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Mehrere Teenager wegen «geplanter Sprengstoffanschläge» festgenommen – was wir wissen

Drei Jugendliche aus den Kantonen Schaffhausen und Thurgau sind am Osterwochenende wegen vermuteter Unterstützung der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) verhaftet worden. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Die Polizeien in Schaffhausen und Thurgau ermitteln gegen drei – teilweise minderjährige – Personen. Ihnen wird vorgeworfen, Sprengstoffanschläge geplant und den Islamischen Staat unterstützt zu haben. Ausserdem soll ein Schweizer mit einer ebenfalls verdächtigten Person aus Deutschland in Kontakt sein. Eine Übersicht:

Festnahmen in Schaffhausen

Seit dem Osterwochenende (30. und 31. März) befinden sich zwei Jugendliche aus dem Kanton Schaffhausen in Untersuchungshaft, dies gab die Schaffhauser Staatsanwaltschaft in einer Medienmitteilung bekannt.

Bei den beiden Jugendlichen handelt es sich um einen 15-jährigen Schweizer und einen 16-jährigen Italiener.

Der Vorwurf: Beteiligung beziehungsweise Unterstützung des «Islamischen Staates» («IS»), eine in der Schweiz verbotene Organisation. Zudem besteht der Verdacht der strafbaren Vorbereitungshandlungen zu vorsätzlicher Tötung. Die Untersuchungshaft läuft vorerst bis Anfang Mai 2024.

Konkret geht es unter anderem um allfällig geplante Sprengstoffanschläge, wie die Staatsanwaltschaft bekannt gab. Weitere Auskünfte würden derzeit nicht erteilt, auch aufgrund des Alters der Beschuldigten.

Gemäss«20 Minuten»liest man beim 16-jährigen Italiener auf Social Media unter anderem: «Es gibt keinen Gott ausser Allah und Mohammed ist sein Prophet.» Ausserdem hätten in der Schule in Schaffhausen alle gesagt, die beiden seien Terroristen. «So richtig ernst genommen hat sie aber keiner.»

Die Polizei will vor allem abklären, was die konkreten Absichten der beiden Beschuldigten waren. Gegenüber den «Schaffhauser Nachrichten» sagte Peter Sticher, der Erste Staatsanwalt, es handle sich um Anschlagsziele in der Schweiz.

Festnahmen im Thurgau

Im Thurgau kam es fast zeitgleich zu einer Festnahme, sie steht in Zusammenhang mit denjenigen im Kanton Schaffhausen. Die Polizei nahm einen 18-jährigen Schweizer fest.

Auch bei ihm besteht der Verdacht der Beteiligung oder Unterstützung der Terrororganisation «Islamischer Staat» und der strafbaren Vorbereitungshandlungen zu vorsätzlicher Tötung. Die Bundesanwaltschaft hat ein Verfahren eröffnet, der Beschuldigte befindet sich aktuell in Untersuchungshaft.

Die Bundesanwaltschaft und die Staatsanwaltschaft Schaffhausen würden eng zusammenarbeiten. Weil die beiden Verdächtigen aus Schaffhausen minderjährig sind, ist die Jugendanwaltschaft zuständig.

Es gilt für alle drei Jugendlichen die Unschuldsvermutung.

Verbindungen nach Deutschland

Wie die Staatsanwaltschaft Schaffhausen in der Medienmitteilung bekannt gab, werden Verbindungen zu Inhaftierungen in Deutschland geprüft. Die Bundesanwaltschaft bestätigt gegenüber der«NZZ»eine Verbindung zwischen den Fällen in der Schweiz und Ermittlungen in Deutschland.

Am letzten Freitag teilte die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf mit, dass seit Ostern vier Personen wegen Terrorverdachts in Untersuchungshaft sitzen. Es handelt sich dabei um je zwei Mädchen und Knaben im Alter von 15 und 16 Jahren aus den Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg.

Wie unter anderem das«RedaktionsNetzwerk Deutschland»berichtet, seien die vier Jugendlichen dringend verdächtig, «gemäss den Zielen und der Ideologie des «Islamischen Staats» («IS»)» einen Terroranschlag vorbereitet zu haben.

Die Rede ist von «Mord und Totschlag» und von der Vorbereitung «einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat». Die Innenministerin Deutschlands, Nancy Faeser, zeigte sich entsetzt. Gegenüber der Rheinischen Post sagte sie:

«Erneut sehen wir die hohe islamistische Bedrohungslage – und erneut haben unsere Sicherheitsbehörden ihre hohe Wachsamkeit gezeigt und frühzeitig eingegriffen.»

Die Radikalisierung von Kindern und Jugendlichen und die offenbar islamistischen Terrorpläne seien «erschütternd».

Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser.
Bild: Hannibal Hanschke/<br/>EPA

Es sei unter anderem in Chats über die Anschlagspläne diskutiert worden, eines der Mädchen wollte aus Deutschland ausreisen und sich dem «IS» anschliessen. Wie das «RedaktionsNetzwerk Deutschland» mitteilt, sei über «Angriffe mit Messern und Molotow-Cocktails auf Menschen in Kirchen oder auf Polizisten in Polizeiwachen diskutiert worden».

Gemäss der «Frankfurter Allgemeine Zeitung», stehe eine Person des Chats in Kontakt mit einer männlichen Person aus der Schweiz. Ob es sich dabei um einen der beiden Jugendlichen aus Schaffhausen handelt, lasse sich nicht zweifelsfrei feststellen, wie die «NZZ» schreibt. Die Schweizer Bundesanwaltschaft stehe mit den zuständigen deutschen Behörden in Kontakt, teilte sie mit.

Die Polizei hat bei Durchsuchungen in Düsseldorf unter anderem eine Machete und einen Dolch sichergestellt. Gegen den Vater des einen verdächtigten Mädchens sei in der Vergangenheit ermittelt worden, er soll Spenden für den «IS» gesammelt haben. Zudem hätten die Ermittler Instrumente gefunden, mit denen man «Menschen umbringen könne».

Terrorverdacht erreicht Höchststand

Seit 2016 sei die Bundesanwaltschaft gemäss «NZZ» noch nie so stark mit Terrorismus beschäftigt gewesen, wie im letzten Jahr. Dies gab Bundesanwalt Stefan Blättler am vergangenen Donnerstag bekannt.

Bundesanwalt Stefan Blättler.
Bild: Anthony Anex/ Keystone

Insgesamt waren 121 Strafverfahren und Vorabklärungen hängig. Im vergangenen Jahr wurden 50 Prozent mehr entsprechende Strafuntersuchungen eröffnet als noch 2022. Der Nachrichtendienst des Bundes habe zudem in letzter Zeit mehrere Fälle von radikalisierten Minderjährigen identifiziert.(rst/watson.ch)