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Klima, Krieg und Corona – was die Krisen für Milchbauern bedeuten

Fünf eidgenössische Parlamentarier diskutierten bei der Genossenschaft Zentralschweizer Milchproduzenten im Gletschergarten Luzern.

Die Genossenschaft Zentralschweizer Milchproduzenten (ZMP), welche auch die Aktienmehrheit am Molkereikonzern Emmi besitzt, führt alle zwei Jahre einen Anlass zu aktuellen agrarpolitischen Themen durch. Am Mittwoch gings im Gletschergarten Luzern im Beisein von Ständeräten und Nationalräten um die Frage: Führen Klimawandel und Konflikte zur Deglobalisierung – und was bedeutet das für die Landwirte und die Milchwirtschaft?

Thomas Grüter aus St. Urban, der Präsident der ZMP, eröffnete den Polit-Treffpunkt mit dem Hinweis, dass die Milchwirtschaft mit dem Anteil von rund 25 Prozent die grösste Branche innerhalb der Schweizer Landwirtschaft ist – und somit  wichtig fürs Land und wertschöpfungsbringend.

Länderautonomie wäre für Produzenten ein Vorteil

Leider sei beim Thema Klimawandel die Kuh selbst immer noch negativ behaftet. Die Branche könne sich diesem Thema nicht entziehen und müsse einen Beitrag dazu leisten. Die Kuh aber dauernd als «Klimakiller» darzustellen sei zu kurz gegriffen. In der Gesamtbetrachtung mit dem Graswachstum wird heute festgestellt, dass die Kuh ein Teil eines natürlichen Kreislaufes ist. Diese Erkenntnis setze sich zunehmend in neuesten Studien durch.

«Die Milchwirtschaft wurde während Corona gar als systemrelevant eingestuft.»

Thomas Grüter,

Präsident ZMP

Zur Deglobalisierung meinte Thomas Grüter: Vor Corona sei der Trend klar in Richtung Globalisierung gegangen. «Corona und der Ukrainekrieg mit Rohstoffknappheit brachten jedoch eine Wendung zu Deglobalisierungsbestrebungen und hat die Staatschefs gezwungen, für ihre eigenen Leute zu sorgen.» Der Handel wurde eingeschränkt. Jedes Land sorgte sich primär um das eigene Wohl. «Im Nachgang hatten wir deutliche Anzeichen und auch Aussagen, dass die Länderautonomie wichtiger wird. Die Milchwirtschaft mit den Milchproduzenten wurden sogar als systemrelevant eingestuft worden» so Grüter. Das Thema Deglobalisierung sei aktuell zwar wieder in den Hintergrund getreten. «Bei einer nächsten Krise beginnen die Diskussionen jedoch von neuem.»

Klimaproblematik 

Nach verschiedenen Referaten diskutierten die anwesenden Parlamentarier über Klimapolitik. Der Zuger Ständerat Peter Hegglin (Mitte) und Präsident der Branchenorganisation Milch, sagte, diese gehe voran um branchenweite gemeinsame Lösungen zu finden, die auf datenbasierten Erkenntnissen beruhten.  In diese Richtung gehe auch das Ressourcenprojekt «Klima Star Milch», welches Standortangepasstheit und Ressourceneffizienz in der Milchproduktion fördern will. Die Luzerner SP-Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo fügte an, dass Labels vertrauenswürdig sein müssen und ihr eine weniger grosse aber glaubwürdige Auswahl an Produkten lieber sei, als ein Riesenangebot.

Aus dem Publikum meldete sich Boris Beuret (Präsident der Schweizer Milchproduzenten): Klima sei allgegenwärtig und habe auf die ein Produzierenden direkten Einfluss, sagte er. Kosten würden steigen, Erträge schwinden. Mögliche Massnahmen sieht er in der Wiesenfütterung und darin, mit dem Kauf von Schweizer Produkten einen Beitrag zur CO2-Reduktion beizusteuern. Da hakte der Luzerner Nationalrat Michael Töngi (Grüne) ein: nicht die Kuh sei der «Klimakiller», sondern die importierten Futtermittel, die keine Nachhaltigkeitsnachweise erbringen müssten und schon gar nicht klimaneutral produziert worden seien. Der Luzerner Ständerat Damian Müller (FDP) konterte, dass 85 Prozent der Futtermittels in der Schweiz produziert würden – also nahezu CO2-neutral. Konsum steuere die Produktion und nicht umgekehrt. Einig war sich die Runde aber im gemeinsamen Ziel, die Wertschöpfung zu stärken. Denn die Inlandproduktion sei entscheidend für den Selbstversorgungsgrad und für die Nachhaltigkeit in der Land- und Ernährungswirtschaft. (mam/pd)