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Wie stark soll der Wolf reguliert werden dürfen? Umstrittene Reform spaltet die Kantonsregierungen

Der Bundesrat will den Abschuss von Wölfen erleichtern. Die Kantonsregierungen sind gespalten. Aus Sicht der Jagdvorsteher geht die Vorlage «deutlich zu weit», aus Sicht der Landwirtschaft ist sie zwingend notwendig, um die Weidewirtschaft zu schützen.

Bundesrat Albert Rösti fackelte nicht lange. Nicht einmal zwei Wochen Zeit blieb interessierten Kreisen diesen Sommer, sich zur geplanter Revision der Jagdverordnung zu äussern. Obwohl es diese in sich hat: Künftig soll der Wolfsbestand proaktiv reguliert werden. Heisst: Wölfe sollen präventiv abgeschossen werden können, also selbst dann, wenn sie noch keine Nutztiere gerissen haben. Gelten soll diese Regelung bis zu einem Minimalbestand von 12 Rudeln.

Aktuell leben in der Schweiz über 300 Wölfe in 32 Rudeln. Wie Umweltminister Rösti in der Herbstsession betonte, stieg die Zahl der Wölfe in den letzten Jahren exponentiell an. Es sei dem Bundesrat ein Anliegen, Mensch und Tier gleichermassen zu schützen und gleichzeitig die Art zu erhalten, so Rösti. Man habe den «Handlungsbedarf in Bezug auf den stark wachsenden Wolfsbestand» erkannt.

Viele Regierungsräte sitzen in beiden Konferenzen

Aus diesem Grund hat Rösti Ende August eine Änderung der Jagdverordnung in die Vernehmlassung gegeben. Kantone, Umweltverbände und Parteien hatten bis zum 6. September Zeit, dem Bundesrat ihre Bedenken mitzuteilen, beziehungsweise ihm ihre Unterstützung zu bekunden. Stellung genommen haben auch zwei Regierungskonferenzen der Kantone; die Landwirtschaftsdirektorenkonferenz (LDK) und die Konferenz für Wald, Wildtiere und Landschaft (KWL).

Die beiden Gremien sind alles andere als einer Meinung – obschon rund die Hälfte der Regierungsräte gleichzeitig Mitglied in beiden Konferenzen ist. Während die für die Landwirtschaft zuständigen Kantonsvertreter die Reform «im Grundsatz begrüssen», geht die Regelung aus Sicht der KWL «deutlich zu weit und beachtet nur die Seite der Landwirtschaft».

Die Jagdvorsteher kritisieren die inhaltlich willkürliche und einseitige Ausgestaltung der Vorlage. Es entspreche weder den wissenschaftlichen Artenschutzüberlegungen noch den bisherigen Ausführungen des Bundesrats, den Schwellenwert nun willkürlich bei 12 Wolfsrudeln festzulegen. Aus ihrer Sicht sollten in der Schweiz im Minimum 20 bis 25 Rudel leben.

Anders die Landwirtschaftsdirektoren: Die Vorschläge gingen «in die richtige Richtung». Schliesslich sei der Handlungsbedarf dringend, das heutige Management der Wolfspopulation funktioniere nicht. Vielmehr sei diese zu einer «existenziellen Bedrohung für die Weidewirtschaft» geworden, heisst es in der Stellungnahme.

Keine geeinte Stimme aus den Kantonen

Dass die beiden Kantonskonferenzen unterschiedliche Haltungen vertreten, ist aus Sicht von Stefan Müller «nicht ganz unüblich». Der Innerrhoder Landeshauptmann präsidiert die LDK und sitzt als Vertreter seines Kantons in der Konferenz für Wald, Wildtiere und Landschaft. Die inhaltlichen Differenzen begründet er mit «den unterschiedlichen Aufgaben und dadurch anderen Prioritäten der beiden Gremien». Jede Fachdirektorenkonferenz sei zuständig für einen bestimmten Fachbereich. Das führe dazu, dass die Regierungsräte «die gleichen Geschäfte aus unterschiedlichen Blickwinkeln beurteilen müssen», erklärt Müller.

Das Beispiel zeigt: Geht es um den Wolf, sind selbst die Kantonsregierungen gespalten. Es liegt nun an Rösti, die unterschiedlichen Haltungen gegeneinander abzuwägen. Der Bundesrat wird spätestens im November über die Verordnungsänderung befinden. Schliesslich sollen die neuen Bestimmungen bereits am 1. Dezember in Kraft treten – und zwar befristet bis Ende Januar 2025.