaltensweise von uns Menschen einen grossen Einfluss auf die Verbreitung von gebietsfremden Mückenarten. Mit der Globalisierung und dem Massentourismus in der ganzen Welt, reisen Mücken oft als blinde Passagiere mit und gelangen so in neue Gebiete.» Wenn sie dort die richtigen Klimabedingungen antreffen, können sie sich weiter ausbreiten und etablieren.

Selbst wenn nun mehr Mücken als sonst unterwegs sind, sind auch sie längerfristig vom Insektensterben betroffen. «Das ist nicht auf Klimaveränderungen, sondern auf den sorglosen Einsatz von Pestiziden sowie die masslose Zerstörung von natürlichen Lebensräumen zurückzuführen», sagt Martina Funk von der Entomologischen Gesellschaft Zürich (EGZ).

Während manche Arten von der Trockenheit profitieren, würden andere eine feuchtere Umgebung benötigen. Deshalb kommt es zu natürlichen Schwankungen in den Populationsgrössen.

Die Auswirkungen des diesjährigen Wetters können sich aber auch auf das nächste Jahr noch auswirken: «Wenn die Wespen viel Nahrung finden, dann kann die Königin mehr Eier produzieren», sagt Daniel Cherix, Professor im Department für Ökologie und Evolution der Universität Lausanne.

Dann würden im nächsten Frühjahr mehr Wespenköniginnen schlüpfen und neue Nester bauen. Wenn es viele Wespen hat, können sich die Kolonien aber auch mehr in die Quere kommen, was die Populationsgrösse wieder reduzieren kann.