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Jeder vierte Arzt ist über sechzig Jahre alt – der Nationalrat fordert nun mehr Ausbildungsplätze

In der Schweiz nimmt die Zahl der Ärztinnen und Ärzte zu – aber nicht genug, um den Fachkräftemangel zu decken.  Mehr als vierzig Prozent kommen aus dem Ausland. Zu viel, findet der Nationalrat und verlangt vom Bundesrat Massnahmen.

Zuerst die erfreuliche Nachricht: Die Zahl der praktizierenden Ärzte hat 2023 um 2,3 Prozent zugenommen. Das zeigt die neueste Ärztestatistik der FMH. Die schlechte Nachricht ist: Trotz dieser Zunahme fehlen in der Schweiz Ärztinnen und Ärzte. Und das Problem wird sich künftig noch verschärfen. Denn jeder zweite berufstätige Arzt war im letzten Jahr fünfzig Jahre alt oder älter, und gar jeder vierte war über sechzig Jahre alt. Sprich, eine grosse Pensionierungswelle steht bevor.

Die Ärztestatistik zeigt zudem, dass 40,4 Prozent der Ärztinnen und Ärzte aus dem Ausland kommen. Der Anteil steigt kontinuierlich an. 2013 waren es noch 9756 ausländische Ärztinnen, heute sind es bereits 16590. Das Gros kommt aus Deutschland (50,2 Prozent), deutlich weniger aus Italien (9,5 Prozent), Frankreich (7,1 Prozent) und Österreich (6 Prozent). Die FMH, der Berufsverband der Ärztinnen und Ärzte, hält in einer Medienmitteilung fest: «Wie die hohe Abhängigkeit von ausländischen Fachkräften zeigt, vermögen die in der Schweiz ausgebildeten Ärztinnen und Ärzte den Bedarf nicht zu decken.»

Nationalrat verlangt mehr Ausbildungsplätze

Diese Sorge beschäftigt auch die Politik. Der Nationalrat hat kürzlich mit grosser Mehrheit einer Motion zugestimmt, die vom Bund und den Kantonen ein grösseres Engagement in der Ausbildung von Ärzten fordert. Sie sollen gemeinsam für mehr Studien- und Praktikumsplätze sorgen.

Eingebracht hatte die Motion der Walliser Mitte-Nationalrat Benjamin Roduit. Er sprach im Rat von einer schwierigen Situation. Es würde nicht nur an Hausärzten mangeln, sondern auch an Spezialisten in den Randregionen. In der Schweiz kommen auf 1000 Einwohner 4 Ärzte (in Vollzeitäquivalenten). Das ist leicht weniger als in Österreich, Deutschland und Italien, aber mehr als in Frankreich. Die Ärztedichte in der Grundversorgung liegt bei 0,8 pro 1000 Einwohner. Dieser Wert liege unter der Empfehlung des Bundes, hielt Roduit fest: «Um dies zu ändern, ist ein besseres Angebot an Studienplätzen und klinischen Praktika unabdingbar.»

Der Bundesrat lehnte die Motion ab. Er stellt sich auf den Standpunkt, dass die Ausbildung in der Humanmedizin Sache der Kantone sei. Dennoch habe der Bund zwischen 2017 und 2020 die Kantone mit zusätzlich 100 Millionen Franken bei ihrer Ausbildungsoffensive unterstützt. Mit dem Sonderprogramm erhöhten die Kantone die Aufnahmekapazitäten und richteten neue Studiengänge in der Medizin ein. Gemäss Parmelin durchaus erfolgreich: Im Jahr 2022 wurden 1164 Masterdiplome in Humanmedizin verliehen. Bis 2025 werde die Zahl auf über 1300 steigen.

Immerhin: Ganz tatenlos bleibt der Bund nicht. Er arbeitet derzeit an einem Bericht, wie dem Mangel an Ärztinnen und Ärzten begegnet werden kann.