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Ein Verlustgeschäft, das Leben rettet: So viel könnte das KSA einsparen, wenn es keine Schwerverletzten behandeln würde

Das Kantonsspital Aarau (KSA) schätzt die nicht gedeckten Kosten bei der Behandlung von Schwerverletzten auf 7,4 Millionen Franken. Fiele diese weg, würde der Notfall «wesentlich entlastet». Trotzdem will das KSA weiterhin am Leistungsauftrag festhalten.

Immer mehr Spitäler sind defizitär. Das Kantonsspital Aarau (KSA), das vor einem Jahr mit einer Finanzspritze von 240 Millionen Franken gerettet werden musste, ist längst kein Einzelfall mehr. Nachdem der Kanton in die Bresche springen musste, kündete Verwaltungsratspräsident und CEO ad interim, Daniel Lüscher, Sparmassnahmen an.

Eine Möglichkeit ist der Abbau von Leistungen. Das KSA müsse sich die Frage stellen, was man in Zukunft noch anbieten wolle, sagte Lüscher in der TV-Sendung «TalkTäglich». Kurz darauf trat die Befürchtung auf, dies könnte auf Kosten der Behandlung von Schwerverletzten (Polytrauma) geschehen, zu der sich das KSA wegen eines Leistungsauftrags verpflichtet. Lüscher gab jedoch schnell Entwarnung.

Daran hat sich nichts geändert, wie aus der Antwort des Regierungsrats auf eine Interpellation von Karin Faes (FDP), Clemens Hochreuter (SVP) und Severin Lüscher (Grüne) hervorgeht. Es liege in der Kompetenz des Spitals und nicht der Regierung, einen Leistungsauftrag für hoch spezialisierte Medizin (HSM) zu pausieren oder zu beenden. «Nach Angaben der Geschäftsleitung des KSA plant dieses keinen derartigen Schritt.»

KSA könnte auf mindestens 280 Schockraumeinsätze verzichten

Selbst wenn der Leistungsauftrag abgegeben würde, böte das KSA sämtliche medizinischen Disziplinen weiterhin an, versichert die Geschäftsleitung, «allerdings mit einer längeren Reaktions- beziehungsweise Interventionszeit.» Derzeit steht ein «sofort einsetzbares Trauma-Team» während 24 Stunden an sieben Tagen die Woche zur Verfügung.

Nach Angaben der KSA-Geschäftsleitung würden jährlich rund 255 Patientinnen und Patienten behandelt, welche als Schwerverletzte den HSM-Kriterien entsprächen, heisst es in der Antwort. Ohne Leistungsauftrag würden mindestens 280 Schockraumeinsätze (Ort der Erstversorgung schwer verletzter Patienten) mit einer durchschnittlichen Dauer zwischen 90 und 180 Minuten sowie der Einsatz von fünf bis sieben Fachärztinnen und Fachärzten entfallen.

Dies würde zu einer «wesentlichen Entlastung» im Zentrum für Notfallmedizin beitragen. Zudem könnte das Spital Geld sparen: «Die KSA-Geschäftsleitung schätzt die nicht gedeckten Kosten für die Vorhalteleistungen für die Polytraumaversorgung auf rund 7,4 Millionen Franken pro Jahr.»

Allerdings ist das KSA das einzige Spital im Kanton, das den Leistungsauftrag für die Versorgung von Schwerverletzten hat. Die Regierung schreibt: «Bei einer ausserkantonalen Verlegung ist davon auszugehen, dass die Zeit zwischen Unfallzeitpunkt und Eintreffen im Spital erhöht und die Überlebenswahrscheinlichkeit vermutlich reduziert werden würde, da das Überleben wesentlich von einer schnellen Durchführung der klinischen Sofortmassnahmen abhängt.»

Im ersten Halbjahr 2024 wird das KSA vermutlich den Zuschlag für den Leistungsauftrag Polytrauma für weitere sechs Jahre erhalten. Wie das Spital seine Finanzen in den Griff bekommen will, erfährt die Öffentlichkeit im Frühling. Dann soll die neue Unternehmensstrategie kommuniziert werden.