
USA werfen Megabomben auf Irans Atomanlagen: Die Operation Mitternachtshammer und ihre Folgen
Unter dem Operationsnamen Mitternachtshammer flog die US-Luftwaffe in der Nacht auf Sonntag mit Tarnkappenbombern des Typs B-2 Angriffe auf Ziele im Iran. Diese warfen gemäss Verteidigungsminister Pete Hegseth 14 bunkerbrechende Bomben über Atomanlagen ab. Damit tat US-Präsident Donald Trump das, was seine Vorgänger immer ablehnten: im grossen Stil direkt militärisch gegen den Iran vorgehen.
Der Angriff
Es war 00.35 mitteleuropäischer Sommerzeit, als die halbamtliche iranische Nachrichtenagentur Fars schwere Explosionen aus dem Gebiet um die Atomanlage Fordo meldete. Sechs amerikanische Tarnkappenbomber vom Typ B2 sollen dort mindestens ein Dutzend bunkerbrechende Bomben abgeworfen haben. Erklärtes Ziel war es, die für den mutmasslichen Bau einer iranischen Atombombe relevanten Uran-Anreicherungsanlage zu zerstören. Sie waren bis zu 90 Meter unter der Erde installiert worden. Auch Atomanlagen in Isfahan und bei Natanz wurden mit Marschflugkörpern angegriffen. Die Attacken waren laut US-Präsident Donald Trump «ein voller Erfolg». Alle Anlagen seien «komplett zerstört worden».

Bild: Mark Almond / AP
Von der BBC befragte Experten gehen davon, dass es bis zu drei Tage dauern kann, bis die genauen Schäden im Iran bewertet worden sind. Nach Informationen des Londoner Newsportals «Amwaj Media», das für seine gute Quellen im Iran bekannt ist, soll die Trump-Administration das iranische Aussenministerium am Samstag über die bevorstehenden Angriffe informiert haben. Washington habe Teheran versichert, dass keine «totale Konfrontation» angestrebt werde. Die USA würden sich auf die Angriffe auf Nuklearanlagen beschränken. Laut Informationen von Amwaj-Media sowie des Washingtoner Quincy Institute for Responsible Statecraft soll Iran seine Vorräte an angereichertem Uran von über 9000 Kilogramm in den letzten Tagen und Wochen evakuiert haben. Das im amerikanischen Denver ansässige Unternehmen «Maxar Technologies» veröffentlichte am Sonntag Satellitenbilder vom letzten Donnerstag und Freitag, auf denen eine Gruppe von 16 Lastwagen entlang der Zufahrtstrasse zum Tunneleingang zu der unterirdischen Brennstoffanlage von Fordo zu sehen sind. Sollte eine Evakuierung der iranischen Vorräte an angereichertem Uran tatsächlich gelungen sein, würde Teheran noch immer über ein Atomprogramm verfügen, das einmal zu Waffen ausgebaut werden könnte, befürchtet Trita Parsi, der Iran-Experte des Washingtoner Quincy Institute.
Die Reaktion des Irans
Das iranische Aussenministerium hat die Angriffe als «unentschuldbar» verurteilt und das «Recht auf Vergeltungsaktionen» bekräftigt. Diese richten sich bisher nicht gegen die USA, sondern ausschliesslich gegen Israel, das seine Angriffe auf Iran auch am Sonntag fortsetzte. Die iranischen Revolutionsgardisten kündigten am Sonntag den erstmaligen Abschuss einer angeblich hochmodernen Mittelstreckenrakete an. Sie ist mit einem 1500 Kilogramm schweren Sprengkopf ausgestattet und trägt den Namen Kheibar. So hiess eine jüdische Festung auf der Arabischen Halbinsel, die im 7. Jahrhundert von Muslimen erobert wurde.
Reaktionen aus der iranischen Bevölkerung sind bisher nicht bekannt. In wenigen Tagen beginnt der Trauermonat Muharram. Beobachter in Teheran gehen davon aus, dass die Staatspropaganda die für die iranischen Schiiten emotionalste Zeit des Jahres zur weiteren Mobilisierung gegen Israel und die USA nutzen wird. Widerstand aus der Bevölkerung hat das Mullah-Regime im Moment nicht zu erwarten.
Die Revolutionsgarden im Iran haben vor dem Hintergrund der US-Angriffe auf Atomanlagen eine warnende Botschaft in Richtung der US-Militärbasen in der Region ausgesprochen. «Mit dem Angriff auf die friedlichen Atomanlagen haben sie sich de facto selbst direkt in Gefahr gebracht», teilten die Elitetruppen der iranischen Armee laut der Nachrichtenagentur Fars mit. Das iranische Parlament will als Reaktion auf den Angriff einem Bericht zufolge über den Austritt des Landes aus dem Atomwaffensperrvertrag beraten. Zudem solle die Schliessung der wichtigen Handelsroute Strasse von Hormus, diskutiert werden. Letztlich entscheiden kann nur Ajatollah Ali Chamenei.
Nahost-Experten wie der amerikanische Politikwissenschaftler Adam Weinstein gehen davon aus, dass «die USA jetzt Gefahr laufen, in einen Krieg hineingezogen zu werden, den sie leider selbst begonnen haben». Es werde unweigerlich zu Vergeltungsmassnahmen kommen, da sonst die Legitimität des Regimes infrage gestellt würde. «Die Iraner sind militärisch stark geschwächt und degradiert», sagte der ehemalige amerikanische Nahost-Unterhändler Aaron David Miller dem Fernsehsender Al Jazeera und fügte hinzu: «Aber sie verfügen über alle möglichen asymmetrischen Mittel, um zu reagieren». Der Krieg werde daher «nicht so schnell vorbei sein».
Die Kehrtwende Trumps
Noch im Mai dieses Jahres zeigte sich US-Präsident Donald Trump optimistisch, der Konflikt mit dem Iran lasse sich friedlich beilegen. Sein Regierung sei «sehr nahe an einer Lösung», sagte er und warnte den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, die Gespräche mit dem Iran zu torpedieren. Daher war offen, wie Trump auf den Angriff Israels auf den Iran reagieren würde.
Da die aktuelle US-Regierung zudem eine isolationistische «America first»-Politik propagiert, rechneten viele Beobachter nicht mit einem direkten militärischen Eingreifen der USA im Krieg Israels gegen den Iran. Vor diesem Hintergrund stellt die militärische Aktion vom Wochenende eine spektakuläre Kehrtwende dar. In den vergangenen Jahren hatte die USA zwar Milizen mit Unterstützung des Irans zum Beispiel im Irak angegriffen, sich aber auf iranischem Staatsgebiet weitgehend zurückgehalten.
Wohl auch um das isolationistische Lager innerhalb von Trumps Unterstützerschaft zu beruhigen, betonte US-Aussenminister Pete Hegseth am Sonntag, das Ziel des Angriffs sei kein Regimewechsel und weder Truppen noch Zivilpersonen seien Ziel gewesen. Die Bombardierungen hätten lediglich den Zweck, Iran daran zu hindern, Atomwaffen zu entwickeln.
So reagieren Staaten in der Region
Während der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Militäroperation der Trump-Regierung ausführlich lobte, haben Saudi-Arabien, Katar und die Emirate die Luftschläge der Amerikaner mit aussergewöhnlich scharfen Worten verurteilt. Der Angst, dass sich der Konflikt jetzt auf die gesamte Golfregion ausweitet, ist gewaltig. Aus Furcht vor einer Eskalation wurden im Emirat Bahrain, wo sich die grösste Flottenbasis der US-Navy befindet, 70 Prozent der Staatsangestellten nach Hause geschickt. Viele Beobachter befürchten eine Blockade der an Iran grenzenden Meerenge von Hormuz, durch die mehr als 20 Prozent des weltweit exportierten Erdöls und ein erheblicher Teil des arabischen Erdgases transportiert werden. Sollten dann auch noch die jemenitischen Huthis ihren Seekrieg im Roten Meer wiederaufnehmen, wäre auch der Suez-Kanal de facto gesperrt. Es käme zu einer weltweiten Wirtschaftskrise, deren verheerende Folgen noch nicht absehbar sind.
So reagiert die Welt
UN-Generalsekretär António Guterres ist über den US-Angriff auf Atomanlagen im Iran «zutiefst beunruhigt» und warnt vor katastrophalen Folgen für die Welt. «In dieser gefährlichen Stunde ist es von entscheidender Bedeutung, eine Spirale des Chaos zu vermeiden», sagte Guterres in der Nacht zum Sonntag.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dringt auf eine diplomatische Lösung, richtet ihren Appell aber einseitig an den Iran. «Jetzt ist der Moment für den Iran gekommen, sich auf eine glaubwürdige diplomatische Lösung einzulassen», schrieb von der Leyen auf der Plattform X.
Papst Leo XIV. hat beim traditionellen Angelusgebet auf dem Petersplatz eindringlich zur Beendigung der Gewalt im Nahen Osten aufgerufen. Jedes Mitglied der internationalen Gemeinschaft habe die moralische Verantwortung, «die Tragödie des Krieges zu beenden, bevor sie zu einem unvermeidlichen Abgrund wird», sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche. «Die Nationen sollen ihre Zukunft mit Werken des Friedens gestalten, nicht mit Gewalt und blutigen Konflikten!», so der 69-Jährige.
Mit Material der deutschen Presseagentur DPA.