Sie sind hier: Home > Naher Osten > Mullahs im Rachewahn: Die blutige Abrechnung des Regimes hat begonnen

Mullahs im Rachewahn: Die blutige Abrechnung des Regimes hat begonnen

Im Iran hat eine landesweite Jagd auf mutmassliche israelische Spione begonnen. Unter Generalverdacht stehen – zum wiederholten Mal – die iranischen Kurden.

Die Henker kamen im Morgengrauen. Im Hof des Gefängnisses von Urmia, einer Grossstadt in der iranischen Provinz West-Aserbaidschan, legten sie den drei «Verrätern» die Schlingen um den Hals. Wenig später wurden die Verurteilten, bei denen es sich um Kurden handeln soll, an einem Baukran langsam in die Höhe gezogen.

Glaubt man der iranischen Justiz, dann hatten die drei Männer im Auftrag des israelischen Geheimdienstes Mossad «Attentatsausrüstung» in den Iran gebracht. Mithilfe dieses Materials sollen in den zurückliegenden zwei Wochen hochrangige Vertreter der iranischen Führung getötet worden sein.

Den am Mittwochmorgen vollstreckten Todesurteilen waren Hinrichtungen in Isfahan und Teheran vorausgegangen – und es ist zu befürchten, dass es nicht die letzten gewesen sind: Mehr als 700 Menschen hat das iranische Regime während des zwölftägigen Krieges mit Israel und den Tagen nach dem Waffenstillstand bereits verhaften lassen.

Die meisten von ihnen sollen angeblich für Israel spioniert haben. Unter den Festgenommenen waren aber auch Menschen, denen vorgeworfen wird, «Artikel zur Unterstützung des zionistischen Regimes» online gestellt zu haben, um so «die psychologische Sicherheit der Gesellschaft» zu stören.

Dass sich die israelische Armee im Iran auf ein grosses Netz von Kollaborateuren stützen konnte und vermutlich noch immer kann, steht ausser Frage. Ohne deren detaillierte Informationen wäre es kaum möglich gewesen, fast die gesamte Führungsriege der iranischen Führung sowie zehn iranische Atomwissenschaftler innerhalb von 48 Stunden zu töten.

Gesucht werden Männer mit «Hüten, Sonnenbrillen und grossen Taschen»

Die Paranoia in iranischen Regimekreisen ist vor diesem Hintergrund zumindest nachvollziehbar. Noch immer herrsche in den Büros der Führungseliten das blanke Entsetzen. Das gegenseitige Misstrauen sei gewaltig, berichten Aktivisten der iranischen Opposition.

Um die Landesfeinde «unschädlich» zu machen, haben iranische Regierungsstellen die gesamte Bevölkerung zur Unterstützung aufgefordert. Sie müsse sich vor Fremden hüten, die «Hüte oder Schutzmasken tragen, Pick-ups fahren und grosse Taschen mit sich führen»: So steht es in einer Weisung des Teheraner Geheimdienstministeriums. Filmende in der Nähe von Wohn-, Industrie- und Militärgebieten seien sofort zu melden.

Auf einem von der iranischen Nachrichtenagentur Nour News verbreiteten Plakat werden Personen, die «FFP-Atemschutzmasken, Hüte und Sonnenbrillen tragen, auch nachts» sowie Menschen, «die häufig Pakete per Kurier erhalten», als potenziell verdächtig bezeichnet. Hausbesitzer, die ihre Häuser erst vor kurzem vermietet hätten, sollten dies unverzüglich der Polizei melden. Ausländischen und inländischen Journalisten im Iran wurde das Fotografieren auf der Strasse verboten.

Geständige sollen mit milderen Strafen davonkommen

Bei ihren Bemühungen, die «Unterwanderung durch Israel» und andere Landesfeinde in den Griff zu bekommen, setzten die Sicherheitsbehörden auch auf freiwillige Schuldbekenntnisse. «Verräter», die erkannt hätten, «vom Feind getäuscht» worden zu sein, könnten mit einer milderen Bestrafung rechnen, wenn sie sich sofort melden würden, versprach der iranische Polizeichef Ahmad-Reza Radan.

Diejenigen, die später gefasst würden, erhielten dagegen «eine Lektion, wie sie allen zionistischen Feinden» blühe. Deren Bestrafung, forderte der Chef der iranischen Justiz, Gholam-Hossein Mohseni-Eje’i, müsse «rasch und ohne Erbarmen» erfolgen – was nichts anderes als die sofortige Todesstrafe bedeutet.

Nach Angaben der iranischen Behörden sollen unter den verhafteten angeblichen Spionen zahlreiche Angehörige von ethnischen Minderheiten gewesen sein, vor allem Kurden und Aserbaidschaner. Sie waren bereits vor dem «12-Tage-Krieg» mit Israel massiven Repressalien des Regimes ausgesetzt. Es war im iranischen Kurdistan, wo nach der Ermordung der kurdischen Iranerin Jina Mahsa Amini vor drei Jahren der Freiheitsslogan «Jin, Jiyan, Azadi» («Frau, Leben, Freiheit») erstmals skandiert wurde.