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Berset warnt vor explodierenden Gesundheitskosten: «Es geht überall in die falsche Richtung»

Kurz vor Bekanntgabe der Krankenkassenprämien 2024 geht Gesundheitsminister Berset in die Offensive. Wie es zur Kostenexplosion kommen konnte und wen der Bundesrat nun in der Verantwortung sieht.

Eine konkrete Zahl nennt er zwar nicht. Wie immer. Diese wird derzeit in Bundesbern nämlich wie ein Staatsgeheimnis behandelt.

Dennoch warnt der abtretende Gesundheitsminister Berset am Freitag für das kommende Jahr eindringlich vor einmal mehr drastisch steigenden Gesundheitskosten. Und vor allem vor deren Auswirkungen auf die Bürgerinnen und Bürger. Eben, den steigenden Krankenkassenprämien.

«Die Kosten sind höher als erwartet», sagt Bundespräsident Alain Berset in einem am Freitag von den Tamedia-Zeitungen veröffentlichten Interview. Sein Bundesamt für Gesundheit (BAG) prüfe nun, ob die eingereichten Prämienanträge der Krankenversicherer für das kommende Jahr der Kosten-Realität entsprächen. Dann will er, wie längst zur Tradition geworden, Ende Monat als Gesundheitsminister die neuen, deutlich höheren Krankenkassenprämien für das Jahr 2024 bekannt geben.

Sechs, acht oder neun Prozent mehr?

Erste Schätzungen aus der Branche, die bereits kursieren, gehen von einem durchschnittlichen Prämienwachstum von «acht bis neun Prozent» aus. Und das wohlverstanden im Durchschnitt. Verena Nold, Direktorin des Krankenkassenverbands Santésuisse, begründete diese Zahlen vor wenigen Tagen vorab mit den steigenden Gesundheitskosten.

Bereits im Juni hatte Comparis-Krankenkassenexperte Felix Schneuwly für 2024 einen durchschnittlichen Prämienanstieg in der Grundversicherung von 6 Prozent vorausgesagt. Da die Reserven vieler Versicherer bis Ende Jahr jedoch auf ein Minimum sinken würden, könnten einige Kassen laut Schneuwly ihre Prämien auch um über 10 Prozent erhöhen müssen.

Und auch die Experten des Bundes hatten zuvor bereits dargelegt, dass sie 2024 mit erneut höheren Prämien rechnen.

Auch Börse macht Krankenkassen zu schaffen

«Es ist klar, dass die Prämienlast für die Menschen ein grosses Problem ist», sagt Berset in dem Interview weiter. Doch im Unterschied zu happigen Prämienrunden in früheren Jahren komme jetzt noch die allgemeine Teuerung hinzu.

Umso wichtiger sei es, dass die Belastung durch die steigenden Krankenkassenprämien nun gelindert werden könne. Für Gesundheitsminister Berset stehen dabei zwei Ansätze im Vordergrund: Die effektive Kostenbekämpfung und Prämienverbilligungen.

Doch bei beiden sieht Berset nicht sich oder sein BAG in der Verantwortung. Sondern das Parlament und die Kantone. «Der Bundesrat hat alles gemacht, was er im Rahmen seiner Kompetenzen kann.»

Das Kostenwachstum gebremst

Berset erklärt sich den aktuellen Prämienanstieg wie folgt: Da die Gesundheitskosten «im letzten und vor allem in diesem Jahr» stärker als erwartet gestiegen sind, komme man nicht um eine Korrektur herum. Dazu komme, dass 2022 an den Anlagemärkten ein katastrophales Jahr gewesen sei. «Die Krankenversicherer haben insgesamt 1,8 Milliarden Franken auf den Finanzmärkten verloren», so Berset. Fazit des Gesundheitsministers: «Es geht also überall in die falsche Richtung.»

Und eben: Beim Bundesrat, dem Bundesamt für Gesundheit oder gar bei sich selber sieht er keine Ursache des drohenden Übels. «Es ist durchaus gelungen», sagt Alain Berset über seine bald zwölfjährige Amtszeit, «das Kostenwachstum zu dämpfen». Und weiter sagt der Gesundheitsminister, der sich im Dezember nicht mehr zur Wiederwahl stellen wird: «Der Durchschnitt der Prämienerhöhungen ist geringer als in den zwölf Jahren zuvor.»